Event: Zoom-Tasting Fading Hill

Nachdem uns in der Vergangenheit die St. Kilian Brennerei mit Online-Tastings spannende Einblicke in ihre Arbeit gegeben hat, hat nun die deutsche Fading Hill Distillery nachgezogen und zu einem großes Online Tasting mit vielen Bloggern und Youtubern eingeladen. Hat die Fading Hill Distillery unser Herz gewinnen können?


Die Fading Hill Distillery ist kein New-Comer im Whisky-Geschäft. Steffi Klöckner, Ehemann Peter und die Söhne Jonas und Lukas sind seit Jahren extrem engagiert, wenn es um die Weiterentwicklung von deutschem Whisky geht. 



Zunächst hat uns Steffi einen Überblick über die Geschichte der Brennerei gegeben, die bereits 1848 gegründet wurde und seither unter dem Namen Birkenhof bekannt ist. 2002 wurde erstmals der Fading Hill Whisky destilliert. 

Inzwischen kann die Familie auf zwei Jahrzehnte Whisky-Erfahrung zurückblicken, und hat sich im Laufe der Jahre eine enorme Expertise erarbeitet. Und natürlich auch ein beeindruckendes Fasslager aufgebaut. 


Umfangreiches Begleitmaterial, das uns zusammen mit den Samples zugeschickt wurde, hat schon vorab einen guten Einblick in die Arbeit des Familienbetriebs gegeben. 


Während der Verkostung gab es immer wieder Live-Schaltungen in die Brennerei. Natürlich konnten wir auch einen Blick auf die neue, 1.400 Liter fassende Brennanlage (Pot-Still mit angeschlossener kleiner Säule) werfen, auf der seit 2015 die Whiskys gebrannt werden. 

An den Wochenenden werden auch Führungen durch die Brennerei angeboten (Preis pro Person 9,50 Euro ab 10 Personen). Wer es etwas aufwändiger mag, kann einen Genuss-Abend buchen. Und für besonders begeisterte Whisky-Freunde gibt es auch einen Destillateur-Workshop im Angebot, inklusive Fass-Proben aus dem Lagerhaus.


Nach einer kleinen Einführung durch Steffi ging es dann los mit den Verkostungen. Natürlich konnten wir zwischendurch immer wieder Fragen stellen. 

Das Line-up bestand aus fünf Samples: 

Single Rye Edition 01/2022
Single Malt Edition 01/2022
Peat Edition No. 6
Single Cask No. 337
Single Cask No. 693 


Ich muss zugeben, dass es schon eine ganze Weile her ist, seit ich meinen letzten Fading Hill Whisky im Glas hatte, und da Whisky ein immer wieder wandelbares Produkt ist, war ich natürlich sehr gespannt, was mich heute abend erwarten würde. 

Als kleiner Spoiler kann ich schon mal verraten: nicht alles hat mich restlos begeistert. Aber drei der fünf Abfüllungen haben mir so gut gefallen, dass ich sie auf jeden Fall auch guten Freunden empfehlen würde. Und zur Liste der Top Ten der deutschen Whisky-Brennereien gehört die Fading Hill Distillery auf jeden Fall dazu. 

Hier meine Tasting Notes:

1. Single Rye, Edition 01/22, 6 Jahre, dest. Juli und Sept.2015, abgefüllt 21.2. 2022, 45%:

Besonderheit: destilliert aus grüner Roggenmaische, aufgeschlossen mit Roggenmalz, gereift im Bourbon- und  Oloroso-Fass. Brauch eine Weile an der Luft, ehe er aufgeht. 

Aroma: eher auf der floralen und leichten Seite, ein bißchen Apfel, Birne und Mandarine, mit einer aparten Mischung aus frischem Heu, Birkenzweigen, Moos, Honig, Weihrauch, Karamellbonbons, verkohlte Bratenkruste, Lapsang-Tee und milde Lakritze. Man sollte ihm unbedingt Zeit geben, denn je länger er Luft bekommt, desto komplexer wird er. 

Geschmack: mittlerer Körper, cremig und ölig, mit einer leichten Süße und angenehmen Würznoten.

Nachklang: mittellang, mit grünem Tee und Heu, trocken und leicht pelzig 

Gesamteindruck: man sollte sich nicht vom Namen täuschen lassen - dieser Rye Whisky erinnert nur entfernt an die Rye Whiskys aus Übersee. Ein spannendes und sehr komplexes Produkt, aber der Begriff "Rye Whisky" weckt in mir eine ganz bestimmte Erwartungshaltung, die er anschließend nicht wirklich erfüllen kann. Als Fan von schwerem Monongahela-Rye ist mir dieses florale Leichtgewicht trotz seiner beeindruckenden Komplexität zu grünlastig und kann mich nicht wirklich abholen. Ich tue mich schwer mit diesem Rye, aber vielleicht liegt es nur daran, dass mir das Aromenprofil eher fremd ist. 


2. Single Malt, Edition 1/22, 4 Jahre, destilliert 8/2017, 7/2022, 46%

Besonderheit: ein Batch aus den Fässern #562, 328, 329, 287, 236, gereift in Port-, American Oak, Bourbon- und Oloroso-Fässern. 

