EVENT: Kirsch Import und Gordon & MacPhail präsentieren ältesten Single Malt der Welt in Frankfurt (Glenlivet 80 Years)

Am 7. Oktober wird der derzeit älteste Single Malt der Welt bei Sotheby's in Hongkong unter den Hammer kommen: ein 80 Jahre alter Glenlivet. In Frankfurt wurde er einem kleinen Kreis von Whisky-Connaisseuren vorgestellt. Mein Eindruck: Der Geschmack ist gigantisch gut. Der Preis ist es auch.

Stephen Rankin präsentiert den ältesten Single Malt der Welt in Frankfurt. / Foto: MargareteMarie

Whisky-Events sind immer etwas besonderes, denn jeder Whisky-Moment ist auf seine Art einzigartig und unwiederbringbar. Aber das Glenlivet-Event, das vor einigen Tagen in Frankfurt statt fand, war unvergleichlich. 

Eingeladen hatte Gordon & MacPhail in Zusammenarbeit mit Kirsch Import, und präsentiert wurde der älteste Single Malt der Welt. 80 Jahre lang reifte der Whisky aus der Glenlivet Distillery in einem First  Fill Sherry-Fass, ehe er am 5. Februar 2020 abgefüllt wurde. 

The Venue

Der Ort der Präsentation, den die Mitarbeiter von Kirsch Import ausgewählt hatten, war äußerst passend für das Event. Das "Le Panther"  befindet sich in einem ehemaligen kleinen Gründerzeitpalais am Bethmann-Park und bot mit seinem edel gestylten und dennoch familiären Ambiente genau den richtigen Rahmen. Geladen waren etwa zwei dutzend Gäste, vor allem Händler und Vertreter der schreibenden Zunft. 

Zwei Skeptiker. / Foto: MargareteMarie

In Europa wurde der Whisky nur in Frankfurt und Paris präsentiert, und es ist auch eine sehr schöne Wertschätzung für den deutschen Importeur, dass Frankfurt einer der wenigen weltweit auserwählten Orte war, wo dieser Whisky vorgestellt wurde. Zu diesem Anlass waren Stephen Rankin, Director of Prestige bei G&M und Repräsentant der vierten Generation der Familie Urquhart sowie Gordon Muir, Head of Sales Europe, eigens in die Mainmetropole angereist.

Zur Begrüßung gab es zunächst einen Cocktail nach Wahl, gemixt von Profi-Bartender Christoph Henkel, der eigentlich ein Spezialist für Rum-Cocktails ist, der uns aber auch leckere Whisky-Cocktails ins Glas gezaubert hat.

Sorgten dafür, dass es den Gästen an nichts fehlte: Maik Ahlers vor und Christian Henkel hinter dem Brett. / Foto: MargareteMarie

Für mich war es das absolute Highlight des Jahres. Wann hat man schon mal Gelegenheit, einen 80 Jahre alten Whisky zu probieren. 

Entsprechend gespannt war ich natürlich. Schmeckt so ein alter Whisky überhaupt noch? Oder schmeckt er nur noch nach Holz? Oder noch schlimmer - schmeckt er vielleicht muffig und flach? 

Kleiner Plausch mit Whisky-Autor Ernie Scheiner. / Foto: Kirsch Import

Wahrscheinlich geht es euch da genau wie mir, es fehlen einem in diesen hohen Altersregionen einfach die Erfahrungswerte. Immerhin hatte ich vor einigen Jahren schon einige Samples der Dalmore Constellation Collection probieren können, und auch einige sehr alte Glenfarclas aus den 1950er und 1960 Jahren hatte ich vor einiger Zeit in Limburg probiert - noch bevor man bei Glenfarclas die Whiskymesse in Las Vegas entdeckte. Ein 43 Jahre alter Speyside-Whisky aus dem Sherry But, abgefüllt von der Whisky Agency, gehört bis heute zu meinen absoluten Lieblingen. Aber 80 Jahre? Einen so alten Whisky hatte ich noch nie im Glas. Alle anderen Gäste aber vermutlich auch nicht. Ist schließlich der älteste Whisky der Welt.

80 Jahre 

Man muss sich diese Zeitspanne  mal in Ruhe vorstellen. Am 3. Februar 1940 wurde das Fass in der Glenlivet Distillery mit frisch gebranntem Destillat befüllt.  Im gleichen Jahr veröffentlichte Ernst Hemmingway  das Buch "Wem die Stunde schlägt", Hitler begann die Luftschlacht gegen England, der Vater des späteren amerikanischen Präsidenten Kennedy war Botschafter in London und fädelte zusammen mit Sir James Calder, dem Vorsitzenden der schottischen Distillers Company, einen Whisky-Deal nach dem anderen ein, meine Mutter ging erstmals in die Schule und an mich hat damals noch überhaupt niemand gedacht. 

