Von der Ente zum Schwan: Loch Lomond Event und Tasting-Notes

Noch vor wenigen Jahren hätte man mit einem reinen Loch Lomond Tasting bestenfalls ein müdes Lächeln geerntet. Inzwischen hat sich viel verändert, und seit der Neu-Aufstellung des Kern-Portfolios im vergangenen Jahr avanciert das einstige Aschenputtel unter den Brennereien zunehmend zum heißen Geheimtipp. Brand Ambassador Sebastian Büssing hat mich bei einem Loch Lomond Event mit einem beeindruckenden Line-Up und viel Fachkenntnis begeistert.



Fleißige Blog-Leser haben sicher bemerkt, dass es in diesem Sommer bei mir im Blog etwas still gewesen ist, was nicht etwa daran lag, dass ich plötzlich die Lust am Schreiben oder am Whisky verloren hätte. Ich hatte einfach keine Zeit gefunden.

Da ich in der Zwischenzeit aber nicht untätig war, hat sich bei mir inzwischen eine kleiner "Informations-Stau" gebildet. Einige Events, an denen ich teilnehmen konnte, waren so toll, dass ich euch unbedingt noch davon erzählen will, auch wenn ich jetzt nicht super aktuell bin. 

Aber ich bin ja keine Tageszeitung, und manche Dinge sind es wert, dass sie auch mit Verspätung erzählt werden. 


Ein Event, über das ich euch gerne berichten will, ist das Loch-Lomond Tasting mit Sebastian Büssing, das vor ein paar Wochen im Gasthof Rhönblick in der Whisky-Bar bei Stefan stattgefunden hat.  

Lecker Fish 'n' Chips mit mashed peas

Loch Lomond

Die unterschiedliche Abfüllungen, die Loch Lomond in der Vergangenheit auf den Markt gebracht hat, verwirren mich immer noch. Wenn ihr auf Namen wie Inchmurrin, Croftengea, Glen Douglas, Inchmoan, Craiglodge oder Inchfad stoßen solltet und nicht wisst, was damit gemeint ist - das sind alles Abfüllungen der Loch Lomond Brennerei.

Inzwischen hat man bei Loch Lomond aber angefangen, das Portfolio etwas griffiger zu gestalten, und 
im Jahre 2019 hat man die Core-Range neu gestaltet und vereinheitlicht. 

Die unterschiedlichen Varianten werden inzwischen alle unter dem Namen "Loch Lomond" herausgebracht, die Varianten-Bezeichnungen Inchmurrin, Inchmoan etc. werden nur noch dezent auf dem Etikett vermerkt. 

Portfolio

Das Kern-Portfolio ist beachtlich umfangreich und besteht aus Loch Lomond Classic, Original, 10, 12, 14, 18, 21, und 30. Dazu kommen noch Loch Lomond Inchmurrin 12 und Loch Lomond Inchmoan 12. Außerdem gibt es noch einen Single Grain, sowohl unpeated als auch peated. 

Zu den bekannteren Blended Whiskys der Loch Lomond Group gehören High Baron, High Commissioner, Clansman und Glengarry. Von letztgenanntem gibt es auch Single Malt Varianten.

Brennblasen

Ich bin großer Fan von Brennblasen, und da hat Loch Lomond einiges zu bieten. Deshalb habe ich ein paar Fotos von der Website von Loch Lomond hier eingebaut, damit ihr euch ein Bild von diesen Schönheiten machen könnt.

Wie uns Sebastian erzählte, wurde die Brennerei 1965 gegründet, um die damalige - und inzwischen geschlossene - Littlemill Distillery zu entlasten. 

Aus diesem Grund wurden die Brennblasen bei Loch Lomond den Brennblasen von Littlemill nachempfunden. Und deshalb schmeckt der Whisky von diesen Straight-Neck-Stills (Inchmurrin) auch ein bißchen wie Littlemill. Die insgesamt sechs sogenannten "Straight-Neck-Stills" haben eine ganz besondere und einmalige Form, die besonders fruchtige Whiskys hervorbringen (Reflux 80%). 


Straight Neck Brennblase Loch Lomond Distillery. Bild Website Loch Lomond Group.


1998 wurden zudem auch zwei klassische Swan-Neck-Brennblasen installiert (Reflux 20%). Außerdem verfügt die Brennerei über eine sogenannte Coffey-Still und zwei Column Stills für die Herstellung von Grain Whisky. 


Brennblase bei Littlemill. Bild Website Littlemill-Loch Lomond Group.


