Mezcal: mehr als nur ein Tequila mit Wurm

Werbung wegen Markennennung.

Tequila kennt jeder. Meczal hingegen ist in Deutschland noch kaum bekannt. Doch das könnte sich schon bald ändern. Denn dieser wilde Cousin des Tequila hat geschmacklich enorm viel zu bieten. Mit ein paar Freunden habe ich vor ein paar Tagen gemütlich zusammen gesessen, um den Besonderheiten dieses mexikanischen Agavenschnapses endlich auf die Spur zu kommen.


Ein Mezcal-Tasting



Mal ehrlich - was weißt du eigentlich über Mezcal?  Noch nichts? Dann wird es höchste Zeit, das zu ändern. Denn allein schon wegen seiner aufwändigen Herstellung verdient Mezcal unsere besondere Aufmerksamkeit. Aus eigener Anschauung kann ich leider keine Beschreibung liefern, denn in mexikanischen Brennereien habe ich mich bisher noch nicht herumgetrieben.

Aber was nicht ist, kann ja irgendwann noch werden, und bis dahin liefert das Internet uns mittlerweile recht ausführliche Informationen zu diesem Thema. Eine sehr empfehlenswerte Website ist beispielsweise mezcaleria.de, die von Axel Huhn und Nils Dalmann betrieben wird.  Schauen wir uns also zunächst einmal ein paar Basics der Herstellung an, ehe wir uns dem Geschmack ausführlich widmen.

Pressefoto


Was ist Mezcal?

Der beste Agavenschnaps kommt aus den Bergländern und Hochtälern von Oaxaca im Süden von Mexiko. Hier werden Zuckerrohr, Mais, Kakao, Avocado und Bohnen angebaut.  Und hier wachsen auch die besten Agaven.

Gemäß den Qualitätsvorschriften, die seit 2005 gelten, kann Mezcal aus 23 verschiedenen Agaven-Arten gebrannt werden, und jede Sorte hat ihren eigenen, unverkennbaren Geschmack. Tequila hingegen darf nur aus einer einzigen Sorte, der sogenannten Blue Weber Agave (Agave Tequilana) hergestellt werden. Und das ist nicht der einzige Unterschied.

Tequila wird zumeist in großen, industriellen Brennereien produziert, und muss nur zu mindestens 51% aus Agave destilliert werden. Die restlichen 49% können aus irgend einem anderen Grundstoff bestehen. Guter Mezcal hingegen wird fast immer in kleinen, handwerklichen Brennereien in mühsamer Handarbeit hergestellt, und wird zu100% aus Agaven destilliert.



Herstellung

Wer Agavenschnaps produzieren will, muss lange vorplanen. Denn zwischen 7 und 12 Jahre alt sind die Agaven im Schnitt, ehe sie geerntet werden können. Wenn sie endlich die nötige Größe erreicht hat, werden mit der Machete die langen Blätter abgehackt, und danach die Wurzel. Übrig bleibt das sogenannte Herz der Agave, die "Piña".

Je nach Sorte kann sich die Piña in Größe und Gewicht deutlich unterscheiden. Die Piña der Kultur-Sorte "Espadin" kann bis zu 300 kg erreichen, während die Piña der wild wachsenden Tobala höchstens 30 kg erreicht.


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Die Piñas werden anschließend in einem speziellen Ofen oder - ganz traditionell - in einem Erdloch gekocht. Dazu werden sie um das Erdloch herum verteilt, in dem Steine über brennendem Holz aufgeschichtet werden. Anschließend wird das ganze mit Erde zugeschaufelt, und die Piñas schmoren mehrere Tage lang in der Wärme der Erde vor sich hin.

Die gegarten Piñas werden dann zu einem Pflanzenbrei zermahlen, der den Grundstoff für die Maische bildet. Auf Zuchthefe wird meistens verzichtet, die Brennereien arbeiten überwiegend mit Spontanvergärung.

Gebrannt wird nach der Fermentierung im diskontinuierlichen Brennverfahren auf kleinen Kupferbrennblasen. Normalerweise wird Mezcal zweimal gebrannt.

Um Agavenschnaps mit Wurm in der Flasche sollte man jedoch eher einen Bogen machen: das Hinzufügen dieser Schmetterlingsraupe macht den Mescal nicht besser, sondern ist heutzutage lediglich ein Marketing-Gag für lustige Vieltrinker-Parties.

