Blended Whisky - Teil 3: Deutschland, USA, Kanada

Sind Blends wirklich so schlecht wie ihr Ruf? Und was genau ist eigendlich ein Blend? Teil 3 unserer Rundreise durch die internationale Welt der Blends führt uns nach Deutschland, in die USA und nach Canada.





3. Deutschland

In Deutschland herrschen beim Whisky derzeit noch Zustände wie im Wilden Westen. Grundsätzlich gilt die Europäische Spirituosenverordnung, aber darüber hinaus gibt es keine Verbindlichkeiten, und jeder kann im Grunde genommen machen, was er will. Entsprechend ist die Bezeichnung "Deutscher Whisky" im EU-Recht weder geschützt noch definiert. Etwas strenger sind die Regeln im Verband der Deutschen Whisky-Brenner, aber eine Pflicht zur Mitgliedschaft besteht für die Whisky-Produzenten und Abfüller nicht. 

Ein wichtiger Unterschied zu Schottland ist die Tatsache, dass in Deutschland viele Brennereien mit verschiedenen Getreidearten arbeiten, und auch gemälztes sowie ungemälztes Getreide innerhalb einer Brennerei verwendet und auf den gleichen Brennblasen gebrannt wird. Neben gemälzter Gerste wird beispielsweise auch gemälzter Roggen eingesetzt.

Ebenso gibt es keine verbindliche Vorgabe, ob die Getreidesorten wie in den USA vor dem Maischen gemischt werden oder erst nach dem Destillieren oder ob wie in Kanada sortenrein destilliert und gereift werden sollte und die Mischung dann erst am Ende der Fassreifung erfolgt.

Beim Deutschen Whisky ist derzeit (fast) alles möglich. Das macht die Situation einerseits spannend, andererseits aber auch beliebig und für den Verbraucher ziemlich unübersichtlich.

Oft wird Deutscher Whisky als Einzelfass abgefüllt, aufwendige Blending-Arbeit leisten sich nur die wenigsten.

Single Malt: existiert offiziell nicht als Kategorie in Deutschland und ist auch nicht genau definiert, wird aber als Begriff auf dem Etikett sehr gerne benutzt. Doch hier ist Vorsicht geboten: in Deutschland kann Single Malt durchaus eine ganz andere Zusammensetzung haben als in Schottland. Auch Produkte aus gemälztem Roggen oder anderen gemälzten Getreidesorten können in Deutschland als Single Malt bezeichnet werden. Mischungen von verschiedenem Getreide sind ebenfalls möglich, solange es gemälzt wurde. Ob ein Single Malt Whisky sortenrein gebrannt werden muss und welche Getreidesorten gemischt werden können, ist ebenso wenig definiert wie der Prozentanteil von gemälztem und ungemälztem Getreide an der Gesamtmischung.

Blended Whisky: das Mischen von Grain Whisky und Malt Whisky, wie es in Schottland praktiziert wird, kommt in Deutschland bisher so gut wie nicht vor. Deshalb existiert Blended Malt als Kategorie offiziell nicht in Deutschland, und steht auch so gut wie nie auf dem Etikett. Gemischt wird dennoch, und das nicht zu knapp - aber ganz anders als in Schottland.

Da viele Brennereien sowohl mit gemälztem als auch mit ungemälztem Getreide arbeiten, könnte man bei einer nachträglichen Mischung auch von einem Single Blend reden. Anders als in Schottland wird in Deutschland jedoch oft schon bei der Maische gemischt. Ähnlich dem irischen Pot Still Whiskey fügt so manche deutsche Brennerei ihrem Malz beispielsweise noch eine Portion Hafer bei. Solche Mischungen sind zulässig, auch wenn es bisher keinen einheitlichen Begriff dafür gibt und die Mischung auf dem Etikett nicht immer ausgewiesen wird. Neben Gerste, Roggen und Hafer sind in Deutschland auch andere Sorten wie beispielsweise Emmer oder Mais zulässig. Da es keine eindeutigen Kategorien gibt, sind der Phantasie beim Mischen keine Grenzen gesetzt.