Insgesamt verfügt die Loch Lomond Distillery also über 11 Brennblasen und vier unterschiedliche Arten von Brennblasen, was eine große Bandbreite an verschiedenen Abfüllungen ermöglicht. Weitere Infos findet ihr auf der Website: Loch Lomond Distillery


Swan Neck Brennblase Loch Lomond Distillery. Bild Website Loch Lomond Group
 

Der Mittellauf liegt meist zwischen 90% und 70% bei den Straight Neck Stills, und wird dann auf 68% verdünnt. 

Die Maische-Zeit ist mit 120 Stunden ungewöhnlich lang, und man erreicht dadurch quasi eine "Zweitfermentation". Man arbeitet gerne mit Chardonnay- und Sauvignon-Hefen.

Eine Übersicht, welcher Whisky auf welcher Brennblase gebrannt wurde, gibt die folgende Grafik:



Fass-Management:

Gereift wird fast ausschließlich in Ex-Bourbon-Fässern, vor allem von Woodford Reserve und Heaven Hill, aber auch Fässer von anderne Brennereien wie etwa Jack Daniels sind dabei. Die Abfüllungen bestehen meist aus einem Mix von First Fill, Refill und Rejuvenated Fässern.

Und dann ging es endlich los mit dem Tasting. 

Tasting-Notes:

Den Anfang machte der Single Grain von Loch Lomond, der etwas aus dem Rahmen fällt und uns alle überrascht hat. Der Single Grain wird aus 100% Malted Barley hergestellt, da er aber auf den Column Stills gebrannt wird, darf er sich nicht "Single Malt Whisky" nennen. Früher hat man das in Schottland auch nicht so genau genommen, aber seit 2009 muss ein Single Malt auch auf Pot Stills gebrannt sein. 

Würden wir diese Regel auch in Deutschland anwenden, hätte so mancher Produzent von deutschem  "Single Malt Whisky" ein kleines Problem. 


1. Loch Lomond Single Grain, 100% gemälzte Gerste, Column-Still Destillation, 40%

Aroma: Birne, Vanille, Honig, Mandelgebäck
Geschmack: mild und malzig, mit etwas Birnenschale und Grapefruit, leicht alkoholisch, aber dennoch sehr süffig
Nachklang: angenehm mild, mittellang

Gesamteindruck: Der hat uns positiv überrascht, prima Whisky für Einsteiger, zum Mixen im Highball und eine schöne Entlastung für den kleinen Geldbeutel.



2. Loch Lomond 12, neues Design,  Inchmurrin, "fruity and sweet", 46%

Wird auf der Pot Still mit dem geraden Hals, also der Straight-Neck-Still gebrannt und hieß früher Inchmurrin, was übersetzt soviel wie "grasige Insel" bedeutet. Ist quasi die Kopie des Little Mill Whiskys.

Aroma: der erste Eindruck bringt viel Süße, mit Aromen von Birne, Kaugummi und Zuckermelone. Darunter mischen sich auch mineralische und grasige Noten. 
Geschmack: ölig, mit Grapefuit, Ingwer, Tabak und Kerzenwachs. Mittleres Mundgefühl.
Nachklang: mittelland, leicht pfeffrig und wachsig.

Gesamteindruck: Trotz der schönen Fruchtnoten dominiert die mineralische Seite. Das macht ihn spannend. Einer von jenen Whiskys, an die man sich erst gewöhnen muss und die dann von Glas zu Glas besser werden. Bei einem derzeitigen Preis von ca. 35 Euro unbedingt einen Versuch wert.




3. Loch Lonond 14 "Fruit & Cinnamon", 46%

12monatiges Finish in 2nd-Fill Limousin-Fässern, und 6 Monate Finish in Virgin Oak Fässern aus Limousin Eiche, destilliert in Straight-Neck-Stills

Aroma: weinig und würzig, mit Zimtstange, Nelken, braunem Zucker, Birne, Minze und süßem Mandelgebäck von der Firma "Colombine" (kennt ihr sicher alle, gibt es bei A... oder L...)
Geschmack: würzig, mit Nelken und Anis und einer sanften Holznote, leicht trocken.
Nachklang: mittellang, mit leichtem Hang zum Holz

Gesamteindruck: die Nachreifung in französischen Fässern bringt eine warme Note ins Spiel, die man von Loch Lomond gar nicht erwarten würde. Sehr gelungener Balance-Akt zwischen modernem Finish und old-School-Loch-Lomond. Mit ca. 45 € sehr gutes PVL



