Info und Tasting Notes: Dresdner Hellinger Single Malt Whisky

In Dresden hat vor kurzem die neu gegründete "Whisky-Manufaktur" ihr Besucherzentrum eröffnet. Unter dem Namen "Hellinger" bietet man dort fünf verschiedene Abfüllungen an. Der Whisky für diese Abfüllungen muss derzeit noch in Schottland gekauft werden. Warum es trotzdem deutscher Whisky ist, und wie mir die neue Range gefällt, könnt ihr im folgenden Beitrag lesen. 


Vielleicht hat der ein oder andere von euch schon vernommen, dass sich in Dresden  in Sachen Whisky so einiges gerührt hat. Dort ist in den letzten Monaten eine der größten Whisky-Brennereien in Deutschland entstanden. Bereits 2019 entwickelten Frank Leichsenring und Thomas Michalski die Idee zu einer Whisky-Brennerei in Dresden. Im September 2020 begannen im Alberthafen an der Magdeburger Straße die Baumaßnahmen, inzwischen ist die neue Brennerei fast fertig gestellt. 

An der feierlichen Eröffnung habe ich aus Termingründen leider nicht teilnehmen können, aber laut Auskunft der Geschäftsleitung hat das Besucherzentrum bereits geöffnet, und bis Weihnachten soll auch die Brennanlage in Betrieb gehen. Die Brennblasen stehen schon, derzeit werden die Maischebottiche und die Gärtanks installiert. 

Da Whisky in Europa eine vorgeschriebene Lagerzeit von mindestens drei Jahren hat, werden wir noch mindestens bis Anfang 2025 warten müssen, ehe wir den ersten Whisky der Brennerei probieren können.

Sächsischer Whisky

Dennoch werden Besucher der Brennerei nicht vor leeren Flaschen stehen müssen. Unter dem Namen "Hellinger" bietet die Brennerei seit einiger Zeit eine Range an, die 5 verschiedene Abfüllungen umfasst. Wer die Abfüllungen kennt, hat sich vielleicht schon verwundert die Augen gerieben, denn auf dem Label prangt deutlich der Zusatz "Sächsischer Single Malt".

Doch wie kann das sein? Noch wurde in der Whisky-Manufaktur nicht ein Tropfen Whisky gebrannt. Trotzdem hat - vom Standpunkt des Gesetzgebers aus - alles seine Richtigkeit mit der Aufschrift. Bei der Brennerei ist man auf Transparenz bedacht, und man hat mir auf meine Nachfrage hin mitgeteilt, dass der Whisky aus zwei schottischen Brennereien stammt, mit denen man langfristige Verträge hat. Da der Whisky nicht in Schottland abgefüllt wird, ist es nicht zulässig, ihn offiziell als schottischen Whisky zu bezeichnen.  Die Fässer werden nach Dresden in die Lagerhalle der Manufaktur gebracht, und dort einer Nachreifung unterzogen. 

Und durch diese Nachreifung erfolgt dann - ganz legal - die wundersame Umwandlung von schottischem Whisky in deutschen bzw. sächsischen Whisky. In Artikel 14 der Europäischen Spirituosenverordnung vom 17.4.2019 heißt es nämlich:

Angabe des Herkunftsorts 
(1) Wird der Herkunftsort einer Spirituose, bei dem es sich nicht um die geografische Angabe oder eine Marke handelt, bei ihrer Bezeichnung, Aufmachung oder Kennzeichnung angegeben, so bezieht er sich auf den Ort oder die Region, wo die Phase der Herstellung der Spirituose stattgefunden haben, in denen die fertige Spirituose ihren Charakter und ihre wesentlichen endgültigen Eigenschaften erhalten hat. 
(2) Für Spirituosen ist die Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts der primäre Zutat gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 nicht erforderlich.



Ein paar kritische Worte

Die Praxis, schottischen Whisky in Deutschland nachzureifen, ist nicht neu, und wird seit geraumer Zeit auch von anderen Abfüllern in unserem Land praktiziert. Ein paar kritische Worte seien mir dennoch erlaubt. Ich hätte mir gewünscht, dass man bei der Dresdner Whisky-Manufaktur Artikel 14 Absatz 2 anwendet und auf die Angabe des Ursprungs auf dem Label verzichtet. Es gibt ja einen guten Grund, warum der Gesetzgeber diesen Absatz eingefügt hat. 