 

Mezcal-Tasting: Unser Line-Up

Inzwischen finden immer häufiger gute Mezcal-Sorten ihren Weg nach Deutschland. Eine schöne Auswahl an verschiedenen Mezcals gibt es seit kurzem bei der amerikanische Firma "3-Badge", die auch Bourbon (Bib&Tucker) und Rye (Mastersons) vertreibt, und die über das Bremer Spirituosen Contor auch bei uns erhältlich sind.

Die angebotenen Varianten unterscheiden sich in Geschmack und Aroma so stark, dass es sich für einen Single Malt Fan, wie ich es bin, regelrecht aufdrängt, ein kleines Mezcal-Line-up aufzustellen. Mit ein paar Freunden habe ich mir deshalb vor kurzem einen vergnüglichen Mezcal-Nachmittag gegönnt.

Frische Avocados, Salzgebäck und kleine Salami-Würstchen haben sich dabei als gute Begleiter erwiesen. Und ebenso wie bei einem guten Single-Malt Tasting solltet ihr genug Zeit einplanen. Nichts verdirbt die gute Laune mehr, als wenn man hetzen muss. Viel Wasser und ein nüchterner Fahrer gehören selbstverständlich auch dazu.


Doch kommen wir endlich zur wichtigsten Frage: Haben uns die Mezcals von "3-Badge" überzeugen können? Hier unsere Eindrücke:


1. Pasote Blanco Tequila, 100% Blue Agave, 40% Alcohol by Volume:

Sehr mild, und ein schöner Einstieg in das Line up.

Aroma: Süß, leichte Erdigkeit;  ungekochtes  weißes Wurzelgemüse. Nach einer Weile auch frische Zitronen.

Geschmack: Mild, elegant, wurzelig, mit der minzigen Frische von Mundwasser.




2. Bozal Tobasiche,  100%  Agave, Single Maguey,  from San Baltazar (Oaxaca), 47% ABV, distilled on Copper Pot Still:

Tobasiche gehört zur Familie der Karwinkskii Agaven und ist eine wilde Agavenart, die an den Berghängen von Oaxaca und Guerrero wächst. Erst im Alter von 12-13 Jahren ist sie voll ausgereift  und produziert ein intensives, erdiges, rauchiges  Aroma.

Aroma:  Anis, Zedernholz und Myrrhe. Frisch, gefällig und sanft, aber auch mit einer leichten Mineralität. Ein schöner Mezcal für Einsteiger.

Geschmack: sanft, ölig, wurzelig, sehr süffig. Toll für abends einfach mal so auf der Couch.




3. Bozal Castilla, Reserva, 100% Agave, from San Juan Bautista Jayacatlan (Oaxaca), 47.3 % ABV, distilled on Clay Pot Still (Brennmeister: Ormides Hernandez)

Castilla gehört zur Agavenart der Americanischen Oaxacensis, und ist eng mit der Espadin Agave verwandt. Sie ist jedoch kleiner als jene, und wächst überwiegend wild im Herzen des Oaxaca Flußtals. Ihr Aroma hängt stark vom jeweiligen Terroir ab. Der Bozal Castilla Reserva wird auf Lehmbrennblasen gebrannt. Stark limitiert, nur 30 Flaschen sind derzeit für den deutschen Markt verfügbar.

Aroma: sehr fruchtig und erdig zugleich, dabei ausgesprochen ausgewogen und harmonisch, süß.

Geschmack: zart, süß, Fahrradschlauch und Zartbitterschokolade. Kombiniert mit einem Ferrero RondNoir entwickelt sich der Bozal Castilla zu einer geschmacklichen Offenbarung.  




4. Bozal Coyote, Reserva, 100% Agave, from Sola de Vega (Oaxaca), 52.8 % ABV, distilled on Clay Pot Still (Brennmeister: Isidro Damian)

Die Coyote Agave gehört ebenfalls zur Familie der Oaxacensis Agave, und ist wild wachsend schwierig zu finden. Bei Villa Sola de Vega wird sie angebaut. Gebrannt wird der Bozal Coyote Reserva auf Lehmbrennblasen. Die Kapazitätsgrenze pro Tag liegt bei nur 60 Litern.

Aroma: recht blaß, fast so zart wie ein Tequila, leicht wurzelig, leicht erdig, leicht mineralisch

Geschmack: trotz der höheren Prozentzahl überraschend mild, aber ausdrucksstark, Farblacke, grüner Tee, der etwas zu stark gebraut wurde, leicht fruchtig, leicht rauchig, dunkle Schokolade



5. Bozal Cuixe, Single Maguey, 100% Agave, from San Baltazar (Oaxaca), 47 % ABV, distilled on Copper Pot Still 

Die Cuixe Agave ist eine Unterart der karwinskii Familie und wächst vertikal als einzelner Struck, an dessen Spitze sich die Blätter befinden. Aufgrund der ungewöhnlichen Form ist Cuixe schwerer zu verarbeiten als andere Agaven.

