Der Thumper Keg hat viele Namen. Manchmal heißt er Doubler, manchmal Bubbler, manchmal Retort, und manchmal hat er gar keinen Namen. Er kann aus Holz oder Kupfer bestehen, er hat viele Gesichter, und gehört zu den am wenigsten verstandenen Teilen einer Brennanlage. Und doch hat der Doubler innerhalb von nur drei Jahrzehnten die Brennanlagen dieser Welt verändert. In fünf langen Posts haben wir versucht, uns dem Doubler anzunähern. Jetzt ist es Zeit für eine Schlußbetrachtung. Was also macht den Doubler so besonders?
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Bild 59: Double Bubbler bei Renegade Distillery (Photo Kirsch Import) |
Ich hoffe, ihr habt genau so viel Spaß wie ich gehabt bei unserer kleinen Reise durch die Zeit und um die Welt, immer auf den Spuren des Doublers bzw. des Thumper Keg.
Dabei konnten wir eine wichtige Erkenntnis gewinnen:
Der Doubler hat sich in Europa anders entwickelt als in Amerika oder in Rußland. Um zu verstehen, warum das so ist, schauen wir uns zum Abschluß noch einmal ganz genau an, wie ein Doubler - oder Thumper Keg oder Retort - funktioniert:
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Bild 60: Schematische Darstellung der Rektifikation und Dephlegmation (Abb. aus Stammer, 1895) |
Betrachten wir dazu noch einmal obige Zeichnung (Bild 60). Bei Beginn der Destillation entwickeln sich in der Brennblase (A) alkoholhaltige Dämpfe, die nach (B) strömen, wo sie sofort verdichten und flüssig werden, da der Behälter (B) kalt ist. Über ein Verbindungsrohr fließt die Flüssigkeit wieder in die Blase zurück. Gleichzeitig erwärmt sich Behälter (B) durch den Dampf, so dass der nachströmende Dampf nicht mehr sofort vollständig verflüssigt, sondern nur teilweise und eine partielle und sich häufig wiederholende Verdichtung (Kondensation) stattfindet.
Wird der Rückfluss in die Blase nicht gewünscht, kann man den Hahn an der Zuleitung abdrehen, dann bleibt die kondensierte Flüssigkeit im Behälter (B) bzw. (C), und wird dort erneut erhitzt.
Die Folge ist eine Verstärkung des Alkoholgehaltes, denn die Wassermoleküle kondensieren früher als die Alkoholmoleküle. Ist der Dampf heiß genug, steigt er auch in Behälter (C), und dort beginnt das Spiel erneut. Wenn der Dampf endlich in der Kühlschlange ankommt, hat sich sein Alkoholgehalt deutlich erhöht, da die nicht-alkoholischen Teile des Dampfes häufiger auf den Gefäßboden zurück fallen und wieder in die Brennblase zurückgeleitet werden oder am Boden der Gefäße (B) und (C) verbleiben.
Was so einfach ausschaut, ist in Wirklichkeit ein komplexes System aus Erhitzen und Abkühlen, Kondensation und Verdampfung - mit partieller Verdichtung, Reflux (Rückfluss), Rektifikation und Dephlegmation (teilweise Kondensation). Dabei macht man sich zunutze, dass Alkohol schon ab 78°C mit der Verdampfung beginnt, Wasser jedoch erst bei höheren Temperaturen.
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Bild 61: Destillations-Säule, Lonicer, 1573 |
Schon die frühen Alchemisten und Apotheker haben versucht, über einen vermehrten Rückfluss den Alkoholgehalt zu steigern. Ein interessantes Beispiel ist diese "Destillations-Säule" von 1573 aus dem Buch von Lonicer (Bild 61).
Doch erst, als Eduard Adam 1801 das Prinzip der "Woulfeschen Flasche" auf die Brennanlagen zur Gewinnung von destilliertem Trinkalkohol übertrug, ist Bewegung in die Sache gekommen. Innerhalb von nur 3 Jahrzehnten nach seiner Entdeckung haben sich die Brennblasen so rasant verändert, dass die Geschichte des Alkohols eine Revolution erlebte.
In den europäischen Industrie-Nationen ist die Entwicklung anders verlaufen als in Amerika.
1. Europa:
In Europa hat sich die Entwicklung von Brennapparaten nach 1801 förmlich überschlagen. Die industrielle Revolution war in vollem Gange, überall wurden Dampfmaschinen und neue Apparate entwicklung, und immer mehr Menschen waren technisch bestens ausgebildet. Nachdem das Prinzip der partiellen Verdichtung erst einmal verstanden war, veränderte sich die Form der Behälter zusehens.
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Bild 62: Brennanlage mit Doubler und Pistarius-Becken der Firma Shears, 1830 |
Bei manchen Brennapparaten aus jener Zeit kann man die ursprüngliche Herkunft als "Doubler" noch erkennen, wie etwa bei der seltsamen Zwitterkonstruktion aus Pot-Still, Doubler und Pistorius-Becken, die von der Londoner Firma James Shears & Sons entwickelt wurde (Bild 62).
