Wolfburn. Interview mit einem Brennerei-Besitzer.
Ende Januar 2013 wurden bei Wolfburn zum ersten Mal die Brennblasen angefeuert. Seither gab es immer wieder Kostproben des New Make, denn das Interesse an dieser neuen Brennerei an der nördlichen Küste war von Anfang an groß. Seit ein paar Tagen ist Schottlands derzeit jüngster Single Malt endlich erhältlich.
In Frankfurt hatte ich das große Vergnügen, mich mit dem Besitzer von Wolfburn über die aufregende Zeit der Gründungsphase, über die Arbeit in der Brennerei und natürlich auch über seinen Whisky zu unterhalten.
Ein bißchen nervös war ich schon, als mir Dietmar Schulz von Alba Import in Aussicht stellte, dass ich mit Harry Tayler ein Interview führen könne. Ich meine, wann trifft man denn schon mal einen schottischen Brennereibesitzer. Von denen gibt es nämlich gar nicht mehr so viele, vielleicht gerade mal ein Dutzend. Weltweit. Small Batch, sozusagen. Very small Batch. Nur wenige schottische Brennereien befinden sich noch in Privatbesitz, die meisten gehören heute großen Konzernen.
Doch als ich Harry Tayler kennenlernte, war ich sehr beeindruckt. Der Unternehmer aus Südafrika versteht es, Freunde zu gewinnen und Menschen zu überzeugen. Ich habe ihn als einen sehr sympathischen, uneitlen und offenen Menschen erlebt, der bei aller Freundlichkeit genau weiß, was er will. Doch ich will euch hier nicht von Harry vorschwärmen, sondern von seiner Brennerei erzählen, die er zusammen mit seinem alten Freund und Armee-Gefährten Andrew Thompson von vier Jahren aus dem Boden gestampft hat. Und natürlich über seinen Whisky reden. Über Wolfburn.
Hier unser Interview (übersetzt):
MM: Harry, du bist kein Schotte?
HT: Nein.
MM: Und du hast auch nie in Schottland gelebt.
HT: Nein.
MM: Du lebst heute in Kapstadt.
HT: Korrekt.
MM: Wie kommt ein Engländer aus Kapstadt dazu, in Schottland eine Brennerei zu bauen?
HT: Ich war schon immer ein großer Freund von schottischem Whisky. Und die zweite Hälfte unseres Unternehmens, Andrew Thompson, ist Schotte, er kommt aus Wick. Das liegt ungefähr 30 km südlich von Thurso, wo sich unsere Brennerei befindet. Sein Elternhaus stand sprichwörtlich im Schatten der Old Pulteney Brennerei. In seinen Adern fließt kein Blut, sondern Whisky. Und er kannte natürlich die alte Wolfburn Brennerei oder vielmehr ihre Ruinen oben an der Nordküste. Er hatte die Idee mit der Brennerei, und ich hatte diese Liebe zum Whisky, und zusammen ergab das die Basis für unsere Geschäftsidee.
Das war 2011, und wir verbrachten den größten Teil von 2011 damit, eine Durchführbarkeitsstudie zu erstellen und zu überlegen, was wir denn alles brauchen würden: das Land, die Gebäude, die Ausrüstung, die Finanzierung, das Geschäftsmodell - alles. Ende 2011 war es dann endlich so weit, und wir hatten grünes Licht. 2012 war ein sehr hektisches Jahr, wir mussten das Gelände kaufen, die Baugenehmigung bekommen, die Brennblasen bei Forsyths bestellen und Shane Fraser als Manager gewinnen.
MM: Harry, du selbst bist aber kein Brenner.
HT: Ich verstehe den Ablauf vollkommen, aber ich bin kein Experte darin. Shane ist unser Master Distiller, er blickt auf 25 Jahre Berufserfahrung zurück. Er war vorher 7 Jahre lang Production Manager bei Glenfarclas, und es war für ihn eine riesige Motivation, seinen eigenen Whisky erschaffen zu können. Ein Whisky, der sein eigenes Geschmacksprofil trägt und seine Unterschrift auf der Flasche. Deshalb ist er zu uns gekommen.