Fass Nr. 340. / Foto: Gordon & MacPhail

1940 ist so unglaublich lange her, und so wahnsinnig viel ist seither auf der Welt passiert, dass man sich kaum vorstellen kann, dass tatsächlich ein Fass mit Alkohol unangetastet in einem Lagerhaus überdauern konnte.

Das Fass

Selbst der berüchtigte Angels' Share konnte diesem Fass nichts anhaben. Gänzlich lässt sich der Ursprung des ehemaligen Sherry-Fasses nicht mehr rekonstruieren. Das Holz dazu stammte aus den USA, und gebaut wurde es wahrscheinlich in einer Küferei in Südspanien. Auf dem Deckel ist noch der Name José Ramirez eingraviert, der seit ca. 1900 in Puerto de Santa Maria in Andalusien eine Bodega betrieb und vor allem in den späten 1940er Jahren Sherry nach Großbritannien verschiffte. 

Begrüßung der Gäste durch Christoph Kirsch. / Foto: MargareteMarie

Vermutlich gelangte das Fass zunächst in den Besitz der Bodega Williams & Humbert in Jerez, ehe es schließlich - in Begleitung weiterer Sherry-Fässer - die Geschäftsräume des Wein- & Whiskyhändlers Gordon & Macphail in Schottland erreichte. Dort wurde der Sherry abgefüllt, und die Fässer zur Glenlivet Brennerei gebracht.

Fass Nr. 340, Deckel. / Foto: Gordon&MacPhail

Bei Glenlivet wurde es schließlich am 3. Februar 1940 mit 111 britischen Gallonen - ca. 500 Liter - frischem Destillat befüllt, und wurde mit der Nummer 340 zunächst in den Lagerhallen von Glenlivet deponiert. 80 Jahre später sind von den ursprünglich 500 Litern noch mindestens 175 Liter übrig gewesen. Das ist in der Tat bemerkenswert.

Mit 2,5 Inch ist Fass Nr. 340 dicker als die heutigen Sherry-Fässer, was einer der Gründe ist, warum die Verdunstungsrate so gering ausgefallen ist. Wie uns Stephen Rankin erklärte, lag die Einfüllstärke damals bei 63,5%. Dass nach 80 Jahren noch immer 44,9% ABV übrig sind, grenzt schon fast an ein Wunder.

 Neben einer dicken Fasswand ist auch die gleichmäßig kühle Umgebungstemperatur ein wichtiges Kriterium. Maßgeblich mitgeholfen hat auch die Tatsache, dass das Lagerhaus immer sehr voll war, so dass die Umgebungsluft im Lagerhaus einen hohen Sättigungsgrad an Alkohol erreichen kann. Um es banal zu formulieren - wenn die Luft erst mal "voll" ist mit Alkohol, kann nicht mehr so viel Alkohol aus den Fässern entweichen, weil in der Luft einfach kein "Platz" mehr ist. 

Whisky-Schwergewichte vor Ernies Kamera: Gregor Haslinger, Christoph Kirsch, Stephen Rankin, Michel Reick, Michael Gradl. / Foto: MargareteMarie

Nachdem uns Stephen Rankin sehr professionell und anschaulich erkärt hat, wie es zu der noch immer hohen Alkoholstärke im Fass kommen konnte, bin ich mir sicher, dass man bei Gordon & MacPhail ein ganz besonderes Auge auf diese alten Fässer hat. Derzeit gibt es niemanden in Schottland, der mit älteren Fässern aufwarten kann. Noch lagern einige weitere sehr vielversprechende Fässer aus den vierziger Jahren in den Lagerhäusern des unabhängigen Abfüllers aus Elgin, und man wird sich auf jeden Fall große Mühe geben, in Zukunft noch eins drauf setzten zu können. Vielleicht werden wir in  20 Jahren sogar einen magischen 100 Jahre alten Whisky erleben.


Anzeige von 1949, aus "Illustrated London News"

Und noch etwas hat uns Stephen Rankin deutlich klar gemacht: die neuen, heutigen Whiskys reifen alle sehr viel schneller als früher. Aber genau deswegen werden sie kaum das Potential haben, wirklich alt werden zu können. 

