Rum für Whisky-Fans (6): Worthy Park - von "Hängeschaukel" bis "Gipfelstürmer"

Fruchtige Jamaica-Rums können unglaublich viel Spaß machen. Doch die große Varianz, die es innerhalb des Aromaprofils einer Brennerei geben kann, kann Whisky-Fans gewaltig irritieren.


Wieviel Ester soll es denn sein?

Eine Stärke der Jamaica-Rums ist die große Variabilität durch die unterschiedlichen Abstufungen des Ester-Gehalts im Destillat, die man bei allen Jamaica-Brennereien finden kann. 

Doch genau diese Variabilität kann einem Whisky-Fan erst einmal Probleme bereiten, denn man weiß nie, was einen tatasächlich erwartet. 

Ein gutes Beispiel sind die beiden folgenden Abfüllungen der Worthy Park Distillery.

Screenshot aus: https://www.youtube.com - Worthy Park Estate shows you how rum is made

History

Worthy Park Estate  und Brennerei liegt in Jamaikas St. Catherine Parish und befindet sich weit im Landesinneren. Die Anlage gehört zu den ältesten Zuckerrohrplantagen der Insel, und seine Geschichte läßt sich bis in das Jahr 1655 zurückverfolgen, als Francis Price von Penzance in Cornwall nach Jamaica kam. 

Price gehörte zu den ersten britischen Einwanderern in Jamaica, erst kurz zuvor hatte der britische Admiral William Penn die Insel von den Spaniern erobert. Die nächsten 300 Jahre sollte Jamaica unter britischer Herrschaft bleiben.

Screenshot aus: https://www.youtube.com - Worthy Park Estate shows you how rum is made


Sein Sohn Charles gründete um 1670 die Worthy Park Plantage. Die Produktion von Zucker begann um 1720 und es ist wahrscheinlich, dass die ersten Rums auch um diese Zeit destilliert wurden. Ausschlaggebend für den wirtschaftlichen Erfolg von Worthy Park war vor allem der gute Boden, der dafür sorgte, dass auf der Plantage Zuckerrohr von allerbester Qualität gedieh. 

Da ist es wenig verwunderlich, dass Worthy Park auch heute nur Zuckerrohr aus eigenem Anbau verwendet. 


Wie die meisten anderen Zuckerproduzenten und Rumbrennereien hat auch Worthy Park unter den  fallenden Zuckerpreisen der vergangenen Jahrzehnte gelitten, weshalb man 1960 die Destillation einstellte. Stattdessen konzentrierte man sich auf die Verbesserung der Anbau- und Verarbeitungstechniken in der Zuckerproduktion.


Erst im Jahr 2005 kam dann der Neuanfang, als Gordon Clark beschloss, die Rumproduktion wieder aufzunehmen. Da von der alten Brennanlage nichts brauchbares mehr übrig war, wurde eine komplett neue Brennerei errichtet. Heute destilliert man bei Worthy Park in einer modernen Forsyths Pot Still mit doppelter Retorte und einer kleinen, aufgesetzten Säule.

Ester-Marques

Anders als Whisky-Brennereien stellen die Brennereien auf Jamaica Destillate mit unterschiedlichem Estergehalt her, die sich in ihrem Aromaprofil deutlich unterscheiden. Für die Brennerei hat das den Vorteil, dass man mit Hilfe der verschiedenen Rums die Möglichkeit hat, unterschiedliche Rum-Mischungen herzustellen und dadurch unterschiedliche Produkte anbieten zu können. 

Über die Entwicklung der Ester-Marques auf Jamaica hatte ich an anderer Stelle bereits geschrieben, wenn euch das Thema interessiert, könnt ihr es [hier] und [hier] nachlesen.

Buttersäuremethylester: riecht nach Ananas, Apfel und Erdbeeren


Die bekannten Marques von Worthy Park sind:

WPEL – Worthy Park Extra Light (0-60 g/hLaa, Destillierhefe)

WPL – Worthy Park Light (60-119 g/hLaa, Destillierhefe)

WPM – Worthy Park Medium (120-239 g/hLaa , proprietärer Hefestamm)

WPH – Worthy Park Heavy (240-360 g/hLaa, wilde Hefe)

WPE – Worthy Park Extra (bis zu 800 g/hLaa, wilde Hefe)

Was auf den ersten Blick wie ein willkürlicher Buchstabensalat aussieht, hat Methode und ist gar nicht so schwer zu durchschauen. Die ersten beiden Buchstaben stehen immer für W-orthy P-ark. Die Buchstaben danach bezeichnen den Grad des Ester-Gehalts: EL = Extra Light, L = Light, M= Medium, H= Heavy, E=Extra. Am Anfang mag das noch verwirren, aber mit ein bißchen Übung kann man das ganz gut in den Griff bekommen. Oder man legt sich ein Cheat-Sheet an, wo man immer wieder nachschauen kann. 

