Tasting Notes: Bladnoch Samsara und Adela

Lowland-Whiskys stehen in der Gunst der Whisky-Fans nicht unbedingt an erster Stelle und werden oft übersehen. Die klobigen Flaschen, mit denen die neuen Abfüllungen von Bladnoch um Aufmerksamkeit heischen, werden daran auch nicht viel ändern. Dabei gehört ihr Inhalt für mich zu den Geheimtips in diesem Jahr.

Bladnoch Adela und Samsara.  foto:  MargareteMarie

Die Schließung der Brennerei Bladnoch sorgte 2014 für ziemlich viel Aufregung in der Whisky-Szene. Während überall im Land Brennereien erweitert und neu gegründet wurden, musste Bladnoch Konkurs anmelden. Quelle catastrophe! What a disaster! Familiäre Streitigkeiten und Querelen der Besitzer endeten sehr unschön mit der Zwangsstillegung des Betriebs.

Hintergrund

Dabei hatten wir uns erst wenige Jahre zuvor über die Rettung der Brennerei vor dem endgültigen Aus gefreut. 1993 war Bladnoch stillgelegt worden, und damals war es Raymond Armstrong, der die Destillerie zusammen mit seinem Bruder vor ihrem Untergang rettete. Im Jahr 2000 wurde bei Bladnoch die Produktion wieder aufgenommen, und in den folgenden Jahren haben viele Whisky-Fans der Brennerei immer wieder einen Besuch abgestattet. Raymond war für seine Herzlichkeit bekannt, mit der er die Besucher gerne empfing.

Als Bladnoch 2015 schließlich an den australischen Geschäftsmann David Prior verkauft wurde, brach es vielen der alten Freunde von Bladnoch fast das Herz. Mit der alten Gemütlichkeit war es bei Bladnoch endgültig vorbei.

Inzwischen wurde die Brennerei komplett überholt, bis auf die Getreidemühle wurde fast die gesamte Ausrüstung ausgetauscht. Die beiden alten Brennblasen wurden durch vier neue ersetzt, und vor wenigen Wochen wurde die Produktion wieder aufgenommen. 

Bereits seit Frühjahr sind neue Abfüllungen von Bladnoch auf dem Markt: Samsara, Adele und Talia.  Doch sie haben die Whisky-Szene nicht unbedingt im Sturm erobert. Die Vorbehalte gegen die neuen Besitzer sind groß, und bisher haben weder Marketing noch Vor-Ort-Besuche dazu beigetragen, daran etwas zu ändern.

Wahre Schönheit kommt von Innen

Mit Wehmut denken viele von uns an die alten Abfüllungen zurück, die in einer schlichten Flasche mit einem liebevoll gestalteten Etikett den Charme des Underdogs versprühten. Die kalte Protzigkeit der neuen Flaschen ist gewöhnungsbedürftig, und so richtig wollen die Flaschen mir nicht gefallen. Sie erinnern mich an Filmszenen von langweiligen Herrenclubs, wo alte Männer Zigarren rauchen und die Eiswürfel im Glas klingeln. Und wirklich edel sehen sie leider auch nicht aus. Man merkt dem Design überdeutlich an, in welcher Ecke der Welt das Zielpublikum sitzt. Nein, ich gehöre nicht dazu.

Doch man soll sich nicht vom Äußeren einer Flasche ablenken lassen. Auf den Inhalt kommt es an. Und der hat es tatsächlich in sich. Senken wir also unseren Blick tief ins Glas hinein und schauen uns genauer an, welcher verborgene Schatz da eigentlich so golden schimmert.

Bladnoch Samsara (links) und Adela (rechts). foto:  MargareteMarie

Meine Tasting-Notes:
 

Bladnoch Samsara, ohne Altersangabe, nicht kühlgefiltert, ungefärbt, 46.7%:

Aroma: malzig, mit fruchtiger Süße und minziger Frische strömt mir sogleich ein überreiches Bouquet entgegen. Ich bin total überrascht, das hätte ich nicht erwartet. Puderzucker, Vanille, und üppige Fruchtaromen von Pfirsich, Pflaumen, und Nektarinen verbinden sich zu einem harmonischen Potpourri an Düften. Dazu kommen frische Aromen von Minze und Anis. Die Rotweinfässer haben ganze Arbeit geleistet. Erst die Zugabe von Wasser setzt Zitrusaromen und florale Noten frei.