Die Abfüllung

Leider war es nicht möglich, eine Flasche dieses kostbaren Single Malts mit nach Frankfurt zu bringen. Natürlich hätte ich sie gerne im Original gesehen, aber wir mussten uns an diesem Abend mit Fotos begnügen. Entworfen wurde der Kristalldekanter vom britischen Stardesigner Sir David Adjaye OBE, und anschließend in den Glencairn Glaswerken mundgeblasen. 250 Dekanter wird es insgesamt geben, wovon der Dekanter No 1 am 07. Oktober diesen Jahres bei Sotheby's in Honkong versteigert werden wird. Preise wurden noch nicht genannt, doch wird sich die Geldsumme wahrscheinlich im sechsstelligen Bereich bewegen.

Sir David Adjaye mit Dekanter. / Foto: Gordon&MacPhail

Das Tasting

Nach dem Begrüßungscocktail hat uns Stephen Rankin dann durch das Tasting geführt, und mir hat es fast die Sprache verschlagen. Wir alle erhielten eine "Black Box" mit einem Sample, die sehr sorgfältig mit einigen Besonderheiten ausgestattet war. Aber ein besonderer Whisky hat auch eine besondere Präsentation verdient. 

Meine "Black Box". / Foto: MargareteMarie

In dieser eigens angefertigten Schatulle befand sich nicht nur ein Sample des 80 Jahre alten Glenlivet, sondern auch ein Glencairn Glas mit der Aufschrift "80", eine kleine Informationsbroschüre und die  hölzerne Nachbildung einer Eichel, die aus einer Fassdaube des Glenlivet-Fasses gearbeitet war - als Hommage an die Eiche, die einen so profunden Einfluß auf die Entwicklung dieses Whiskys hatte. 

Meine "Black Box". / Foto: MargareteMarie

Außerdem enthielt unser kleines Paket auch einen Glasuntersetzer, der ebenfalls aus einer Fassdaube  gearbeitet war und in den der Name des jeweiligen Empfängers der "Black Box" eingraviert war.  

Edler Inhalt. / Foto: MargareteMarie

Ich muss gestehen, dass diese Box ihre Wirkung nicht verfehlt hat. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie ehrfürchtig ich mich in diesem Augenblick gefühlt habe. Mir ist so richtig bewußt geworden, was für eine Kostbarkeit dieses kleine Sample eigentlich ist. Wahrscheinlich kosten die drei cl mehr, als die meisten von uns im Monat verdienen. Doch das Geld alleine macht den Wert gar nicht aus. Es sind die 80 Jahre, die so beeindrucken, und das Gefühl, etwas sehr seltenes im Glas zu haben, das man nicht reproduzieren kann und das unwideruflich verloren sein wird, sobald man es getrunken hat. 

Ein Magischer Moment. / Foto: Kirsch Import

Es war dann auch ein wirklich magischer Moment, als Stephen Rankin seine eigene Box öffnete und gemeinsam mit allen Teilnehmern den Glenlivet 80 verkostete. 

Bis zu diesem Zeitpunkt waren viele noch skeptisch. Alter alleine ist kein Garant für einen guten Whisky, und ich habe selbst schon den ein oder anderen alten Holzbock im Glas gehabt, der vollkommen von Holztönen überlagert war.

Tasting the Glenlivet 80 Years. / Foto: MargareteMarie

Doch der Glenlivet 80 hat uns dann alle im Tasting überwältig. Es ist unglaublich, wie lebendig und aromatisch dieser Whisky nach 8 Jahrzehnten im Fass noch immer ist. Doch am meisten beeindruckt hat mich die Intensität. Schon zwei oder drei Tropfen genügen, um das Glas mit Duftaromen vollkommen auszufüllen. Und dieser Duft hält und hält und hält, und will einfach nicht verschwinden. Und auch auf der Zunge ist der Whisky eine wahre Offenbarung.


Tasting the Glenlivet 80 Years. / Foto: MargareteMarie


Meine Tasting Notes

Das Aroma ist unglaublich. Die Eiche ist präsent, aber nicht dominant wie bei Virgin Oak, sondern prägnant und trotzdem im Hintergrund. Unglaublich intensiv im Geruch, mit der staubigen Trockenheit von altem Leder und alten Büchern. Bohnerwachs und Duftkerzen mischen sich im Untergrund mit würzigen Aromen von Wermut und Magenbitter, während die Kopfnote von frischen, intensiven Aromen dominiert wird, die an Pinienzapfen, Baumharz, getrocknete Orangenschalen und Quittengelee erinnern.

Der Geschmack haut einen vom Sockel. Dicht, konzentriert, wachsig, ölig, mit starken Gewürznoten, Holz und Weihrauch.