Denn ob aus einem schottischen Whisky durch eine kleine Nachreifung tatsächlich ein sächsischer Whisky wird, darüber kann man durchaus geteilter Menung sein. Und wenngleich hier alles legal seine Richtigkeit hat, empfinde ich die Informationen auf dem Label eher als irreführend und nicht im Sinne der Verbraucher.

Aber wenden wir uns nun der Abfüllungs-Reihe und dem Whisky zu. Die Dresdner Whisky-Manufaktur hat mir auf meine Bitte hin Warenmuster ihrer Range zukommen lassen.


Hier Meine Tasting Eindrücke:

Hellinger Single Malt, gereift in Ex-Bourbon Cask, nachgereift in First-Fill Bourbon Cask, 46%

 Whisky aus Ex-Bourbon-Fässern können wunderbare Fruchtnoten entwickeln - doch dazu braucht man Zeit. Zuckerbirnen- und Vanille-Aromen sind schon da, auch ein bißchen Kokosnuss, aber insgesamt ist der Whisky nicht übermäßíg komplex. Auf der Zunge angenehm mild, mit einer leichten Malzigkeit und mittlerem Mundgefühl. Nicht unbedingt ein Whisky, um den Abend zu beenden, aber ein schöner Malt um den Abend zu beginnen.

Hellinger Single Malt Sherry, gereift in Ex-Bourbon Cask, nachgereift im Ex-Sherry Cask, 46%:

Die Nachreifung im Shery-Fass bringt Aromen von Nuss, Rosingen, Feigen und Orange ins Glas. Auf der Zunge leicht ölig, angenehm mild, und überraschend vollmundig. Kein Ausbund an Komplexität, aber ein schöner Dram. 

Hellinger Single Malt Port, gereift in Ex-Bourbon Cask, nachgereift im Portwein Cask, 46%:

Das Portwein-Fass bringt zusätzliche Süße, aber auch einen Anflug von Schwefeltönen, die nicht so ganz mein Ding sind. Auf der Zunge kräftig, malzig und vollmundig. 

Hellinger Single Malt Rauch, gereift in Ex-Bourbon Cask

Im Aroma schöne gelbe Früchte, Mirabellen und Nashi-Birne, und dazu Ozon-Luft und Torfrauch. Auf der Zunge dann ein frischer Aschenbecher, da werden Erinnerungen an Caol Ila wach. Im Nachklang mit kräutriger Würze, insgesamt schön ausgewogen.

Hellinger SiehDichFür, rauchig, gereift in Ex-Bourbon Cask, nachgereift im Sherry-Fass, 46%

Das Finish im Sherry-Fass bringt auch bei der rauchigen Variante nussige Aromen hervor, und verstärkt zusätzlich die Rauchnote. Jetzt kommen auch speckige Noten dazu, gepaart mit Pinienduft. Markant. Auf der Zunge leicht trocken. Mit circa 70 Euro der teuerste Whisky innerhalb der Range, aber auch der stärkste.

Fazit: 

Die neue Range der ebenso neuen Brennerei ist vielversprechend. Die Fässer wurden mit Bedacht ausgesucht, die Range sinnvoll zusammengestellt, beim Finish wurde nichts überladen, der Whisky nicht in Holz oder Süßwein ertränkt. Was fehlt, ist noch ein bißchen Reifezeit, aber lange Lagerzeiten kann man bei einem Start-Up nicht wirklich verlangen. 

Der Einstieg ist mit der Hellinger Range jedenfalls gut gelungen, und weckt Hoffnungen. Da könnte in Zukunft was Gutes aus Dresden auf uns zukommen.

Dennoch würde ich mir wünschen, dass man bei der Dresdner Whisky-Manufaktur mit dem Begriff "Sächsischer Whisky" sorgfältiger umgeht. Eine solche Regional-Bezeichnung stellt immerhin einen großen Wert dar, der durch Marketing-Gimmicks nicht verwässert werden sollte.



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