Geschmack: Gewürzkuchen, Anis, Muskatnuss, Zimt. Sehr cremig, stark aber angenehm, mit leichter Eiche, am Ende trocken und leicht bitter. Der Anteil an jüngeren Whiskys ist wohl recht hoch.

Nachklang: mittellang

Offiziell reifte Samsara in Ex-Bourbon- (first-fill) und ehemaligen kalifornischen First-Fill Rotweinfässern. Genaue Angaben habe ich nicht, ich vermute jedoch, dass es sich Whisky aus Ex-Bourbon-Fässern  handelt, der in Rotweinfässern ein Finish erhielt. Hier war ein Fachmann am Werk, das Endergebnis ist absolut gelungen.

Bladnoch Adela, 15 Jahre, Oloroso Butt, nicht kühlgefiltert, ungefärbt, 46.7%


Aroma: Trockenfrüchte, Rosinen, Pflaumen, geröstete Nüsse, und auch ein bißchen Birne, Leder und dunkle Schokolade. Wunderschöne Karamell-Aromen deuten auf Sherry-Fässer aus amerikanischer Eiche.

Geschmack: bittere Grapefrucht, würzige Noten, Nelken und Muskat. Nur wenig Tannine, überaschend sanft, cremig, aber trotzdem kräftig.

Nachklang: mittellang

Gereift in Ex-Oloroso Sherry Fässern, (amerikanische und spanische Eiche, teilweise first-fill).

Mein Tip:

Lowland Whiskys fehlt die Schwere, die viele Single Malts von den Inseln auszeichnet. Ihre Stärke liegt in der Eleganz und Zartheit, die sie zeigen können, wenn sie gut gemacht sind - und diese neuen Bladnochs sind verdammt gut gemacht. Sie zeigen den Lowlander von seiner besten Seite, mit üppigen Früchten und überraschendem Tiefgang. Sie erinnern mich an alte, wertvolle Teppiche, an denen der unaufmerksame Wanderer auf der Suche nach schrillen Farben achtlos vorbei läuft. Der stille Genießer entdeckt jedoch eine verborgenen Opulenz, die es heute fast nicht mehr gibt. 

Während andere Brennereien durch den Whisky-Hype der letzten drei Jahre ihre Vorräte plündern mussten und Bestandslücken mit viel zu jungen oder zweitklassigen Fässern notdürftig geflickt haben, befand sich Bladnoch in dieser kritischen Phase im Dornröschen-Schlaf und konnte seine Bestände schonen. Die Produktion wurde bereits 2009 eingestellt, für den Samsara konnten folglich nur Whiskys verwendet werden, die mindestens 8 Jahre alt waren.

Als Master Distiller und Master Blender konnte Ian MacMillan gewonnen werden, dessen Karriere-Stationen ihn von Glengoyne nach Port Dundas und Glenturret führten, ehe er bei Burn Stewart Distillers anheuerte. Was Ian aus den (zum Teil gewiss bescheidenen) Fässern bei Bladnoch gezaubert hat, begeistert mich. Hier war tatsächlich ein Meister am Werk.

Ob der Whisky von Bladnoch sein Geld wert ist, muss jeder für sich entscheiden. Doch bei einer jährlichen Produktionsmenge von nur 200.000 Litern, die die Brennerei am Ende hatte, sind die derzeitigen Vorräte sehr begrenzt. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sich das Produktionsloch der letzten 8 Jahre bemerkbar machen wird. Danach wird es sehr lange dauern, bis wir wieder einen vernünftig gereiften Whisky aus der Bladnoch-Destillerie haben werden. Genießt dieses kleine Lowland-Schätzchen, solange es noch da ist.

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