Bourbon and Rye. Whiskey im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
In die Schlagzeilen geraten ist vor einigen Tagen der Abfüller Templeton, Iowa. Auf der Webseite der Firma findet sich - wie fast bei allen amerikanischen Whiskeys - eine herzergreifende Geschichte über eine traditionsreiche Brenner-Familie, die seit vielen Generationen ihr Whiskey-Wissen hegt und pflegt, über ein altes Familienrezept aus der Zeit vor der Prohibition und über den unglaublichen Pionier-Geist der Firmengründer. Echter Whiskey aus Iowa wird den Kunden suggeriert, natürlich handgemacht und so gut wie damals.
In Wirklichkeit stammt der Templeton Rye aus dem industriellen Großbetrieb der MGP-Brennerei in Indiana. Der Whiskey von MPG ist wirklich gut. Aber weder traditionell noch handgemacht. Er wird auch nicht hergestellt in Templeton, Iowa, sondern in Lawrenceburg, Indiana. Informationen darüber kursieren schon längere Zeit im Netz, doch erst jetzt hat die Öffentlichkeit reagiert.
Foto: margaretemarie |
Um ein drohendes Gerichtsverfahren abzuwenden, muss Templeton in Zukunft den tatsächlichen Herkunftsort ihres Destillats auf dem Etikett angeben. Im Ort Templeton, dem Sitz der gleichnamigen Firma, wird der Whiskey bisher nur geblendet, abgefüllt und verschickt. Wie Thespiritsbusiness jetzt mitteilte, plant man bei Templeton mittlerweile auch die Errichtung einer eigenen Destillerie. 2020 soll dann tatsächlich ein Whiskey aus Templeton erscheinen.
Templeton ist nur einer von vielen Whiskey-Abfüllern, die bei MGP einkaufen. Auch Bulleit Frontier Whiskey (Diageo) und James E. Pepper 1776 glänzen mit einer wunderbaren Geschichte voller Herzblut und Historie, doch die Herkunft des Destillats wird tunlichst verschleiert und geheimgehalten.
Weitere Marken, die derzeit wegen irreführender Label im Focus der Kritik stehen, sind unter anderem Angel's Envy Rye, George Dickel Rye, Redemption Bourbon/Rye, Whistle Pig Rye und Abfüllungen der Rancho de Los Luceros Destolaria.
MGP ist aber nicht die einzige Brennerei, deren Whiskey unter verschiedenen Namen und Etikettierungen der Verbraucher erreicht. Auch andere Großbrennereien wenden dieses Verfahren an.
Eagle Rare, E.H.Taylor, Van Winkle, Stagg Jr., Elmer T. Lee, Blanton's, Sazerac Rye und W.L.Weller stammen beispielsweise alle aus der Buffalo Trace Brennerei in Kentucky.
Bernheim, Evan Williams, Mellow Corn, Rittenhouse Straight Rye, Georgia Moon, Parker's Heritage, Old Fitzgerald werden alle in den Heaven Hill Distilleries, produziert.
Doch die Fallstricke beim Whiskey-Verkosten können auch an ganz anderer Stelle auftauchen, wie ich vor einigen Tagen bei meinem Besuch in der Whisky-Kneipe "Zum Glühwürmchen" feststellen musste. Da es ein lauer Sommerabend war, hatten ich und meine Begleiterin, Sharing Angle Petra, uns für einen Elijah Craig Bourbon entschieden.
Elijah Craig Bourbon stammt ebenfalls aus der Heaven Hill Brennerei und wird als 12- und als 18jähriger angeboten. Wir entschieden uns für den 18 jährigen Elijah Craig, den wir dann bestellt und auch bezahlt haben. Ob wir ihn aber wirklich trinken konnten, läßt sich nicht zweifelsfrei belegen. Beim Einschenken ins Glas waren wir nicht dabei, da wir weit weg vom Tresen saßen. Als ich dann etwas später darum bat, die Flasche fotografieren zu dürfen, stellte man mir einen Elijah Craig 12 hin. Das gab mir sehr zu denken, passt jedoch zu der Erkenntnis, dass das anwesende Personal trotz einer sehr umfangreichen Whisky-Karte weder von Schottland noch von Whisk(e)y viel Ahnung hat.
Der Elijah Craig hingegen hat uns ausgesprochen gut geschmeckt. Ob es aber der Elijah Craig 18 oder doch nur der Elijah Craig 12 war - wer weiß das schon. Über amerikanischen Whiskey zu schreiben ist eben gar nicht so einfach.
Hier sind die Tasting Notes von Petra und mir:
Elijah Craig Bourbon 18. Oder vielleicht auch nur 12.
Aroma:
viel Honig, viel Klebstoff, aber auch starke Holz-, Karamell- und Vanille-Noten. Süß, mild, samtig. Wir werden eingelullt von sonnigen Herbstaromen, von Rum-Rosinen und Brat-Apfel mit Vanille-Soße. Darunter liegen zarten Gewürznoten wie Piment oder Lorbeer. Fehlt nur noch der Zimt.
Geschmack:
Unsere Erwartungen sind nach dem Nosing hoch, und sie werden nicht enttäuscht. Der Elijah Craig schmeckt so samtig-mild, süß und aromatisch, wie er riecht, und legt dabei viel Holz und Würze auf die Zunge.
Nachklang:
trocken, warm, mittellang.
Punkte: 8.9 (von 10)
Diageo investiert in Stitzel-Weller
American Craft Distillers
James E. Pepper 1776
Kommentare
Kommentar veröffentlichen