Whisky-Blogger: Stefan Völkner (Whisky-Journal)
Whisky-Blogs gibt es viele, aber nur wenige schaffen es auf meine regelmäßige Blog-Lese-Liste. Whisky-Journal ist einer davon. Neben den Tasting-Notes lohnt sich hier vor allem ein Blick in die umfangreichen Datenbanken zu den verschiedenen Brennereien. Nicht nur solche wenig bekannten Destillerien wie Moffat oder Mosstowie finden sich hier verzeichnet. Auch über dänische, schwedische oder südafrikanische Brennereien gibt die Seite einen schnellen und aktuellen Überblick. Richtig beeindruckt bin ich aber immer wieder von der Liste seiner eigenen Sammlung. 1.022 Einträge sind derzeit zu sehen. Da kann ich nur sagen: Slainte, Stefan! |
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Name: Stefan Völkner
Beruf: Bauingenieur
Whisky-Fan seit: das war ein schleichender Prozess
Whisky-Blogger seit: Erster Post am 30. August 2011
Blog-Name: Whisky-Journal - von, über und wegen Whisky
MM: Wie und wann hat deine Leidenschaft für Whisky begonnen?
Stefan: Wie vorher schon gesagt, es war ein schleichender Prozess. Den Erstkontakt gab es auf einer Feier Anfang der 90er mit einem Dimple (oder war es Chivas?), der mit Goldfäden 'angereichert' war. Ein Bekannter brachte die Flasche mit: "Ich wollte immer schon mal Gold trinken...". Ja dann, Prost. Keine Ahnung wie das Zeug hieß, ob es geschmeckt hat oder ob es das heute noch gibt. Ein oder zwei Jahre später hatte ich das Vergnügen, bei der Bundeswehr an NAAFI-Bestände dranzukommen. Da gab es ein paar Bourbons auch einen Glenfiddich 12yo, von dem es heute noch Reste gibt und der wahrscheinlich auch nie geleert wird.
Nach ein paar Jahren der Stille um den Whisky wurde mein Interesse 1995 bei einem Studiensemester in Glasgow erstmals richtig geweckt. Das nahegelegene "The Pot Still" in der Hope Street wurde wenigstens einmal die Woche heimgesucht und die Regale wurden rauf und runterprobiert. Naja, das galt jedenfalls für die Drams, die das Studentenbudget zuließ. Zu dieser Zeit gab es auch die ersten Besuche von Destillerien; Glenturret, Glengoyne, Dalwhinnie und Glenfiddich sind die, an die ich mich noch erinnern kann.
Hiernach wurde von mitgebrachten Resten gezehrt. Doch Schottland war fern und das Interesse schlief wieder ein. Es war wohl irgendwann um 2005 oder 2006, als die alte Liebe wieder aufflammte. Warum? Gute Frage, ich habe aber keine Antwort. Irgendwie fanden immer mehr Whiskys den Weg in mein Regal: Lagavulin, Auchentoshan, Bowmore, Macallan, Talisker, Balvenie, Scapa, Oban. Standards ja, aber für den Einsteiger lecker, abwechslungsreich und Lust machend auf mehr. Da ging es wohl wirklich los...
MM: Was hat dich veranlasst, über Whisky zu bloggen?
Stefan: Das waren ganz klar interne "Zwänge". Ich habe immer mehr Whiskys probiert und bei der steigenen Zahl wollte ich auch irgendwann mal notieren, welche Whiskys gut und welche weniger gut schmeckten. Zettelwirtschaft? Nee. Buchführung und das Buch dann immer rumschleppen? Nee. Smartphones waren zu dieser Zeit auch noch nicht in meiner Firma eingeführt. Aber: Ich hatte doch schon seit einiger Zeit einen anderen Blog und wusste wie man halbwegs felherfrai schreibt. Warum also nicht das Schöne mit dem Nützlichen kombinieren und ein Plattform schaffen, die meine Notes beherbergen und andere über Whisky im Allgemeinen und im Speziellen informieren konnte? Jetzt musste ich nur noch herausfinden, wie sich das technisch am Besten machen ließ. Aber das hatten andere vor mir auch schon geschafft.
MM: Was waren bisher die wichtigsten Bausteine in deiner Blogger-Karriere?