No Dunder, No Cry

In den letzten Jahren haben viele Blogger ausführlich über Worthy Park berichtet, man muss also nicht unbedingt die Brennerei anschreiben oder besuchen, um grundlegende Informationen zu bekommen. Anders als Hampden Estate benutzt Worthy Park weder Dunder noch Muck Pit. Stattdessen arbeitet man für die High-Ester-Rums mit Molasse, Zuckerrohrsaft, und gehäckselten Zuckerrohrhalmen, auf denen sich wilde Hefen in ausreichender Menge befinden. 

Normalerweise dauert es 90 Tage, um die Hefe zu vermehren. Die anschließende Fermentationszeit dauert zwei bis drei Wochen. Für die Rums mit niedrigem Estergehalt benutzt man standardisierte Destillierhefe, und die Fermentierung ist meist nach dreißig Stunden abgeschlossen. Dabei wird die Temperatur konstant bei 30 Grad C gehalten. 

Gebrannt werden alle Rums auf der Pot-Still-Anlage, die bei Forsyths in Schottland hergestellt wurde.  Da die Brennanlage neben zwei Retorten auch einen kleinen Rektifizieraufsatz hat, kann man je nach gewünschter Rum-Art die Brennanlage unterschiedlich einstellen. 

Unterschiedliche Hefe, unterschiedliche Fermentierung und Varianzen beim Destillieren führen auch zu unterschiedlichen Rum-Ausprägungen, von denen ich euch hier zwe Beispiele vorstellen will. Ähnliche Unterschiede könnt ihr aber auch bei anderen Abfüllungen feststellen. 

Tasting Notes und Vergleich:

Unser erstes Beispiel ist ein weißer Rum von Worthy Park mit einem Ester-Gehalt von 597,3 g/hLaa aus dem High-Ester-Bereich stammt,  während es sich bei Beispiel 2  um einen Light-Ester-Rum handelt, bei dem der Estergehalt deutlich niedriger ist.



Forsyths Worthy Park 151 Proof White Jamaica Pure Single Rum (Habitation Velier), 75,5%

Besonderheit: weißer Rum, abgefüllt 2017, ungereift, Stahltanklagerung, ohne Zuckerzusatz, 100% Pot Still Destillation, Ester-Gehalt  597,3 g/hLaa, wilde Hefe.

Aroma: eröffnet mit vielen erdigen Aromen, wie rohe Kartoffelschalen und trockenem Lehm. Dazu kommen grasige Töne von trockenem Heu, Olivenöl, Bananen, Mango und Anis, aber auch Brackwasser, Buttercreme und eine faulige Süße von verrottetem Obst. 

Geschmack: immer noch sehr erdig, mit viel Anis und Aceton. Man kann ihn pur trinken, aber bei dem hohen Alkohol-Gehalt ist Vorsicht geboten, und kleine Schlückchen sind ratsam. Mit etwas Wasser wird er süßer und bekömmlicher auf der Zunge. 

Nachklang: eher kurz.

Fazit: Der 151 Proof White Rum ist ist wohl eher für Gipfel-Stürmer gedacht. Die starke Aromatik in Kombination mit dem extrem hohen Alkohol-Gehalt hat durchaus seine Reize, und kann in einem weißen Cocktail gewiss starke Akzente setzen. Die Lagerung im Stahltank hat ihn etwas runder und milder gemacht. 

Als Whisky-Trinker tue ich mich mit dem Preis jedoch schwer. Für eine Flaslche New Make oder Poitin, bei dem der Verkäufer keinen Verlust durch Verdunstung kompensieren muss, würde ich keine 65 Euro ausgeben. 


Worthy Park Single Estate Reserve

Besonderheit: kam 2017 auf den Markt. Ohne Angabe von Alter und Ester-Gehalt. Vermutlich um die 6 Jahre alt, WPL, Destillierhefe.

Aroma: ganz viel Vanille und Mandelaroma. Dazu grüne Banane, Limette Ingwer und Kokosnuss.  leicht grasige Noten und Anklänge von Olivenöl wechseln sich ab mit frischem Zitrusduft. 

Geschmack: Süßer Antritt, mit mittlerem Mundgefühl.

Nachklang: mittellang

Fazit:  Rund, gefällig und süffig - der WP Single Estate Reserve tut keinem weh und lässt sich butterweich trinken. Die erdigen und mineralischen Töne aus der WPEL-Abfüllung von Velier sind komplett verschwunden, stattdessen schmeicheln Anis, Mandeln, Vanille und gelbe Fruchtaromen Gaumen und Nase. Bei einem Preis von unter 50 Euro ein schöner Easy-Sipper-Rum für die Hängematte im Garten.

Screenshot aus: Worthy Park shows you how rum is made

Ein schönes Video zu Worthy Park findet ihr [hier].

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