Für Shane war die Arbeit bei Glenfarclas sehr spannend, aber gleichzeitig auch sehr enttäuschend. Denn er hat dort eine fertige Brennerei übernommen. Das Geschmacksprofil stand dort schon fest und ist sozusagen in Stein gemeißelt. Er konnte dort nichts ändern, es war nicht seins. Wolfburn ist Shanes Baby, seine eigene Kreation, nicht meine, und er entscheidet über alle Schritte im Arbeitsprozess, darüber, wie gemahlen wird, wie gemaischt wird, über die Temperaturen und jeden erdenklichen Aspekt. Dass unser Whisky so gut angenommen wird, ist sein Verdienst, nicht meiner.
MM: Lass uns mal über die Brennblasen reden. Was waren denn die Kriterien für die Gestaltung der Stills? Von der alten Wolfburn Brennerei war ja nichts mehr erhalten.
HT: Wir haben die Stills bei Forsyths anfertigen lassen, in Rothes. Es gab sozusagen zwei Zutaten: zunächst einmal wollten wir uns bei der Planung der neuen Brennerei so getreu an die alte Wolfburn Brennerei anlehnen wie nur irgendwie möglich. Der erste wichtige Schritt war die Größe. Wir wissen aus den alten Steuerunterlagen aus den 1820er Jahren, wieviel Wolfburn früher im Laufe eines Jahres produziert hat. Auf dieser Basis konnten wir die Kapazität berechnen und die notwendige Größe der Brennblasen.
Der zweite Punkt war die Form der Brennblasen. Wir hatten schon ungefähr eine Vorstellung davon, dass wir einen langsamen, sanften Destillationsprozess wollten, und auf dieser Basis haben wir die Brennblasen entwickelt. Sie sind einmalig. Die Feinbrandblase (Spirit Still) hat zudem eine spezielle Ausbuchtung, die "boil-bowl", um den Kontakt mit Kupfer zu erhöhen. Die Brennblasen sind ziemlich hoch. Wenn du die Brennerei besichtigst, wirst du sehen, dass der Lyne Arm, der "Schwanenhals" der Brennblase, gerade mal einen halben Meter vom Dach der Brennerei entfernt ist. Auch das trägt bei zu einer sanften Destillation weil nicht so viel vom Destillat gleichzeitig durch den Lyn Arm fließen kann.
Grob gesagt, liegt unsere Destillations-Zeit etwas über 4 Stunden, was sehr langsam ist. Wir wollen, dass das Destillat sehr mild und rein wird, weil wir ihn schon recht jung auf den Markt bringen wollen, mit drei, vier, fünf Jahren. Wir wollen natürlich, dass das Eichenholz seine Arbeit leistet und dem Whisky Farbe und Geschmack verleiht, aber wir wollen nicht, dass das Fass erst mal die ganzen Unreinheiten des Destillats herausfiltern muss. Deshalb ist das Destillat schon sehr rein, wenn es erstellt wird. Das war die Idee, die hinter der Gestaltung unserer Brennblasen steckt.
MM: Wie habt ihr euch für den Rest der Ausstattung entschieden?
HT: Das Hauptkriterium war: Technologie. Wir wollten eine Brennerei, die so effizient wie möglich arbeiten kann. Deshalb sind unsere Gärtanks aus Edelstahl. Wir haben ein geschlossenes Kondensationssystem. Der Bach, der unser Wasser liefert, ist nicht groß genug zum Kühlen, also benutzen wir einen geschlossenen Kühlkreislauf. Wir wollten auch in der Lage sein, den Herstellungsprozess zu 100% kontrollieren zu können, also haben wir versucht, unbekannte Variablen auszuschließen. Deshalb haben wir uns für Maischebottiche aus Edelstahl entschieden, und nicht aus Holz. Mit Maischebottichen aus Holz hast du immer Probleme bei der Heferegulierung, und Mikroben, die in die Würze gelangen. Sie sind schwieriger sauber zu halten, weil Holz nicht so steril ist wie Edelstahl.