4. Loch Lomond Original, 40% 

3-5 Jahre, 15% Rauchmalz, destilliert in Straight-Neck und Swan-Neck Pot Stills

Aroma: Heidekraut, Grapefruit und Johannisbeeren. Dazu kommt heißer Tee und süße Vanille. Leicht alkoholisch.
Geschmack: jetzt macht sich das Rauchmalz angenehm dezent bemerkbar, gefolgt von Tabak und Malz. Das Rauchmalz lässt ihn nussig wirken.
Nachklang: eher kurz

Gesamteindruck: gar nicht mal schlecht für das junge Alter. Ausgewogen und mit mehr Komplexität als man auf dem Einsteiger-Niveau erwarten würde. Bei dem Preis (ca. 20 €) gibt es nix zu meckern. 


5. Loch Lomond 12 (rot)

12% Rauchmalz, destilliert in Straight-Neck und Swan-Neck Pot Stills

Aroma: Haselnuss, süße Früchte, reife Birne, Zitrusnoten, aber auch Bleistiftspitzer, Rosmarin und nasse Pappe. Schöne Mischung aus süßen und mineralischen Tönen.
Geschmack: ölig und wachsig, volles Mundgefühl. Tabak und Schokolade. Das Rauchmalz merk man kaum, gibt dem Whisky aber Schmiss.
Nachklang: mittellang, warm

Gesamteindruck: Old School. Weniger grasig als der Inchmurrin 12. Der macht richtig Spaß, erst recht, wenn man auf das Preisetikett schaut (Ca. 35 €) 




6. Loch Lomond 18 "Fruit and Spice", 46%

12% Rauchmalz, 

Aroma: gewachstes Leder, nasses Papier, süße Karamellbonbons, Grapefruit, Stachelbeeren und Salzwasser
Geschmack: würzig, nussig, leicht ölig, kräftiges Mundgefühl, mit einem leicht salzigen, medizinischen Anklang
Nachklang: mittellang, warm und leicht trocken

Gesamteindruck: sehr schön ausbalanciert und komplex. Der niedrige Preis von 65€ verblüfft.



7. Loch Lomond 21, 46%

Destilliert in Straight-Neck Pot Stills, drei verschiedene Arten: 70% unpeated, 20% getorftes Malz 20 ppm, 10% getorftes Malz 50ppm. Ohne Farbzusatz, nicht kühlfiltriert

Aroma: Lemon Curd mit Puderzucker, englische Marmelade, Orange, viel Frucht, aber auch florale Noten und Mandelgebäck.
Geschmack: überraschend elegant und ausgewogen, fruchtig und süß, am Ende Rauch, Tabak und Erde.
Nachklang: lang und warm, leicht trocken

Gesamteindruck: ein großartiger, komplexer Whisky mit einem eigenen Charakter. Mit 150 Euro nicht ganz billig, aber man kann ja mittlerweile schon froh sein, wenn ein Whisky in dieser Altersklasse noch erschwinglich ist.


8. Loch Lomond 20 Open Course Collection Royal St. George, 50.2%

Zum Abschluss gab es dann noch einen Dram aus Stefans Beständen, der einem englischen Golf-Turnier gewidmet ist und eine Sonderedition für England war. Sinnigerweise bekam er deshalb ein Finish in Fässern aus englischer Eiche. 

Aroma: Apfel, Nelken, Ingwer, süße Eukalyptusbonbons, Tannenzapfen, Karamell, Bittermandel und Sauna-Aufguß.
Geschmack: volles Mundgefühl, cremig, saftig, malzig, wachsig, und am Ende auch die Eiche
Nachklang: trocken und lang

Gesamteindruck: Ein toller Tropfen. Die paar Prozent mehr Alkohol tun ihm gut.



9. Inchmoan 12 schwarz, 46%

Am Schluss gab es dann noch den Inchmoan 12, destilliert in Straight-Neck und Swan-Neck Pot Stills, stark getorft. Aber der ist irgendwie nicht so mein Ding, deshalb gibt es auch keine Tasting Notes. 




Fazit: Wir haben alle einen tollen Abend gehabt, was zum einen an Sebastian lag, zum anderen an der Qualität der Whiskys. Aus der häßlichen Ente, die Loch Lomond früher mal war, ist inzwischen ein richtig schöner Schwan geworden. Wer derzeit noch auf der Suche nach einem Geheimtip ist, sollte sich mal bei Loch Lomond umschauen.

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