Sherryfässer, Weinfinish und dreckiger Whisky - zu Besuch in der Feinbrennerei Simon

In Andalusien werden jedes Jahr mehr als 250.000 Sherry-Fässer produziert. Und immer häufiger finden einige dieser Fässer auch ihren Weg nach Deutschland. Fünf dieser besonders begehrten Fässer habe ich kürzlich in die Feinbrennerei Simon in Alzenau entdeckt. Und auch ansonsten hält das kleine Fasslager der Brennerei einige spannende Überraschungen bereit.


Foto: MargareteMarie

Als ich vor ein paar Tagen in der Feinbrennerei Simon vorbeischaue, hat Severin Simon ein paar Überraschungen parat. In seinem Fasslager liegen einige neue Schätzchen, die ich mir natürlich auch anschauen will. Doch zunächst führt uns unser erster Weg schnurstracks an der Brennerei vorbei, zum kleinen Weinberg hinter der Brennerei, die Severin Simon in Alzenau-Michelbach betreibt.

In der Hoffnung, ein paar Leckerlis zu erhaschen, kommt uns sogleich laut blökend seine kleine Herde von französischen Zwergschafen entgegen. Severin Simon setzt auf nachhaltige und ökologisch verträgliche Landwirtschaft, und die kleinen Wiederkäuer halten seinen Weinberg gras- und unkrautfrei, ohne dabei die Rebstöcke oder die Trauben zu beschädigen.

Nachdem die Schafe ausgiebig begrüßt und gekrault wurden, geht es anschließend hinüber ins Whisky-Lager. Ein Blick auf die Fassbestände zeigt dem Besucher schnell, dass Severin eine besondere Beziehung zu Weinfässern hat.

Die 1879 gegründete Brennerei hat eine lange Tradition, und schon seit 1998 wird hier auch Whisky gebrannt. Ganze 300 Liter Whisky wurden damals pro Jahr produziert. Nach der Anschaffung einer neuen Holstein-Brennblase 2013 hat sich die Produktion mehr als verzehnfacht, und die Whisky-Herstellung hat sich seither rasant entwickelt.

Foto: MargareteMarie

Besonders stolz ist Severin auf fünf neue, erstklassige Sherry-Fässer aus Andalusien, die er in diesem Frühjahr durch einen glücklichen Zufall erwerben konnte. Möglich gemacht hat diese Transaktion eine Kooperation mit den St. Kilian Distillers. St. Kilian ist guter Kunde in Andalusien und bezieht regelmäßig Fässer aus den spanischen Küfereien.

Vielleicht war im Frühjahr aufgrund der umfangreichen Produktionsstopps bei vielen Brennereien das Angebot an Fässern besonders üppig. Bei einer Tagung der Deutschen Whisky-Brenner in Rüdenau bot sich für die Teilnehmer die Möglichkeit, Fässer zu erwerben, in denen zuvor Moscatel-Sherry lagerte. Ähnlich wie Pedro-Ximenez-Sherry zeichnet sich der eher seltene Moscatel-Sherry durch starke Aromen, eine dickflüssige Konsistenz und eine vielschichtige Textur aus.

Severin hat nicht lange gezögert, sondern sofort zugeschlagen und gemeinsam mit St. Kilian Distillers und einigen anderen deutschen Brennereien wurde eine große Charge bester Sherry-Fässer bestellt.

Foto: MargareteMarie


Zwei wunderschöne Ex-Moscatel-Sherry- und drei ebenso schöne Ex-Oloroso-Sherry-Butts lagern seither in seinem kleinen Fasslager neben der Brennerei. Im April wurden die Fässer befüllt, wir werden also noch drei Jahre warten müssen. Aber ich bin jetzt schon wahnsinnig gespannt auf das Ergebnis.

Doch die Sherry-Fässer sind nicht das einzige Schmankerl, das derzeit in seinem Fasslager liegt. Schon im Februar hat er aus seinem eigenen Wein einen Brandy destilliert, den er in ein Ex-Oloroso-Fass gefüllt hat.

Foto: MargareteMarie

Severin produziert auch weißen Chardonay und Spätburgunder, und letzterer wird im Barrique ausgebaut. Die besten der Weinfässer werden anschließend ausgewählt und mit Whisky belegt. Fassmanagement ist für jede Whisky-Brennerei ein wichtiger Faktor, doch für einen kleinen Familienbetrieb wie den der Simons ist die richtige Fasswahl von enormer Bedeutung. Der Begriff "handverlesene Fässer" trifft hier tatsächlich noch zu.

"Wenn ein großer Produzent ein schlechtes Fass hat, das sich nicht ordentlich entwickelt, kann er das Ergebnis immer irgendwo im Rest der Menge verschwinden lassen," erklärt mir Severin. "Doch für einen kleinen Familienbetrieb wie wir es sind, kann der finanzielle Verlust durch ein einziges schlechtes Fass unsere ganze Existenz gefährden".

Schlechte Fässer kann sich Severin nicht leisten, und in seinem Fasslager entdecke ich immer wieder tolle Überraschungen. Schon im letzten Sommer hatte er einige Fässer mit selbst gemachtem Sauerkirsch-Wein befüllt, und nach der Entleerung anschließend mit einem vorgereiften Rye Whisky-Destillat befüllt. Noch ist der Double Matured Rye Whiskey aus dem Kirschweinfass nicht ganz fertig, doch im November ist es so weit, dann wird abgefüllt.

Ebenfalls im November wird sein Whisky mit einem Finish im eigenen Pinot-Noir-Fass fertig sein und in die Flasche kommen.

Kein Finish, sondern eine Vollreifung wird es für seinen Whisky aus Ex-Bordeaux-Fässern geben, doch darauf werden wir noch ein Weilchen warten müssen, der Whisky aus dem Rotweinfass braucht noch etwas Zeit.

Foto: MargareteMarie

Die Umsatzeinbrüche, die der Lockdown der Gastronomie beschert hat, machen auch Severin zu schaffen. Doch in seinem Betrieb geht die Arbeit trotzdem weiter. Die Trauben und Kirschen lassen sich schließlich von einem Virus nicht aufhalten, sie reifen weiter. Und auch in diesem Sommer hat Severin wieder einen Sauerkirschen-Desserwein hergestellt, der zunächst im Fass reifte und dann unter dem Namen "Lady in Red" abgefüllt wurde. Im Juni wurden die "Amorella"-Fässer mit Whisky befüllt.

Und noch zwei ganz besondere Fässer hat Severin im Juni befüllt: "Whisky dirty". Hier hat Severin ein ganz besonderes Experiment gewagt und seinen Whisky nicht ganz so "rein" ins Fass gebracht, wie man es von deutschen Brennereien klassischerweise gewohnt ist, sondern die Grenzen des Middle Cut verschoben.

Drei Jahre werden wir uns jetzt gedulden müssen. Dann werden wir endlich wissen, wie der Whisky aus dem Amorella-Fass geworden ist - und ob deutscher Whisky auch ruhig etwas dreckig sein darf.

Foto: MargareteMarie


Foto: MargareteMarie
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