Eine Mischung von verschiedenen Whiskys aus unterschiedlichen Brennereien ist in Deutschland ebenfalls erlaubt, wird aber bisher kaum gemacht. Kai Hoffmann ist meines Wissens nach bisher der erste und einzige deutsche Whisky Blender mit eigenem, größeren Fassbestand und eigenem Lagerhaus, bei den Iren auch Whisky-Bonder genannt. Da Deutschland keine Tradition des Whisky Blendens hat, dürfen Whiskys aus unterschiedlichen gemälzten und nicht gemälzten Getreidesorten  nach Lust und Laune verschnitten werden, ein besonderer Begriff oder eigene Kategorien existieren dafür nicht.

Nicht jeder deutsche Whisky-Produzent oder Abfüller brennt seinen Whisky auch selbst. Ausländische Whiskys dürfen mit deutschem Whisky verschnitten werden, wenn der Whisky in Deutschland gelagert und weiter gereift wird. Offiziell handelt es sich dann noch immer um deutschen Whisky. Auch ein kleines Finish kann einem schottischen oder belgischen Whisky in einen deutschen Whisky verwandeln. Maßgeblich ist der Ort des letzten Arbeitsschritts - wenn ein Whisky in Deutschland ein Finish erhält, wird er automatisch zum deutschen Whisky, egal, in welchem Land er zuvor destilliert wurde. Die Bezeichnung "Deutscher Whisky" kann, muss aber nicht auf dem Etikett angegeben werden. 

Zucker oder andere Komponenten bzw. Aromen dürfen nicht zugesetzt werden, Zuckercouleur zum Färben von Whisky ist in Deutschland laut Europäischer Spirituosenverordnung zulässig, wenngleich die meisten deutschen Whisky-Produzenten auf Zuckercouleur verzichten.

Brennblase der Lübbehusen Distillery

Fasswahl:

Auch bei der Fasswahl gibt es (fast) keine Grenzen. Während in Schottland weiterhin Fässer nicht erlaubt sind, die zuvor Produkte aus Steinobst enthielten, dürfen in Deutschland solche Fässer zum Einsatz kommen. Beim Holz muss es sich auch nicht um Eiche handeln. Derzeit wird unter anderem solche exotischen Fässern wie Kirschwein-, Akazien- und Kastanien-Fässern experimentiert, was in Schottland nicht zulässig ist. Selbst Kaffee-infundierte Fässer kamen schon zum Einsatz. Theoretisch könnte ein Deutscher Whisky auch in einem Heringsfass gereift werden, vorausgesetzt, das Amt für Lebensmittelüberwachung hat keine Einwände.

Meist werden die Fässer sortenrein als Einzelfässer oder als Small Batch abgefüllt, nur die wenigsten Brennereien sind bisher in der Lage, eine Standard-Abfüllung anzubieten, der regelmäßig aus verschiedenen Fässern geblended wird. Die Nine Springs Distillery bietet derzeit einen Single Malt als Standard-Abfüllung an, die aus drei verschiedenen Fass-Arten komponiert wird und die man hausintern als "Cuvée" bezeichnet.

Trend:

Seit einigen Jahren befindet sich deutscher Whisky im Aufwärtstrend. Allmählich sehen wir die Früchte der Arbeit, die vor fünf, acht oder zehn Jahren begonnen wurde. Doch wo die Reise hingehen wird, ist derzeit schwer zu sagen. Ob es der Branche in Deutschland gelingt, Profil zu entwickeln und sich gegen die zunehmende Konkurrenz der Craft-Distilleries aus Irland, Skandinavien und Australien zu behaupten, wird man sehen müssen. Die Entwicklung von unabhängigen Abfüllungen steckt derzeit noch in den Kinderschuhen. 

Bestrebungen, dass deutscher Whisky auch international an Bedeutung gewinnt, sind derzeit kaum zu sehen. Die meisten deutschen Whisky-Produzenten kommen über eine regionale Bedeutung nicht hinaus, und das wird sich auch in den kommenden Jahren so schnell nicht ändern. 

Anzeichen, dass man in Deutschland versucht, eine geschützte Prämium-Kategorie für Deutschen Whisky zu entwickeln, gibt es kaum. Das verleiht dem deutschen Whisky oft den Anschein der Beliebigkeit. 