Wir wissen, dass unser Ausgangspunkt bei der Fermentierung immer der gleiche ist, weil unsere Würze in sterilen Behältern fermentiert. Die Verarbeitung bei Wolfburn ist nicht automatisiert, es ist alles noch Handarbeit. Aber von einem verfahrenstechnischen Blickwinkel gesehen, wollten wir die Brennerei so gestalten, dass die Prozesse einfach und problemlos zu kontrollieren sind.
Wir haben deshalb die Brennerei sozusagen rückwärts entwickelt. Wir haben nicht mit dem Gebäude angefangen und dann geschaut, was wohin passt, sondern wir haben erst die Anlage entwickelt und dabei darauf geachtet, dass sie so effizient wie möglich ist. Und dann haben wir das Gebäude drumherum geplant. Deshalb ist die Brennerei sehr groß und offen. Sie ist wahrscheinlich zweimal so hoch wie sie eigentlich sein müsste. Aber es ist ein Raum zum Arbeiten. Es ist unglaublich einfach für die Mannschaft, beispielsweise von der Getreidemühle und der Maische zu den Gärtanks und den Brennblasen zu gelangen.
MM: Woher bezieht ihr eurer Malz?
HT: Wir mälzen nicht selbst. Das ist der einzige Teil der Produktion, den wir nicht selbst durchführen. Wir beziehen unser Malz aus verschiedenen Quellen. Der größte Teil kommt aus Schottland, aus dem Gebiet der Black Isle, in der Nähe von Inverness. Aber Malt ist ein natürliches Produkt, und immer abhängig von der Ernte. In manchen Jahren gibt es in der einen Region mehr Malz, in anderen Jahren in einer anderen Region. Wir versuchen immer, die beste Qualität bezüglich des Zuckergehalts zu bekommen, damit unsere Ausbeute über 400 Liter Alkohol pro Tonne beträgt. Wir erreichen im Durchschnitt 415 Liter, und liegen immer über 410 Litern. Für eine kleine Brennerei, die nicht rund um die Uhr produziert, ist das ein sehr guter Wert. Wenn man nicht permanent fermentiert, dann kühlen die Behälter ab und die Ausbeute leidet darunter. Wir liegen trotzdem immer weit über 400, das liegt daran, dass einerseits die Qualität der Arbeitsprozesse sehr hoch ist, andererseits aber auch unsere Rohstoffe eine sehr gute Qualität haben.
MM: Wie hat sich euer Destillat entwickelt und wodurch zeichnet es sich aus?
HT: Da wir von Anfang an wussten, dass wir einen jungen Whisky verkaufen werden, wollten wir ein Produkt erschaffen, das sich trotz seines geringen Alters genussvoll trinken lässt. Also nichts rauhes, keine Provokation, sondern einen süßen, weichen Whisky. Um das zu erreichen, haben wir von anfang an mit einer langen Fermentation gearbeitet. Unsere Fermentation läuft ungefähr 90 Stunden. Nach ungefähr 48-50 Stunden hat die Hefe ihre Arbeit erledigt und Zucker in Alkohol umgewandelt. Aber die Hefe ist immer noch aktiv und sorgt für weitere Aromen. Wenn man die Hefe lange sitzen lässt, ist das zwar kein besonders effizienter Weg, um Whisky zu machen, weil sich der Alkoholgehalt nicht mehr steigert, aber der Geschmack verbessert sich, der Whisky wird fruchtiger und malziger.
Wir destillieren die Würze in ziemlich hohen Brennblasen über eine sehr lange Zeit, bei niedriger Temperatur. Wir haben also eine sanfte Destillation, was bedeutet, dass unser Destillat einen hohen Kupferkontakt hat. Alle schwefeligen Anteile oder sonstige Unreinheiten werden durch den Destillationsprozess herausgezogen. Das Endprodukt dieser beiden Faktoren, einer langen Fermentation und einer langsamen Destillation ist ein sehr milder New Make. Man könnte ihn schon direkt aus der Brennblase trinken.
Wir füllen den größten Teil in kleine Fässer, wir benutzten viele Quarter Casks, also etwa 120 Liter, weil das Destillat in diesen Fässern durch den größeren Holzkontakt schneller reift. Ein Whisky-Journalist hat neulich gesagt, dass unser drei Jahre alter Whisky wie ein 5jähriger schmeckt. Er wirkt viel älter als er tatsächlich ist.