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Bild 63: Brennanlage mit Dephlegmator anstelle des "normalen" Doublers. |
Mitunter trieb die Entwicklung auch seltsame Blüten, wie die folgenden Abbildungen zeigen:
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Bild 64: Brennanlage mit Rektifikations- und Dephlegmationsvorrichtungen (Abb. aus Chemische Grundlagen..., 1841) |
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Bild 65: gleiche Brennanlage wie Bild 64, im Querschnitt |
Der eigentliche "Doubler", wie er noch von Adam angewandt wurde, verlor zusehens seine Form, spezielle Rektifikations-Säulen und Dephlegmatoren kamen an seine Stelle, in denen die partielle Trennung von Alkohol und Wasser immer wieder stattfinden konnte, so lange, bis am Ende das gewonnene Destilllat hochprozentig und rein war.
Die Entwicklung vom Doubler zur Säule und zum Dephlegmator-Aufsatz verlief so rasant, dass man für den Doubler nicht mal einen Namen fand.
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Bild 66: Menardscher Brennapparat |
Es dauerte nicht lange, und die Geräte gingen immer weiter in die Höhe, mit immer mehr Reflux-Möglichkeiten und einer kontinuierlichen Destillation. 1813 wurde die Säule erfunden, und am Prinzip hat sich bis heute kaum etwas verändert.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Geräte hocheffizient, die Ausbeute war exzellent, die Mengen, die man destillieren konnte, waren gigantisch. Schnaps wurde billig, und das Geschäft lief. Was auf der Strecke blieb, war das Aroma.
Zeitgleich zu den immer effizienter werdenden Säulenanlagen stiegen die Probleme des Alkoholismus und die Anzahl der Anti-Alkohol-Aktivisten.
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Bild 67: kleine Säulenanlage mit Glockenböden |
2. Amerika und Rußland:
In Amerika, Polen und Rußland verlief die Entwicklung anders. In den ländlichen Regionen der Agrar-Nationen, an der Siedlungsgrenze der amerikanischen Pioniere, in den Bergwäldern der Appalachen und auf den Sklaven-Plantagen der Karibik mangelte es entweder an hoch qualifizierten Technikern, oder an Kapital, oder manchmal auch an beidem.
Hier war der Doubler höchst willkommen, denn das Grundprinzip war denkbar einfach, und ohne komplizierte Maschinenbaukenntnisse auch mit einfachen Mitteln umzusetzen. Das Prinzip der Dampfdestillation war in den Brennereien an der Ostküste und in der Karibik ohnehin längst bekannt.
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Bild 68: einfache Variante einer Adamschen Brennanlage |
Kupfer war knapp, und ein Doubler ließ sich problemlos aus einem einfachen Holzfass herstellen. Der Doubler wurde das Lieblingskind der amerikanischen und karibischen Brennereien. Sie liebten ihn so sehr, dass sie ihm auch Kose-Namen gaben. Während er in Europa ungeliebt und ohne Namen blieb, hieß er in Amerika Thumper, Doubler oder Bubbler.
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Bild 69: Double Bubbler |
Während der Doubler in Europa in komplizierten Reflux-Säulen und Dephlegmator-Becken seine ursprüngliche Form verlor, ist er in Amerika einen anderen Weg gegangen und hat sich zu einem charakteristischen Merkmal amerikanischer und karibischer Brennblasen entwickelt.
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Bild 70: Moonshiner, 1939 (Abb. Texas History) |
Er ist der Dinosaurier unter den Brennanlagen, dessen Zuhause die bescheidenen Hütten der polnischen Landarbeiter, die Blockhütten der Schwarzbrenner in den Appalachen und die krisengebeutelten Brennereien in der Karibik war.
Er stammt aus einem anderen Zeitalter und hat auf wundersame Weise den Untergang seiner Artgenossen in Europa überlebt.
Zum Abschluss die "Gretchenfrage":
Stellen wir zum Abschluss all unserer Betrachtungen endlich die Gretchenfrage:
Welche Auswirkungen hat der Doubler auf den Geschmack? Ist ein Rum aus einem Double-Bubbler aromatischer als ein solcher aus einer Reflux-Säule oder einem Dephlegmator-Becken? Ist ein zwei- oder dreifach destillierter Whiskey aus einer Pot Still aromatischer als ein Whiskey aus einer Einmal-Destillation im Thumper Keg? Das Urteil darüber überlasse ich euch, und ich freue mich schon auf eure Antworten.
Ich denke, es wird höchste Zeit, dass wir den Thumper Keg endlich kennenlernen.
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Bild 71: Moonshiner in Texas mit Thumper Keg, 1939 (Abb. Texas History) |
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