Die Usurpation und eigenwillige Interpretation des Begriffs "Single Malt" ist den Schotten allerdings übel aufgestoßen. Ab 25. Mai 2021 darf innerhalb der EU der Begriff des Single Malt nur noch für Whisky aus gemälzter Gerste verwendet werden. 


4. USA

Etwas komplizierter und abweichend von den schottischen Regularien stellt sich die Situation in den USA dar. In den USA bedeutet ein "Blended Whiskey", dass der Whisky bis zu 80% Neutral-Alkohol oder anderen Whiskey enthalten darf, während die restlichen 20% (oder mehr) ein Straight Whiskey sein müssen.

Amerikanischer Blended Whiskey ist wahrscheinlich genau die Kategorie, die für den schlechten Ruf verantwortlich ist, der dem Blended Whisky anhaftet. Die gesetzlichen Vorgaben sind extrem locker, Zusätze von Zuckercouleur und geschmacksbildenden Komponenten sind erlaubt, eine Altersvorschrift gibt es nicht. Lediglich für den Anteil an "Staight Bourbon" gelten strengere Regeln. Das macht "Blended Whiskey" in den USA zur preiswerter Bückware, die keinen allzu großen Aroma-Genuss verspricht, und deshalb oft durch Zusatzstoffe aufgepeppt wird.

Doch es gibt auch bessere Blends: Bei einem Blended Bourbon Whiskey beträgt die Mischung mindestens 51% straight Bourbon, der Rest besteht aus Neutral-Alkohol oder anderem Whiskey. Auch hier gibt es für letztere gibt es keine strengen gesetzlichen Vorgaben (siehe Blended Whiskey). Bei den etwas besseren Vertretern der Kategorie wird jedoch oft angegeben, woraus die Mischung besteht. Beispiele sind der Ten High sowie der Kentucky Gentleman von Sazerac. Bis 2009 war der Ten High ein "Straight Bourbon", doch inzwischen hat man ihn zum "Blended Bourbon" herabgestuft, er enthält vermutlich 51% Neutralalkohol. Auch der Kentucky Gentleman entspricht dieser Kategorie. Der Neutralalkohol wird auf dem Etikett als "Destillat aus feinstem Getreide" beschrieben.

Und es geht noch komplizierter: Bei der Marke Old Elk handelt es sich um einen hochwertigen Blended Straight Bourbon Whiskey,  der sich von "Straight Bourbon" nur dadruch unterscheidet, dass der enthaltene Straight Bourbon Whiskey aus verschiedenen Bundesstaaten stammt. Entwickelt wurde die Rezeptur von Greg Meze, dem ehemaligen Master Distiller von MGP, aus deren Destillerie auch ein Großteil der 3 bis 8 Jahre alten Mischung stammt. Der Whisky enthält angeblich 51% Corn, 34% gemälzte Gerste und 15% Roggen. Die Verwendung von Farb- und Aroma-Stoffen sowie anderen Mischmaterialien ist in dieser Kategorie ebenfalls erlaubt, laut Brennerei hat man jedoch auf  Zusatzstoffe verzichtet.



Ein absolut kurioser Blend von hochwertiger Qualität  ist der Outryder Whisky aus Wyoming. Er enthält zwei verschiedene Whiskys  - einmal mit überwiegend Mais, einmal mit überwiegend Rye. Da der Rye-Anteil jedoch nur 48% betrug, passte der Whisky in keine der vorhandenen Kategorien und wurde schließlich als "American Straight Whisky" klassifiziert.

Auch Blended Rye Whiskey gibt es. Hier beträgt die Mischung mindestens 51% straight Rye, der Rest besteht aus Neutral-Alkohol oder anderem Whiskey. Die Schwierigkeit liegt hier in dem Wort "oder". Ein Beispiel für einen hochwertigen Blended Rye Whiskey ist der Woodford Reserve Blended Rye. Er besteht zu 69% aus 11 Jahre altem Kentucky Straight Rye und zu 31% aus fünf Jahre altem Whiskey, der aus einer Roggenmaische destilliert wurde.

Eine besondere Mischung brachte vor kurzem High West mit seinem "Bourye" auf den Markt: Er bestand aus 10 bis 14 Jahre alten Bourbon und Rye Whiskies aus der MGP Brennerei in Indiana.