Was die Entwicklung anbelangt - Shane hat den Geschmack festgelegt und es direkt beim ersten Mal voll getroffen. Wir mussten den Prozess nicht einmal ändern, er ist seit drei Jahren exakt der gleiche. Als wir am ersten Brenntag unser Ergebnis probierten, war Shane überaus glücklich mit dem Ergebnis. Ich habe noch nie ein so breites Grinsen gesehen wie das von Shane in dem Augenblick als ihm klar wurde, dass dies genau der New Spirit war, den er immer machen wollte.
Unser Whisky ist wunderbar gereift und wir bekommen viele positive Rückmeldungen von Leuten, die ihn probieren. Unser Whisky gefällt. Und das finde ich fantastisch. Denn wir machen Whisky, damit die Leute Spaß haben. So lange wir mit unserem Whisky ein Lächeln auf die Gesichter der Menschen zaubern können, wissen wir, dass wir alles richtig machen.
MM: Welche Pläne habt ihr für die Zukunft?
HT: 2016 werden wir 22% der Produktion abfüllen, die wir 2013 gemacht haben. Die restlichen 78% werden wir zurücklegen und weiter reifen lassen. Mal abwarten, wie er sich entwickelt. Wir planen derzeit eine 5 oder 6 Jahre alte Standard-Version, aber mit der Zeit werden wir bestimmt auch 8 oder 10 Jahre alten Whisky haben. Es ist eine Frage der Geduld.
Etwa 75% unserer Produktion reift in Ex-Bourbon Quarter Casks oder Standard Barrels. Die übrigen 25% lagern in Sherry-Fässern. Dabei handelt es sich zumeist um 500 Liter Sherry Butts, und durch die Größe der Gefäße reift der Whisky viel langsamer. Ich vermute, dass wir unsere ersten Sherry-Abfüllungen erst in 10 Jahren auf den Markt bringen werden. Time will tell - wir werden sehen.
MM: Harry, vielen Dank für dieses Gespräch.
In Frankfurt hatte ich das große Vergnügen, mich mit dem Besitzer von Wolfburn über die aufregende Zeit der Gründungsphase, über die Arbeit in der Brennerei und natürlich auch über seinen Whisky zu unterhalten.
Brennereibesitzer Harry Tayler. Foto: MargareteMarie |
Ein bißchen nervös war ich schon, als mir Dietmar Schulz von Alba Import in Aussicht stellte, dass ich mit Harry Tayler ein Interview führen könne. Ich meine, wann trifft man denn schon mal einen schottischen Brennereibesitzer. Von denen gibt es nämlich gar nicht mehr so viele, vielleicht gerade mal ein Dutzend. Weltweit. Small Batch, sozusagen. Very small Batch. Nur wenige schottische Brennereien befinden sich noch in Privatbesitz, die meisten gehören heute großen Konzernen.
Doch als ich Harry Tayler kennenlernte, war ich sehr beeindruckt. Der Unternehmer aus Südafrika versteht es, Freunde zu gewinnen und Menschen zu überzeugen. Ich habe ihn als einen sehr sympathischen, uneitlen und offenen Menschen erlebt, der bei aller Freundlichkeit genau weiß, was er will. Doch ich will euch hier nicht von Harry vorschwärmen, sondern von seiner Brennerei erzählen, die er zusammen mit seinem alten Freund und Armee-Gefährten Andrew Thompson von vier Jahren aus dem Boden gestampft hat. Und natürlich über seinen Whisky reden. Über Wolfburn.
Hier unser Interview (übersetzt):
MM: Harry, du bist kein Schotte?
HT: Nein.
MM: Und du hast auch nie in Schottland gelebt.
HT: Nein.
MM: Du lebst heute in Kapstadt.
HT: Korrekt.
MM: Wie kommt ein Engländer aus Kapstadt dazu, in Schottland eine Brennerei zu bauen?