Aroma: sehr zart, weich, mit einem zarten Blumenduft

Geschmack: starker Kontrast zum eher blassen Aroma, extrem trocken, mineralisch, Wurzelgemüse, etwas kratzig und grob, Pinienzapfen und frische Fischkarkassen. Ungewöhnlich. Die tropischen Früchte aus der Pressemitteilung kommen bei mir nicht an.




6. Bozal Borrego, Sacrificio, 100% Agave, from Rio de Ejutla (Oaxaca), 52 % ABV, distilled on Copper Pot Still (Brennmeister: Don Adrian Bautista)

Als Grundmaterial dient für den Bozal Borrego Sacrificio die Castilla Agave. Basierend auf uralten Traditionen, werden die "Sacrificio"-Mezcals in kleinen Chargen produziert und dienen vor allem dem Konsum an besonderen Feiertagen.

Die Herstellung findet meist am Ende des Jahres statt. Zunächst werden die Agaven-Herzen mit einem Steinrad gemahlen, das von Ochsen bewegt wird, dann in Erdlöchern gebacken, fermentiert und destilliert. Während des zweiten Destillationsvorgangs werden ein Lammbein, verschiedene Wildfrüchte wie Erdbeeren, Ananas sowie Ingwer, Pecan-Nüsse und Getreidekörner mit Hilfe eines Korbes auf dem Boden der Brennblase plaziert.

Aroma: blumig, frisch, Orangen- und Zitronenaroma, parfüm-artig, mineralisch, Niedecken Marzipan, Pecan-Nüsse, Myrrhe,

Geschmack: trocken, süß, fruchtig, wurzelig, Farbenlack




7. Espadin-Barril-Mexicano, 100% Agave, aus Ejutla de Crespo & San Baltazar, Oaxaca, 40% ABV, Mischung aus wilden Agaven (Barril/Mexicano) und kultivierten Agaven (Espadin)

Die Espadin Agave gilt auch als die genetische "Mutter" der Blauen Weber Agave, die für die Tequila-Herstellung verwendet wird. Espandin ist bei der Mezcal-Herstellung die am häufigsten eingesetzte Agavenart. Sie zeichnet sich durch erdige und rauchige Aromen aus. 

Barril Agaven haben besonders dicke Blätter und werden oft als Grenzmarkierung zwischen verschiedenen Landbesitzungen angepflanzt. Es handelt sich um eine Unterart der Karwinskii Familie. 

Mexicano Agaven wachsen vor allem in den Feuchtgebieten der Tiefländer. Diese wilde Agave kann eine recht ansehliche Höhe erreichen und wird meist im Alter von 10 Jahren geerntet. Ihr hoher Zuckergehalt produziert einen sehr gehaltvollen Mezcal. Mexicano ist eine Unterart der Rhodacantha Familie.

Aroma: blumig, mit viel frischem Wurzelgemüse, z.B. Topinambur, leicht erdig, verschwitzte Lederhose, Lehmboden, alte Scheune, trockene Heuballen, staubige Luft, alte Traktoren und Dieselmaschinen, schwere und süße tropische Blüten - unglaublich komplex und eine  beeindruckende Mischung

Geschmack: alte Schlosser-Werkstatt, mit Maschinenöl getränkte alte Lappen, kalte Esse, ölig, aber gleichzeitig angenehm mild. Sehr markant. Den muss man probiert haben!




Fazit: 

Die enorme Vielfalt der Mezcals hat uns sehr beeindruckt. Ähnlich wie auch beim Single Malt haben wir verschiedene Aromenprofile durchlaufen. Um in der Whisky-Sprache zu bleiben, haben wir uns sozusagen von der milden "Speyside" der Mezcals über die rauheren "Highlander"-Mezcals hin zum "Islay" unter den Mezcals durchgetrunken - natürlich nur bildlich gesprochen. 

Das Line-Up hat uns eine neue Welt von aufregenden und markanten Aromen eröffnet, die uns in ihrer Vielfalt beeindruckt haben. Deshalb einen ganz lieben Dank an Timo für die Proben und dieses überirdisch gute Geschmackserlebnis!






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