Einige amerikanische Whiskey-Produzenten kaufen ihr Destillat auch in anderen Ländern ein. Die Templeton Brennerei war vor geraumer Zeit in die Schlagzeilen geraten, weil sie ihren Rye-Whiskey als "made in Iowa" deklarierte, während er tatsächlich aus Kanada stammte. Templeton hat zur Rechtfertigung angeführt, dass "Templeton Rye ... ein einzigartiges Produkt [ist], das aus mehreren Zutaten besteht, die in Templeton, Iowa, kombiniert werden." Bei den Konsumenten kam die Geschichte allerdings nicht besonders gut an, viele Kunden fühlten sich hinter das Licht geführt. Die Rye Whiskeys von Whistlepig oder Masterson's stammen ebenfalls aus dem nödlichen Nachbar-Land.

Anders als in Schottland gibt es in den USA  keine Vorschrift, welches Mindestalter der Whisky haben muss, der in einem Blended Whiskey enthalten ist. Zusätze von Zuckercouleur und geschmacksbildenden Komponenten sind erlaubt.

Trend:

Amerikanischer Whiskey befindet sich im Aufwind, vor allem im höherpreisigen Segment. Genau deshalb sollte man hier ganz genau auf die Bezeichnungen achten: Nur bei den Bezeichnungen "100% Straight Bourbon" und "100% Straight Rye" hat man als Verbraucher eine gewisse Garantie, was Inhaltsstoffe und Alter anbelangt. Noch besser ist die seltenere Kategorie "Bottled in Bond". Ob man sich für einen der neueren, höherpreisigen Blended Whiskeys aus den USA entscheidet, ist letztlich eine Sache des Vertrauens. Schmecken kann man die Qualtität nicht immer, denn in den USA sind Short-Cuts und geschmacksbildende Zusatzstoffe im Blend keine Seltenheit.

5. Kanada

Während wir bei amerikanischem Whiskey eher an Bourbon denken und bei schottischem Whisky an Single Malt, wird kanadischer Whisky meist mit Blends in Verbindung gebracht. Dabei weicht die Methode in Kanada deutlich von den Methoden in den USA oder Schottland ab.

In Kanada werden die Getreidesorten nicht vor dem Maischen gemischt, sondern sie werden sortenrein gemaischt, fermentiert, destilliert und gelagert. Erst danach folgt das Blenden, wobei sich dem Master Blender unendlich viele Möglichkeiten bieten, um verschiedene Aromen-Profile zu erreichen. Der Vorteil dieser Methode gegenüber der festgelegten Mash-Bill in amerikanischen Brennereien ist die große Flexibilität und die Möglichkeit, recht schnell aus den unterschiedlichen Whiskys einen neuen Blend entwickeln zu können. Entsprechend bestehen kanadische Blends oft aus einer Vielzahl von verschiedenen Einzelwhiskys aus unterschiedlichen Getreidesorten. Kanadische Blends sind deutlich besser als ihr Ruf.



Ebenso wie in Schottland muss Kanadischer Whisky mindestens drei Jahre gereift sein. Oft sind die Abfüllungen viel älter, wie beispielsweise J.P.Wiser’s 18, dessen Einzel-Komponenten alle nicht jünger als 18 Jahre sein dürfen. Anders als in den USA darf in kanadischen Blends auch kein Neutral-Alkohol verwendet werden. Der Whisky kann einfach, zweifach oder dreifach destilliert werden, und erreicht meist einen hohen Alkoholgehalt, was ihn leichter macht. Kanadische Whiskys gelten entsprechend im Vergleich mit Bourbon eher als Leichtgewichte. Immer noch wenig bekannt bei uns sind kanadische Rye Whiskys, die zu den besten der Welt gehören und den Weg nach Deutschland meist nur über den Umweg von US-amerikanischen Abfüllern finden.

Trend:

Kanadischer Whisky leidet besonders unter dem schlechten Image von Blended Whisky. Völlig zu Unrecht. Die Kunden vom Gegenteil zu überzeugen wird durch den derzeitigen Single-Malt-Hype auch in Zukunft schwierig bleiben.


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