HT: Ich war schon immer ein großer Freund von schottischem Whisky. Und die zweite Hälfte unseres Unternehmens, Andrew Thompson, ist Schotte, er kommt aus Wick. Das liegt ungefähr 30 km südlich von Thurso, wo sich unsere Brennerei befindet. Sein Elternhaus stand sprichwörtlich im Schatten der Old Pulteney Brennerei. In seinen Adern fließt kein Blut, sondern Whisky. Und er kannte natürlich die alte Wolfburn Brennerei oder vielmehr ihre Ruinen oben an der Nordküste. Er hatte die Idee mit der Brennerei, und ich hatte diese Liebe zum Whisky, und zusammen ergab das die Basis für unsere Geschäftsidee.
Das war 2011, und wir verbrachten den größten Teil von 2011 damit, eine Durchführbarkeitsstudie zu erstellen und zu überlegen, was wir denn alles brauchen würden: das Land, die Gebäude, die Ausrüstung, die Finanzierung, das Geschäftsmodell - alles. Ende 2011 war es dann endlich so weit, und wir hatten grünes Licht. 2012 war ein sehr hektisches Jahr, wir mussten das Gelände kaufen, die Baugenehmigung bekommen, die Brennblasen bei Forsyths bestellen und Shane Fraser als Manager gewinnen.
Wolfburn. Foto: Brennerei |
MM: Harry, du selbst bist aber kein Brenner.
HT: Ich verstehe den Ablauf vollkommen, aber ich bin kein Experte darin. Shane ist unser Master Distiller, er blickt auf 25 Jahre Berufserfahrung zurück. Er war vorher 7 Jahre lang Production Manager bei Glenfarclas, und es war für ihn eine riesige Motivation, seinen eigenen Whisky erschaffen zu können. Ein Whisky, der sein eigenes Geschmacksprofil trägt und seine Unterschrift auf der Flasche. Deshalb ist er zu uns gekommen.
Für Shane war die Arbeit bei Glenfarclas sehr spannend, aber gleichzeitig auch sehr enttäuschend. Denn er hat dort eine fertige Brennerei übernommen. Das Geschmacksprofil stand dort schon fest und ist sozusagen in Stein gemeißelt. Er konnte dort nichts ändern, es war nicht seins. Wolfburn ist Shanes Baby, seine eigene Kreation, nicht meine, und er entscheidet über alle Schritte im Arbeitsprozess, darüber, wie gemahlen wird, wie gemaischt wird, über die Temperaturen und jeden erdenklichen Aspekt. Dass unser Whisky so gut angenommen wird, ist sein Verdienst, nicht meiner.
Wolfburn. Foto: Brennerei |
MM: Lass uns mal über die Brennblasen reden. Was waren denn die Kriterien für die Gestaltung der Stills? Von der alten Wolfburn Brennerei war ja nichts mehr erhalten.
HT: Wir haben die Stills bei Forsyths anfertigen lassen, in Rothes. Es gab sozusagen zwei Zutaten: zunächst einmal wollten wir uns bei der Planung der neuen Brennerei so getreu an die alte Wolfburn Brennerei anlehnen wie nur irgendwie möglich. Der erste wichtige Schritt war die Größe. Wir wissen aus den alten Steuerunterlagen aus den 1820er Jahren, wieviel Wolfburn früher im Laufe eines Jahres produziert hat. Auf dieser Basis konnten wir die Kapazität berechnen und die notwendige Größe der Brennblasen.
Der zweite Punkt war die Form der Brennblasen. Wir hatten schon ungefähr eine Vorstellung davon, dass wir einen langsamen, sanften Destillationsprozess wollten, und auf dieser Basis haben wir die Brennblasen entwickelt. Sie sind einmalig. Die Feinbrandblase (Spirit Still) hat zudem eine spezielle Ausbuchtung, die "boil-bowl", um den Kontakt mit Kupfer zu erhöhen. Die Brennblasen sind ziemlich hoch. Wenn du die Brennerei besichtigst, wirst du sehen, dass der Lyne Arm, der "Schwanenhals" der Brennblase, gerade mal einen halben Meter vom Dach der Brennerei entfernt ist. Auch das trägt bei zu einer sanften Destillation weil nicht so viel vom Destillat gleichzeitig durch den Lyn Arm fließen kann.