Stefan: Keine. Ich verfolge schlichtweg keine Karriere. Ich blogge, weil es mir Spaß macht, weil ich andere gerne mit dem Whisky-Virus anstecken möchte, weil ich gerne Wissen verbreiten und Lust auf mehr machen möchte. Besucherzahlen sind mir relativ egal, genauso wie Google-Rankings. Es freut mich aber immer, wenn Leser konstruktive Kommentare auf meine Blogbeiträge schreiben und wenn ich so mit anderen Leuten, womöglich auch Gleichgesinnten, in Kontakt kommen kann.
MM: Woher beziehst du für deinen Blog die Informationen?
Stefan: Regelmäßig veröffentliche ich meine Verkostungsnotizen. Die Informationen hierzu stehen in meinem Regal. Ansonsten versuche ich wenigstens einmal im Monat, über die unterschiedlichsten Themen ausführlicher zu berichten. Die Informationen kommen bei grundlegenderen Themen zumeist von relevanten Websites von Whiskybrennereien, anderen Blogs oder aus Foren. Für aktuellere Themen und wenn das Internet keine sinnvolle Antwort bietet, spreche ich auch gerne mal mit Beteiligten aus der Branche und frage nach ihrer Meinung der Dinge.
MM: Gibt es ein besonderes positives oder negatives Erlebnis, das du mit Bloggen oder Whisky verbindest?
Stefan: Oh ja, eine wirklich nette Anerkennung gab es bereits ein Jahr nach meinen Bloganfängen, als mich die Redaktion des Magazines "Miroque" für eine Spezialausgabe über Schottland mehrere Seiten über Whisky schreiben ließ.
Das negative Highlight war sicherlich die Diskussion mit einem anerkannten Whiskyhändler über meine Bewertung eines deutschen Whiskys. Ich sah die Abfüllung als geeignet für die Mischung mit Cola an, er hielt diese veröffentlichte Einschätzung für geschäftsschädigend. Der Besitzer der Brennerei sah das wesentlich gelassener. Ich habe daraus für mich gelernt, dass ich mich nicht in meiner Meinung beeinflussen lassen darf, jedoch die fachlichen Hintergründe sehr korrekt formulieren muss.
MM: Hast du besondere Vorlieben beim Whisky-Trinken? Ein besonderes Glas? Ein besonderer Platz oder eine bestimmte Zeit?
Stefan: Ich habe bestimmt Gewohnheiten, aber nicht unbedingt Vorlieben oder Abneigungen. Eine Gewohnheit von ist, dass ich aus einem Tumbler genieße und aus einem Glencairn verkoste. Am häufigsten trinke ich Whisky wohl vor meinem Computer, wo ich meine Notes direkt festhalte oder sonstwie meine beiden Blogs mit Leben fülle.
Ansonsten geht jedoch nichts über einen Dram mit Freunden, am liebsten in solchem Rahmen, wo der Whisky am Ende zur Nebensache wird. Unvergessen ein später Abend an einem Strand von Sylt: ein Strandkorb, ein Ardbeg TEN, ein richtig guter Freund, zwei Gläser und gaaanz viel Atmosphäre.
Spaß in Limburg. Foto: margaretemarie |
MM: Wie viele Whiskys hast du bis heute schätzungsweise verkostet?
Stefan: Keine Ahnung. Es waren mehrere Hundert, aber ob nun eine 3, eine 4 oder eine 7 vorne steht, ist mir nicht wichtig. Mit Marcus' Tempo kann ich eh nicht mithalten, was mir meine Leber auf Sicht bestimmt verzeihen wird. Und da sowieso jeder seinen eigenen Geschmack hat und diesen auf seine Weise beschreibt und bewertet, ist die quantitativ gemessene Erfahrung für mich nebensächlich. Wenn du mich aber fragen würdest, wie viele von den verkosteten ich wieder kaufen würden, wäre das ungefähr ein Drittel - was mir meine Leber wiederum nicht verzeihen würde.
MM: Wie bewertest du die rasanten Veränderungen, die wir derzeit in der Whisky-Industrie beobachten können?
Stefan: Geschäftlich gesehen nennt man das wohl Marktwirtschaft. Der Kunde verlangt, die Industrie liefert, solange sie kann. Doch wie lange kann sie das auf einem Level, der auch die erfahrenen Whiskyliebhaber zufrieden stellen kann? Ich weiß es leider nicht, daher sehe ich die aktuellen Veränderungen für mich zunächst mit Skepsis. Bei Destillerien wie Glenfarclas bin ich mir noch ziemlich sicher, dass meine Erwartungen auch in absehbarer Zeit noch erfüllt werden.
