Springbank gegen Parliament. Das Dilemma einer ganzen Branche.
Ich kenne den Blog von Ralfi schon seit der Zeit, als er seine Tasting-Videos noch in Glasgow am Küchentisch drehte. Ich habe in den vergangenen Jahren viel von Ralfy gelernt, und ich schätze ihn sehr. Auch seine Besprechung des GlenDronach 21 Parliament hat mir interessante Aspekte gezeigt. Denn Ralfy lenkt den Blick wieder einmal auf den entscheidenden Punkt.
Foto: MargareteMarie |
Der GlenDronach 21 ist ein wunderbarer Whisky. Er ist ein ausgewiesener Publikumsliebling und auch bei meinen Gästen hat die Flasche großen Zuspruch gefunden. Denn der Parliament gehört zu den sogenannten "Sherry-Monstern", nach denen große Nachfrage besteht. Er ist mit 21 Jahren weder jung noch NAS. Und doch hat er mit vielen dieser jüngeren, modernen Whiskys etwas gemeinsam: er wurde "gepimpt". Er wurde am Ende seiner Reifungszeit in first-fill Sherry-Fässer umgefüllt, die ihm ein enormes Aromen-Volumen und eine unglaubliche Sherry-Fülle mitgegeben haben. Jedenfalls, wenn man Ralfy glauben darf. Und genau daran entzündet sich seine Kritik.
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Ganz anders hingegen der Springbank 21 (abgefüllt für The Whisky Chamber). Er riecht wunderbar nach hellem Obst, nach Malz und auch ein bißchen Vanille. Sein Duft ist seidenweich und mild, und sein Geschmack ist erdig, dunkel, wachsig und verrucht. Er ist kein Small-Talker und kein Frauen-Versteher. Er braucht Zeit. Er braucht den stillen Abend, die Muße und die ganze Aufmerksamkeit des Genießers. Er schmeckt wie ein alter Whisky schmecken sollte.
Doch gegen die neuen Aromen-Wunder wie der GlenDronach 21 Parliament hat er kaum eine Chance. Seine Farbe ist zu blass, sein Rauchgehalt ist nur schwach wahrnehmbar, und Sherry hat er gar nicht. Er ist 21 Jahre lang in einem Ex-Bourbon Hogshead gereift, und es war ganz gewiß kein First-fill Fass. Als der New Make bei Springbank ins Fass kam, hat es das Wort "Wood-Management" wahrscheinlich noch gar nicht gegeben. Ein Fass musste sauber sein und dicht. Das hat gereicht. Den Rest erledigte auf magische Weise die Zeit.
Foto: MargareteMarie |
Die beiden Abfüllungen sind beide 21 Jahre alt. Doch zwischen ihnen liegen Welten. Der GlenDronach Parliament verkörpert den modernen Trend. Der Springbank von "The Whisky Chamber" steht für alte Werte. In diesen beiden Flaschen zeigt sich auf anschauliche Weise das derzeitige Dilemma.
Je besser in den Brennereien das Prinzip der Fassreifung verstanden wird, desto kreativer werden die unterschiedlichen Fassarten eingesetzt. Schottischer Whisky ist innovativer geworden. Die modernen Abfüllungen sind variantenreicher, vielfältiger und vollmundiger. Sie sind zugänglicher und ansprechender als früher. Die Kritiker hingegen würden sagen: sie sind aufgeblasen, mehrheitsfähig und langweilig geworden.
Die Brennereien stehen heute alle vor der Frage, welchen Weg sie gehen sollen. Der Geschmack der Kunden wird am Ende entscheiden. Und ich fürchte, Ralfy kämpft eine längst verlorene Schlacht.
Wenn ich Ralfy richtig verstehe, bezweifelt er genau diese Aussage: "Die modernen Abfüllungen sind variantenreicher, vielfältiger und vollmundiger." Und an die schließe ich mich an, wobei mein Augenmerk auf der "Vollmundigkeit" liegt. Wenn das Portfolio von Springbank und Edradour, die ich gleich als Gegenbeispiele ins Feld führen werde, nicht variantenreich und vielfältig ist, dann weiss ich nicht, was die Worte bedeuten sollen. Nun aber konkreter: (a) wird sowas wie Springbank immer eine Nische bleiben, die auch ihre Freunde hat, insofern sehe ich nicht, dass es Verlierer gibt. Dass diese Ausdifferenzierung in "langsame" Whiskys stattfindet, sieht man auch sehr schön z.B. an den aktuellen Craigellachies, die in das Marktsegment "old fashioned" gehen. Primär werden es jedoch die wenigen verbliebenen Unabhängigen sein, die die Fahne des "handwerklichen" Whiskys hochhalten werden. (b) sagt Ralfy immer so schön, dass es beim Whiskytrinken ums Trinken geht und nicht darum, Samples zu verkosten. Und mein Eindruck ist genau der, dass mich zwar so ein Glendronach 21 oder noch deutlicher ein HP 12 zwar beim ersten Schluck packt, es mir aber nicht so geht, wie das bspw. bei einem Springbank und auch Edradour der Fall ist, dass ich am Boden der Flasche ankomme und der Whisky geschmacklich noch immer wächst und spannend bleibt. Bei den erstgenannten ist es genau umgekehrt, mir wird die Flasche irgendwann langweilig. Und ich glaube, dass im Bereich bis 60 €/Flasche in dieser Hinsicht die Unterschiede sehr deutlich sind. Letzter Punkt noch: Wenn Ralfy recht hat, baut Glendrochach mit der Praxis nahe am Betrug. "A Combination of" legt nahe, dass da 21 Jahre in zwei Fasstypen gereift wurde und nicht, dass da Fässer "hintereinander kombiniert" wurden.
AntwortenLöschenIch denke auch, dass die modernen Abfüllungen (und damit meine ich zum größten Teil die Destillerie Bottlings) variantenreicher und vielfältiger geworden sind. Das sagt aber meines Erachtens noch nicht nicht wirklich viel über die grundsätzliche Qualität aus. Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit den aktuellen Originalabfüllungen wäre ich aber eher einer derjenigen, der sie als aufgeblasen und mehrheitsfähig bezeichnen würde. Das schnelle und vor allem Fass-kombinierte Reifen führte meinen Erfahrungen nach eher zu unrunden Whiskys, bei denen man oft vergeblich auf eine Weiterentwicklung in der angebrochenen Flasche und im Glas wartete. Das mit dem Whisky auseinandersetzen, das mit ihm gemeinsam "alt werden", das habe ich gerade bei den Fass-kombinierten Whiskys noch nie erleben können. Vielleicht passt das heute auch nicht mehr optimal in die Zeit, wo alles schnell überzeugen muss, da schon bald die nächste Sonderabfüllung am Start steht. Whisky ist immer seltener als charaktervolles Individuum anzutreffen, sondern eher als Popstar, welcher Abwechslung durch Fasskombinationen vorgaukelt, die eigentliche Abwechslung, die über die Zeit aus dem Fass kommt aber nicht aufkommen lässt. Und das merkt man im Glas definitiv. Modern, innovativ und frisch, ja das ist es. Aber mit dem, wie man Whisky lange kannte hat es immer weniger zu tun.
AntwortenLöschenDie Frage ist doch, ob Ralfy tatsächlich Recht hat. Manches mag dafür sprechen. Sicher sagen kann man das jedoch nicht, weshalb doch Vorsicht angebracht sein sollte, wem man was unterstellt und was man daraus schließt.
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