Grob gesagt, liegt unsere Destillations-Zeit etwas über 4 Stunden, was sehr langsam ist. Wir wollen, dass das Destillat sehr mild und rein wird, weil wir ihn schon recht jung auf den Markt bringen wollen, mit drei, vier, fünf Jahren. Wir wollen natürlich, dass das Eichenholz seine Arbeit leistet und dem Whisky Farbe und Geschmack verleiht, aber wir wollen nicht, dass das Fass erst mal die ganzen Unreinheiten des Destillats herausfiltern muss. Deshalb ist das Destillat schon sehr rein, wenn es erstellt wird. Das war die Idee, die hinter der Gestaltung unserer Brennblasen steckt.
Wolfburn. Foto: Brennerei |
MM: Wie habt ihr euch für den Rest der Ausstattung entschieden?
HT: Das Hauptkriterium war: Technologie. Wir wollten eine Brennerei, die so effizient wie möglich arbeiten kann. Deshalb sind unsere Gärtanks aus Edelstahl. Wir haben ein geschlossenes Kondensationssystem. Der Bach, der unser Wasser liefert, ist nicht groß genug zum Kühlen, also benutzen wir einen geschlossenen Kühlkreislauf. Wir wollten auch in der Lage sein, den Herstellungsprozess zu 100% kontrollieren zu können, also haben wir versucht, unbekannte Variablen auszuschließen. Deshalb haben wir uns für Maischebottiche aus Edelstahl entschieden, und nicht aus Holz. Mit Maischebottichen aus Holz hast du immer Probleme bei der Heferegulierung, und Mikroben, die in die Würze gelangen. Sie sind schwieriger sauber zu halten, weil Holz nicht so steril ist wie Edelstahl.
Wir wissen, dass unser Ausgangspunkt bei der Fermentierung immer der gleiche ist, weil unsere Würze in sterilen Behältern fermentiert. Die Verarbeitung bei Wolfburn ist nicht automatisiert, es ist alles noch Handarbeit. Aber von einem verfahrenstechnischen Blickwinkel gesehen, wollten wir die Brennerei so gestalten, dass die Prozesse einfach und problemlos zu kontrollieren sind.
Wir haben deshalb die Brennerei sozusagen rückwärts entwickelt. Wir haben nicht mit dem Gebäude angefangen und dann geschaut, was wohin passt, sondern wir haben erst die Anlage entwickelt und dabei darauf geachtet, dass sie so effizient wie möglich ist. Und dann haben wir das Gebäude drumherum geplant. Deshalb ist die Brennerei sehr groß und offen. Sie ist wahrscheinlich zweimal so hoch wie sie eigentlich sein müsste. Aber es ist ein Raum zum Arbeiten. Es ist unglaublich einfach für die Mannschaft, beispielsweise von der Getreidemühle und der Maische zu den Gärtanks und den Brennblasen zu gelangen.
Wolfburn. Foto: Brennerei |
MM: Woher bezieht ihr eurer Malz?
HT: Wir mälzen nicht selbst. Das ist der einzige Teil der Produktion, den wir nicht selbst durchführen. Wir beziehen unser Malz aus verschiedenen Quellen. Der größte Teil kommt aus Schottland, aus dem Gebiet der Black Isle, in der Nähe von Inverness. Aber Malt ist ein natürliches Produkt, und immer abhängig von der Ernte. In manchen Jahren gibt es in der einen Region mehr Malz, in anderen Jahren in einer anderen Region. Wir versuchen immer, die beste Qualität bezüglich des Zuckergehalts zu bekommen, damit unsere Ausbeute über 400 Liter Alkohol pro Tonne beträgt. Wir erreichen im Durchschnitt 415 Liter, und liegen immer über 410 Litern. Für eine kleine Brennerei, die nicht rund um die Uhr produziert, ist das ein sehr guter Wert. Wenn man nicht permanent fermentiert, dann kühlen die Behälter ab und die Ausbeute leidet darunter. Wir liegen trotzdem immer weit über 400, das liegt daran, dass einerseits die Qualität der Arbeitsprozesse sehr hoch ist, andererseits aber auch unsere Rohstoffe eine sehr gute Qualität haben.