Aroma: ups - da ist Schwefel. Kein guter Start für mich. Dann kommen frische Minze, ein bißchen Orangen, Limetten, Erdbeeren und Ledertasche. Genuss-Botschafterin Annick Seiz wirft glasierte Bratenzwiebeln in unsere Verkostungsrunde, und trifft damit den Nagel auf den Kopf. 

Geschmack: würzig, cremig und vollmundig, mit einer schönen Würzigkeit und der leichten Bitterkeit von Eiche.  . 

Nachklang: lang und warm, am Ende sehr trocken auf der Zunge. 

Gesamteindruck: ein schöner Whisky - vorausgesetzt, man hat keine Probleme mit Schwefelnoten und Virgin Oak. Die Bratenzwiebeln bringen eine fleischige Note. Das kann spannend sein, aber auch irritieren. 

3. Single Malt Peated Edition, 4 Jahre, destilliert 3/2018, abgefüllt 30.3.2022, 46%

Besonderheit: Verwendung von belgischem Rauchmalz, mit einem Finish im 2nd Fill-Laphroaig-Fass. Small Batch aus Fass-Nr. 751, 752, 753

Aroma: glasklar und pointiert, mit starken Zitrusnoten, Heu, Tannengrün, Minze, Ozon und Kräuterbonbons. Dazu geräucherte Bittermandel.

Geschmack: leicht süß, mittlerer Körper und mit einer sehr milden und dezenten Rauchnote. Anklänge von weißem Tee.

Nachklang: mittellang, dezent rauchig und mild

Gesamteindruck: wir nähern uns Schottland. Die dezenten Rauchnoten sind wunderbar eingebunden, und die Kombination von Zitrus- und Ozon-Aromen geben dem Whisky eine wohltuende Frische. Sehr gelungen. Zudem kann der Whisky stundenlang im Glas stehen, ohne das Aroma merklich zu verlieren. 

4. Single Malt, Einzelfass, Fass-Nr. 337, destilliert 17.07.2015, abgefüllt 05.07.2022, 6 Jahre und 50 Wochen, Bourbonfass-Reifung, 55,7%

Besonderheit: Gereift drei Jahre im 1st fill Virgin American Oak Fass, am 17.07.2015 umgefüllt in 1st Fill Bourbon Barrel 

Aroma: sehr fruchtig, mit viel Orangengelee und Grapefruit-Zesten, dazu Honigsüße, ein bißchen Apfel- und Birnenduft, sanfte Kräuterwürze und geschnittenes Brot. 

Geschmack: vollmundig, mit Minze, Brotkruste und Orangengeschmack. 

Nachklang: warm und lang, und noch immer die Orange... 

Gesamteindruck: vollmundig, rund und cremig, mit üppigen Fruchtaromen. Gefährlich süffig. Weniger komplex als der Rye, aber dennoch mein Liebling des heutigen Abends. 


5. Single Malt, Einzelfass, Fass-Nr. 693, 1st Fill Sherry Cask, 53%

Besonderheit: Teil eines Batches aus sechs 1st fill Bourbon Fässern, befüllt am 15.12.2015, umgefüllt in 1st fill PX Sherry Fässer aus der Bodega Spinola, Jerez, abgefüllt am 5. Juli 2022

Aroma: getrocknete Beeren, Kirschen, Mandarinen und Pflaumen. Auch diesmal ein leicht minziger Unterton, 

Geschmack: süß, vollmundig, voluminös und überaus üppig. Fast schon zuviel. 

Nachklang: lang und warm, leicht fleischig, mit sanfter Würze und sehr schwachen Tanninen. 

Gesamteindruck: Sehr schön! Hier wurde aus dem Vollen geschöpft. Wer nach dicken Aromen sucht, ist hier bestens aufgehoben. Der hat uns alle begeistert. 


Fazit

Die Diskussion um deutschen Whisky steckt derzeit in einem Dilemma: einerseits betonen die Produzenten nachdrücklich, dass deutscher Whisky ein eigenständiges Produkt ist und deshalb auch anders schmecken sollte als schottischer oder amerikanischer Whisky. Andererseits lehnt man sich bei Namensgebung, Begrifflichkeiten und Fass-Reifungs-Methoden ganz stark an schottischen Single Malt an. 

Es wird noch ein Weilchen dauern, ehe deutsche Brennereien den Spagat zwischen Eigenständigkeit und Nacheifern meistern können. Die Fading Hill Distillery ist auf dem besten Weg dazu. Lange Fermentierungszeiten, kombiniert mit einem guten Fass-Management, tragen Früchte. 

Was alle Samples kennzeichnete, war eine ausgesprochene Cremigkeit sowie eine frische Note, die manchmal sehr stark als Lakritze, manchmal eher schwach als Minze oder Menthol auftritt. Mir haben die Samples immer dann besonders gut gefallen, wenn dieses Frische-Element von den übrigen Aromen gebändigt werden konnte. 

Insgesamt war ich von der Qualität der Abfüllungen beeindruckt. Vor allem die Einzelfass-Abfüllungen waren stark. Wer nach guten Whiskys Ausschau hält, sollte die Fading Hill Distillery auf jeden Fall ins Visier nehmen. Die Weichen sind bestens gestellt, und wir werden in den kommenden Jahren mit Sicherheit fantastische Abfüllungen erwarten können. 





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