Tasting Notes: Fass-Probe, Glenlossie 20, Finish im Tokaji-Fass, the Refiners, Feingeist

Schottischer Whisky, der in Deutschland ein Finish erhält, ist inzwischen gar nicht mehr so selten. Warum auch nicht? Im schlimmsten Fall geht das Finish daneben, und der Whisky ist unausgewogen. Doch im besten Fall kann man ganz neue und ungewöhnliche Geschmackswelten entdecken. So wie bei der nächsten Abfüllung der "Refiners", die in einem uralten, aber frischen Tokaji-Fass eine seltene Nachreifung erfahren hat.



Gute Finishes sind eine Kunst für sich, und sie können einem guten Whisky durchaus ein weiteres Gesicht geben. Die Whiskys von Glenmorangie fallen mir da beispielsweise ein. Doch was den Schotten recht ist, ist so manchem deutschen Abfüller inzwischen billig. Mit einem Finish kann man auch ein eher durchschnittliches Fass auf ganz neue Höhen heben. Das ist durchaus legal, man darf allerdings nicht mehr das Wörtchen "Scotch" auf dem Label benutzen. Da die Preise für schottischen Whisky seit einigen Jahren in fast abstruse Höhen geschossen sind, haben sich verschiedene deutsche Abfüller mittlerweile zum eigenen Finishing entschlossen, um weiterhin gute, und bezahlbare Whiskys anbieten zu können. 

Ein kleiner Abfüller, der sich der Kunst des Finishings verschrieben hat, sind "The Refiners", die aus dem Feingeist-Team Pat Hock und Marco Müller (seit ein paar Tagen Marco Mack - herzlichen Glückwunsch noch mal an dieser Stelle) bestehen. Von den Refiners habe ich in der Vergangenheit bereits einige Abfüllungen probieren können, (auch noch unter ihrem alten "Feingeist"-Label) und war immer sehr angetan von den Ergebnissen. 

Als mir Marco vor ein paar Tagen ein Blind-Sample geschickt hat, war ich natürlich sehr neugierig.

Was ich dann im Glas hatte, hat meine bisherigen Vorstellungen von Whisky kräftig durcheinander gebracht. War das überhaupt noch Whisky? Eine überbordende, schon fast likörartige Honigsüße einerseits, gepaart mit kräftigen Getreidenoten sowie einem sehr öligen, kräftigen Mundgefühl andererseits haben mich im ersten Moment gewaltig irritiert. Doch je länger er im Glas war, desto spannender wurde er, und hat nach und nach die unterschiedlichen Aromen frei gegeben, so wie es sich für einen guten Whisky gehört. Viele Fruchtaromen, Weihnachtsgebäck, Nougat-Creme und Lakritz kamen nach und nach an die Oberfläche.

Marco hat dann schließlich das Rätsel gelöst: es war seine neue Kreation aus einem Tokaji-Fass, das ich bereits bei meinem letzten Besuch sehen konnte. Ich war damals skeptisch, und hatte mich auch länger mit Marco über Tokaji-Fässer unterhalten. 

Tokaji-Fass-Reifungen sind bisher eher selten, die Schotten wagen sich da nicht wirklich ran. Und  Dr. Bill Lumsden hat vor vielen Jahren in einem Interviews auf die Frage, welches Finish denn mal so richtig in die Hose ging, Tokaji-Fässer genannt. Immerhin, bei Glenmorangie hat man mit der neuesten Abfüllung das Thema noch einmal aufgegriffen, und sich erneut an Tokaji-Fässer gewagt, diesmal wohl mit einem deutlich besseren Erfolg. 

Auch das Sample, das mir Marco geschickt hat, konnte meine Vorbehalte gegenüber Tokaji-Fässern deutlich relativieren. Mit seinem zwanzig Jahre alten Glenlossie mit Tokaji-Fass-Finish ist ihm ein richtig großer Wurf gelungen, und eine absolut ungewöhnliche Kreation. 

Noch ist der Whisky nicht abgefüllt, er darf noch ein Weilchen im Fass bleiben, aber ich bin auf die finale Version schon wahnsinnig gespannt. 

Und hier meine Tasting Notes von diesem ungewöhnlichen Fass-Sample:



Glenlossie 20, Tokaji-Fass-Finish, The Refiners, Fass-Probe, (noch nicht abgefüllt):

Farbe: sattes Goldgelb

Nase: Hoppla - was ist das denn? Eine ungewöhnliche, fast likör-artige Honigsüße empfängt mich, und überwältigt meine Nase sogleich. Dazu kommen kräftige Getreidenoten. Dann gibt er noch weitere Aromen frei - nach und nach kommen Weihnachtsgebäck, Nougatcreme, Lakritze, Äpfel, Pfirsiche, Bananen hinzu. Aber auch eine leicht staubig-trockene Note nach altem Holz. 

Geschmack: sehr ölig, würzig, leicht bitter. Und wieder diese kräftige Getreidenote, die den Whisky auf eine grasig-florale Seite schiebt und in seltsamem Kontrast zu der üppigen Süße steht. Yin und Yang. 

Nachklang: lang, mit einer ganz leichten Trockenheit am Ende.

Fazit: ein sehr ungewöhnlicher Whisky, mit einer komplexen, vielschichtigen Nase, und einem kräftigen, öligen Mundgefühl. Grasig-floral im Unterbau, mit üppigen Obst-Aromen, Weihnachtsgebäck, Nougat und Honig als Obertöne. Kaum Holz und sehr ungewöhnlich. 

Und hier noch die Eckdaten:

Glenlossie, 20 Jahre, Ex-Bourbon-Fass, eingefüllt am 30.08.2020 in ein 32 Jahre altes, frisches Tokaji-Fass, 106 Liter, Fassprobe aus der 7. Woche. 

Ich bin schon sehr gespannt auf die endgültige Abfüllung, denn - wie Marco so schön gesagt hat: "Bei so einem Projekt weiß man nicht, wo die Reise hingeht, weil dir die Vergleiche fehlen". Es scheint, als würde diese Reise in ein aufregendes, bisher unbekanntes Land führen. 





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