Wolfburn. Foto: Brennerei |
MM: Wie hat sich euer Destillat entwickelt und wodurch zeichnet es sich aus?
HT: Da wir von Anfang an wussten, dass wir einen jungen Whisky verkaufen werden, wollten wir ein Produkt erschaffen, das sich trotz seines geringen Alters genussvoll trinken lässt. Also nichts rauhes, keine Provokation, sondern einen süßen, weichen Whisky. Um das zu erreichen, haben wir von anfang an mit einer langen Fermentation gearbeitet. Unsere Fermentation läuft ungefähr 90 Stunden. Nach ungefähr 48-50 Stunden hat die Hefe ihre Arbeit erledigt und Zucker in Alkohol umgewandelt. Aber die Hefe ist immer noch aktiv und sorgt für weitere Aromen. Wenn man die Hefe lange sitzen lässt, ist das zwar kein besonders effizienter Weg, um Whisky zu machen, weil sich der Alkoholgehalt nicht mehr steigert, aber der Geschmack verbessert sich, der Whisky wird fruchtiger und malziger.
Wir destillieren die Würze in ziemlich hohen Brennblasen über eine sehr lange Zeit, bei niedriger Temperatur. Wir haben also eine sanfte Destillation, was bedeutet, dass unser Destillat einen hohen Kupferkontakt hat. Alle schwefeligen Anteile oder sonstige Unreinheiten werden durch den Destillationsprozess herausgezogen. Das Endprodukt dieser beiden Faktoren, einer langen Fermentation und einer langsamen Destillation ist ein sehr milder New Make. Man könnte ihn schon direkt aus der Brennblase trinken.
Wir füllen den größten Teil in kleine Fässer, wir benutzten viele Quarter Casks, also etwa 120 Liter, weil das Destillat in diesen Fässern durch den größeren Holzkontakt schneller reift. Ein Whisky-Journalist hat neulich gesagt, dass unser drei Jahre alter Whisky wie ein 5jähriger schmeckt. Er wirkt viel älter als er tatsächlich ist.
Was die Entwicklung anbelangt - Shane hat den Geschmack festgelegt und es direkt beim ersten Mal voll getroffen. Wir mussten den Prozess nicht einmal ändern, er ist seit drei Jahren exakt der gleiche. Als wir am ersten Brenntag unser Ergebnis probierten, war Shane überaus glücklich mit dem Ergebnis. Ich habe noch nie ein so breites Grinsen gesehen wie das von Shane in dem Augenblick als ihm klar wurde, dass dies genau der New Spirit war, den er immer machen wollte.
Unser Whisky ist wunderbar gereift und wir bekommen viele positive Rückmeldungen von Leuten, die ihn probieren. Unser Whisky gefällt. Und das finde ich fantastisch. Denn wir machen Whisky, damit die Leute Spaß haben. So lange wir mit unserem Whisky ein Lächeln auf die Gesichter der Menschen zaubern können, wissen wir, dass wir alles richtig machen.
Wolfburn. Foto: Brennerei |
MM: Welche Pläne habt ihr für die Zukunft?
HT: 2016 werden wir 22% der Produktion abfüllen, die wir 2013 gemacht haben. Die restlichen 78% werden wir zurücklegen und weiter reifen lassen. Mal abwarten, wie er sich entwickelt. Wir planen derzeit eine 5 oder 6 Jahre alte Standard-Version, aber mit der Zeit werden wir bestimmt auch 8 oder 10 Jahre alten Whisky haben. Es ist eine Frage der Geduld.
Etwa 75% unserer Produktion reift in Ex-Bourbon Quarter Casks oder Standard Barrels. Die übrigen 25% lagern in Sherry-Fässern. Dabei handelt es sich zumeist um 500 Liter Sherry Butts, und durch die Größe der Gefäße reift der Whisky viel langsamer. Ich vermute, dass wir unsere ersten Sherry-Abfüllungen erst in 10 Jahren auf den Markt bringen werden. Time will tell - wir werden sehen.
MM: Harry, vielen Dank für dieses Gespräch.
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