Der Nachklang ist lang und warm, und erinnert an Tabak und eine bittere Kräutermischung.

Fazit: Kein Whisky zum Wegschlabbern. Der Glenlivet 80 beeindruckt mit einer dunklen, harzigen Intensität, die langsam und über Jahrzehnte aufgebaut wurde. Wenn man das große Glück hat, ihn probieren zu können, sollte man ihn Schluck für Schluck genießen.


Tasting the Glenlivet 80 Years mit Stephen Rankin. / Foto: MargareteMarie

Im Anschluss an das Tasting folgte dann ein dreigängiges Menü mit einem jeweils passenden Whisky, das von Whisky-Koch Chris Pepper aus Darmstadt komponiert worden war. 

Whisky-Koch Chris Pepper (rechts) stellt das Menü vor. / Foto: MargareteMarie

Whisky-Dinner

Als Vorspeise gab es Rosmarin Tarte, Mousse mit rotem und schwarzem Pfeffer, gebackenem Apfel und Retsina Couscous. Der begleitende Whisky war ein 33 Jahre alter Glenlivet von G&M mit 49,2%, und zu diesem Zeitpunkt hat mich tatsächlich eine leichte Arroganz überfallen. 33 Jahre sind doch lächerlich im Vergleich zu 80 Jahren - aber beim Essen haben mich der vortreffliche Geschmack der Vorspeise dann doch wieder geerdet, und der 33 Jahre alte Glenlivet war ein toller Begleiter dazu.

Das Menue. / Foto: Kirsch Import


Die Hauptspeise waren Hirschmedaillons mit einem Ragout von Bohnen und Steinpilzen an Püree mit Kräutern und Zwiebeln. Dazu gab es einen 15 Jahre alten Mortlach von G&M aus der Reihe "Distillery Labels" mit 46%. Mortlach wird oft als "The Beast of Dufftown" bezeichnet. Doch ehrlich gesagt, wenn ihr nur die daktuellen Original-Abfüllungen oder den GOT-Mortlach kennt, dann lässt sich nur schwerlich nachvollziehen, wo das Biest eigentlich steckt. Wenn ihr das wirkliche "Beast of Dufftown" endlich mal im Glas haben wollt, dann kann ich diesen Mortlach von G&M wärmstens empfehlen. 


Als Nachspeise gab es eine Variation von gelben Früchten und Kokosnuss, und dazu passte ein Glen Keith, 21 Jahre, 56%, aus der Connoisseurs Choice Serie. Die Fruchtigkeit des Glen Keith hat wunderbar mit den Fruchtaromen des Desserts harmoniert.


 Foto: MargareteMarie


 Foto: MargareteMarie

 Foto: MargareteMarie

 Foto: MargareteMarie


 Foto: MargareteMarie

 Foto: MargareteMarie

Am Ende des Abends saßen wir noch eine ganze Weile lang bei Cocktails und Whisky zusammen oder genossen die lauwarme Abendstimmung auf der Terrasse des Le Panther, voller Bewunderung für die unglaubliche Aromenfülle dieses unglaublich alten Glenlivet 80. Ein denkwürdiger und gleichzeitig sehr beschwingter und grandioser Abend für uns alle.



Kontemplativ: Michael Gradl beim Verkosten. / Foto: MargareteMarie

Zum Abschluss findet ihr hier noch ein paar Foto-Impressionen vom Event mit Bildern, die uns von Kirsch Whisky zur Verfügung gestellt wurden:


 Christian Henkel am Brett.Foto: Kirsch Import

 Michel Reick, Christoph Kirsch.Foto: Kirsch Import


Die linke Hälfte der Tafel. / Foto: Kirsch Import

Kocht fantastische Whisky-Menüs: Whiskykoch Chris Pepper und seine Frau Marion. /Foto: Kirsch Import 


Auf gute Zusammenarbeit. Gordon Muir, Stephen Rankin (beide G&M), Christoph Kirsch, Jannik Hellweg (beide Kirsch Import; von l. n. r. ) Foto: Kirsch Import

Black Box. Foto: Kirsch Import

Spannender Moment. / Foto: Kirsch Import

Stephen Rankin (G&M), Christoph Kirsch (Kirsch Import)

Talking Business. /Foto: Kirsch Import 

Andy, der Whisky-Flüsterer. / Foto: Kirsch Import



...und wenn ihr noch nicht genug habt, dann könnt ihr hier noch mal Stephen Rankin in einem kurzen Video sehen und hören:


Update:

Decanter Nr. 1 wurde für 193.000 US-Dollar (ca. 167.000 Euro) versteigert. 





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