EVENT: Whisky-Dinner im Eulenfang

Manchmal liegen die heimlichen Juwelen direkt vor der eigenen Haustür. Wie beispielsweise das  jährliche Whisky-Dinner im Eulenfang des Jägerhof-Restaurants in Maar.

Whsky-Dinner sind immer etwas besonderes, denn der Aufwand, der dafür betrieben werden muss, ist enorm. Nicht nur muss ein umfangreiches, mehrgängiges Menü entwickelt und gekocht werden, sondern auch die passenden Whiskys dazu müssen ausgewählt und bereitgestellt werden.

In Lauterbach-Maar haben sich Hans Schmidt und sein Team vom Landgasthof Jägerhof bereits zum 18. Mal mit Whisky-Experte Jon Wells zusammengetan, um sich dieser Herausforderung zu stellen und ihren Gästen einen unvergesslichen Abend zu bieten.

Jon Wells in seinem Element

Die Whiskys beigesteuert hat diesmal Daniel Graf, der im März 2020 die Nachfolge von Horst Bittner angetreten hat und seither die kultige Lauterbacher Whisky- und Tabakstube betreibt. Unter dem Namen "Whiskygraf" betreibt Daniel inzwischen auch einen Online-Shop.

Historisches Gewölbe des Eulenfang

Leider konnte Hans aus gesundheitlichen Gründen an diesem Abend nicht dabei sein, aber Jon hat uns Gäste souverän und unterhaltsam durch den Abend geführt, und neben amüsanten Geschichten rund um das Wasser des Lebens auch einige der besten schottischen Trinksprüche zum besten gegeben.

Wenn Jon gälisch redet, dann nimmt man ihm ohne den geringsten Zweifel sofort den Schotten ab. Und tief in seinem Herzen ist der gebürtige Sassenach ja schon längst ein Schotte. Zumindest was Whisky anbelangt, kann ihm jedenfalls kein Schotte so schnell etwas vormachen. 

Deshalb hätte ich mir auch gewünscht, dass Jon ein bißchen mehr über die einzelnen Whiskys erzählt. Auch wenn man das alles inzwischen im Internet nachlesen kann, so ist es doch immer wieder schön, wenn man die Infos aus berufenem Munde bekommt. 

Mitglieder der Drum & Pipe Band Fulda sorgen immer für ein echt schottisches Feeling

Das Menü war wieder einmal ganz professionell komponiert, und jeder Gang hat außergewöhnlich gut mit den Whiskys harmoniert. Zum Empfang gab es zunächst eine Speck-Zwiebel-Marmelade mit Roggenbrot, danach folgte dann das eigentliche Menü mit Sieben Gängen und sieben Whiskys:


1. Ben Nevis 2013-2021, 7 Jahre, Signatory, Unchillfiltered Collection, Hogsheads 414+415, 46%

Dieser Ben Nevis war überraschend "sauber", in einem Blind Tasting hätte ich ihn wohl kaum der Kultbrennerei am Fuße des Ben Nevis zugeordnet. Mit tollen, intensiven und frischen Fruchtnoten von gelben Früchten wie z.B. Apfel, Birne, Mirabellen und Quitten, und einem guten PVL hat er uns alle sehr überzeugt. Definitiv eine Empfehlung wert. 

Dazu gab es Rehbratwurst mit Honig, Ingwer und karamellisierten Walnüssen auf Rotkohlsalat und QuittenChutney. 

2. Aberlour, 12 Jahre, Double Cask, Speyside, gereift in American Oak und Sherry Oak Casks, 40%, 

Bei diesem Aberlour dominieren die nussigen Aromen der Sherryfass-Reifung, und er ist wunderbar ausbalanciert. Die 40% verleihen ihm einen milden und weichen Gesamteindruck. Ein sehr schöner Whisky aus dem Standard-Sortiment, und ebenfalls mit einem vernünftigen PLV. 

Dazu gab es Vitello-Forello von regionaler Lachsforelle und regionalem Kalbfleisch.


3. Tomintoul 14 Jahre, Speyside, egreift in Ex-Bourbonfässer und Ex-Sherryfässern , 46%

Ein netter Whisky, aber trotz seiner 14 Jahre eher blaß und belanglos. Der Nachklang ist kurz, und auch auf der Zunge und in der Nase fehlt mir was. Der tut niemandem weh, war für mich aber der schwächste in der Range.

Dazu gab es Kürbiscremesuppe mit Scheiben vom Haggis aus regionalen Zutaten mit gerösteten Weißbrotwürfeln. Die Suppe war ein Träumchen, und der Whisky hat sich ihr problemlos untergeordnet.