Bei Abfüllungen der großen Konzerne bin ich mir nicht so sicher. Welche Marketinggags lässt man sich dort noch einfallen, um untypische Abfüllungen mit möglichst großem Gewinn an den Mann (und die Frau... sorry!) bringen zu können?
Darüber hinaus hat das Wachstum der Branche unnatürliche Größen angenommen, welche durch die letzten Umsatzzahlen aus Fernost besser überdacht werden sollten. Eines sollte aber klar sein: Die wahre Welt des Whisky entspricht nicht mehr der gemütlichen Idylle, die uns die Werbung verkaufen möchte.
MM: Glaubst du, dass Whisky-Blogger einen nachhaltigen Einfluss auf die Whisky-Branche nehmen können?
Stefan: Jein. Einige sind dazu in der Lage, aber sie müssen ihren Einfluss in der Muttersprache des Whisky geltend machen. Die Blogger, die sich auf Deutsch verdingen, haben nur einen gering(st)en Einfluss auf die Branche, da ihre Meinung ganz einfach von den Entscheidungsträgern nicht wahrgenommen werden kann. Wichtig für einen Einfluss auf die Branche sind mitunter kritische Websites wie der Edinburgh Whisky Blog, dramming.com oder Whiskynotes.be.
MM: Besitzt du eine Whisky-Sammlung?
Stefan: Wie definierst du denn den Begriff "Sammlung"? Sind das viele teure Flaschen? Oder möglichst alle Abfüllungen einer Brennerei? Darf man seine Flaschen nie öffnen und hofft, dass sie in der Zukunft einen hohen Wert erreichen? Dann muss ich dich enttäuschen. Ich habe zwar viele Flaschen in meinem "Vorrat", aber nur eine Flasche davon ist bis zu meiner Rente vor der Entkapselung wirklich geschützt. Das ist ein Tomatin, der in meinem Geburtsmonat destilliert wurde. Näher komme ich an meinen Geburtstag leider nicht heran. Naja, vielleicht war der Kauf dieser Flasche im Jahr 2006 auch der wirkliche Beginn meiner Leidenschaft... wer weiß?
Ansonsten würde ich einem guten Freund, der einen seltenen Whisky zu schätzen weiß, alle Flaschen öffnen. Egal, ob ich sie für 40 oder für 400 Euro gekauft habe. Aber wo du schon fragst... die eine oder andere Flasche von Caperdonich und aus der Chivas Cask Strength Edition fehlt mir noch ;-)
MM: Wie haben Familie und Freunde auf deine Leidenschaft für Whisky reagiert?
Stefan: Meine Frau trägt es mit Fassung, mein Sohn mit Humor (er ist 4 und für ihn sind alle braunen Lieferwagen ohne Tür (UPS) "Whiskywagen"), meine Eltern mit Sorge und meine Freunde mit Verwunderung. Aber Erst- und Letztgenannte sehen auch die Vorteile eines gelegentlichen Drams. Der Alkoholismus steht natürlich immer zur Debatte, wenn ich die Frage zu der Anzahl der Flaschen in meinen Regalen halbwegs ehrlich beantworte. Aber ich muss auch gestehen, dass ich aufgrund rein biologischer Einschränkungen weitaus weniger trinken kann, als der Postbote mir bringt.
MM: Was können wir bezüglich Whisky demnächst und in Zukunft noch von dir erwarten?
Stefan: Das ist eine gute Frage, über die ich mir eigentlich noch nicht viele Gedanken gemacht habe. Ich blogge wie gesagt aus Spaß an der Freude und ohne große Ziele. Ich gehe darum davon aus, dass ich so weitermache wie bisher, nur mit kontinuierlich wachsender Erfahrung. Ich werde zu Neuigkeiten und zu Hintergründen bloggen. Ich versuche Wissen zu verbreiten und meine Verkostungseindrücke einigermaßen verständlich zu beschreiben. Das macht mir Spaß und den Lesern meines Blogs hoffentlich ebenso.
MM: Stefan, vielen Dank für dieses Interview!
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