Whisky und Terroir - der Glaubenskrieg geht in die zweite Runde.
Das Thema Terroir wird seit einigen Monaten extrem kontrovers diskutiert. Viele eingefleischte Fans von schottischem Whisky stehen dem Terroir-Konzept sehr ablehnend gegenüber, und auch die schottische Whisky-Branche findet keinen Gefallen an den neuen Ideen der irischen Waterford Distillery. Jetzt liegt eine wissenschaftliche Studie zum Thema Terroir vor, in der die Auswirkungen von Terroir auf den Geschmack des Whiskys bei Waterford analysiert werden. Ändern wird die Studie dennoch nichts.
Getreidelieferungen werden bei Waterford streng nach Farm getrennt. |
Dass das Terroir auch bei Spirituosen einen Einfluss auf den Geschmack des fertigen Produkts hat, ist schon lange erwiesen. Man muss nur seine Blicke über den Tellerrand schweifen lassen und nach Cognac und Armagnac Ausschau halten.
Frankreich:
Genau wie Whisky wird auch Armagnac nach der Destillation über einen längeren Zeitraum in Eichefässern gelagert.
Das Anbaugebiet für Weintrauben, die zur Armagnac-Produktion genutzt werden, ist genau definiert. Es umfasst ca. 15.000 Hektar und wird in drei Bereiche unterteilt, anhand derer die Lage der Weinberge bezeichnet wird: im Zentrum das Bas-Armagnac, im Außenbereich das Haut-Armagnac, und dazwischen das Armagnac-Ténarèze.
Die Franzosen haben nicht den geringsten Zweifel: der beste Armagnac kommt aus der Bas-Armagnac. Denn dort herrschen für die benötigten Trauben die besten Bedingungen. Der Einfluss des Terroirs auf den Geschmack der Trauben und somit auch auf die Spirituose, die am Ende entsteht, ist ein entscheidendes Kriterium. Einen Armagnac mit Trauben aus dem Languedoc zu produzieren, wäre in Frankreich undenkbar.
Terroir - die Regionen des Armagnac. Quelle K&L Wine |
Schottland:
In Schottland hat man noch nie genug Gerste gehabt, um den weltweiten Durst nach Whisky stillen zu können. Getreideimporte für die Brennereien waren schon vor über 200 Jahren in Schottland üblich - auch auf der Insel Islay wurde Gerste aus anderen Regionen schon vor 1800 immer dazu gekauft oder heimlich geschmuggelt. Besonders beliebt bei den Schotten war traditionell Gerste aus Irland und aus dem Baltikum.
Für die Schotten - und auch für die Amerikaner - ist Whisky ein nahezu ubiquitäres Produkt, man kann ihn weltweit produzieren, und es ist vollkommen egal, wo das Getreide wächst.
Gerste wird in vielen Ländern der Welt angebaut. Wo eingekauft wird, hängt nicht zuletzt auch vom Weltmarkt-Preis ab.
Die großen Gerste-Produzenten der Welt. Quelle: atlasbig |
Geschmacksunterschiede, die durch Terroir oder Lagerbedingungen entstehen, werden dann von den Master-Blendern im Blending-Lab nivelliert und neu zusammengemischt.
Während in Frankreich das Terroir in einem Wein oder in einer Spirituose glänzen soll, setzen die Schotten traditionell auf die hohe Kunst der Master Blender. Wer braucht schon Terroir, wenn die Gerste aus Riga kommt und der Whisky aus den Highlands und Islands dann doch in den riesigen Warehouses der Lowlands gelagert wird.
Irland:
In Irland sieht die Situation etwas anders aus. Hier sind in den letzten Jahren viele neue und auch kleinere Farm-Brennereien entstanden, die durchaus ihren Bedarf an Gerste im eigenen Land oder sogar auf der eigenen Farm decken können. Für diese Brennereien ist der Terroir-Gedanke durchaus ein reizvolle Angelegenheit. Sie könnten tatsächlich Single Estate Whiskey produzieren und das Terroir in ihrem Abfüllungen reflektieren.
Ob man das Terroir-Konzept anwenden möchte, oder ob man lieber das Konzept des Aroma-Blendens zur Produktion eines standardisierten Geschmacks anwendet, ist folglich keine Frage der Fakten, sondern eine Frage der Ideologie.
Wie die schottischen (und amerikanischen) Master Blender diese Frage beantworten werden, liegt eigentlich auf der Hand. Wer seine Rohstoffe auf dem Weltmarkt einkaufen muss, der kann mit Terroir wenig anfangen. Die Studie von Waterford wird daran nur wenig ändern. Doch spannend sind die Ergebnisse und Erkenntnisse allemal.
Hier findet ihr den Text der Studie:
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