4. Edradour 12 Jahre Caledonia, gereift in Ex-Bourbon und Ex-Oloroso-Fässern, 46%

Gewidmet dem Song "Caledonia" von Dougie McLean. Caledonia ist jetzt nicht unbedingt ein Song, den man als Nicht-Schotte kennen muss. Der Whisky hingegen hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Edradour Caledonia reift zunächst für 7-8 Jahre in Ex-Bourbon-Fässern, und erhält anschließend für weitere 4-5 Jahre eine Nachreifung in Ex-Oloroso-Sherry-Fässern. Die Charge, aus der unsere Flasche stammt, war top, die Sherry-Noten so dominant, dass er schon fast wie eine Full Maturation wirkt. Ein klasse Whisky, und unser Liebling an diesem Abend. 

Dazu gab es Entenkeule mit Unterkohlrabi, Süßkartoffel und Enten-Whiskylikör-Jus.

Der nächste Gang bestand dann aus einem Birnen-Sorbet, das ohne Whisky serviert wurde, ehe es mit einem Highland Park weiterging.


5. Highland Park, Dragon Legend, NAS, 43,1%

Der Dragon Legend von Highland Park ist seit etwa zwei Jahren auf dem deutschen Markt erhältlich, trägt keine Altersangabe und zeichnet sich durch eine stärkere Rauchigkeit aus als es sonst bei Highland Park üblich ist. Angeblich enthält er einen höheren Anteil an Rauchmalz, das mit Orkney-Torf hergestellt wurde. Die Raucharomen sind beachtlich, aber dafür wurde an den Sherry-Fässern gespart. Der Sherry-Einfluss ist zwar deutlich wahrnehmbar, aber insgesamt ist die Abfüllung nicht unbedingt mein liebster HP. Wer auf starken Raucharomen aus dem Sherry-Fass steht, sollte ihn aber auf jeden Fall probieren. 

Serviert wurde dazu ein Involtini vom Kalb auf Steinpilz-Gersotto. Ich bin nicht unbedingt ein Risotto-Fan, und das Gersten-Risotto fand ich zwar sehr kreativ und schottisch angehaucht, aber zu meinem Lieblings-Gericht wird es nicht werden.  Insofern hat es gut zum Dragon Legend gepasst. 


6. Ardbeg Wee Beastie, 5 Jahre, 47,4%

Wee Beastie ist das junge Biest von Ardbeg und mit seinen 5 Jahren der kleine Bruder vom Ardbeg 10. Im Aromaprofil sind die beiden Brüder ähnlich, doch das kleine Biest hat eine etwas ungestümere Raucharomatik, bei der Gummi und Rauch dominieren.

Dazu gab es Tabakeis mit warmem Pflaumenragout und Schoko-Küchlein. Das Tabak-Eis ist inzwischen schon ein Klassiker im Eulenfang, und jedesmal ein kleines Träumchen. Da ist der Whisky schon fast Nebensache.


7. Ian McLeod, As we get it, Islay, ungefärbt, ungefiltert, Fass-Stärke, 60,8%

Zum Abschluss gab es dann noch einen Islay-Whisky in Fass-Stärke, der an Caol Ila erinnerte und außer Rauch auch tolle Aromen von Bittermandel, Malz und gekochtem Apfel aufwies. Ein sehr schöner Easy-Dram, der trotz seiner Fass-Stärke erstaunlich weich war. 


Insgesamt hat mir das Programm sehr gefallen, die Gerichte waren kulinarisch sehr gelungen, die Whisky-Auswahl war abwechslungsreich und sehr schön auf die einzelnen Gänge abgestimmt. Meine persönliche Lieblings-Kombi waren Gang 1 und Gang 4. 

Ein besonderer Dank gebührt auch dem Team im Eulenfang, die mit ihrem unermüdlichen Arbeitseinsatz dafür sorgten, dass wir einen wunderbaren Abend hatten.  

Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis war top, der Betrag für dieses großartige Abendprogramm, an dem viele Menschen engagiert mitwirken mussten, damit es ein Erfolg wird, lag tatsächlich noch knapp im zweistelligen Bereich.

Bei so viel Einsatz in Küche und Service und mit dem unvergleichlichen Jon Wells als Moderator und Trinkspruch-Präsentator konnte ja nichts mehr schiefgehen. Der Abend war rundum ein großes Vergnügen. 

Das Team im Eulenfang, das uns so fantastisch verwöhnt hat.





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