Tasting Notes: Ein Hauch von Rauch. Glen Keith, 21.

Glen Keith wurde erst 1958 gegründet, doch von 1999 bis 2013 ruhte die Produktion. 

Vor zwei Jahren wurde die Speyside-Brennerei  im Besitz von Chivas Brothers Ltd. wieder eröffnet. Unabhängige Abfüllungen tauchen seither immer wieder auf.

Diesen 21 Jahre alten Glen Keith habe ich vor einiger Zeit  bei Wajos gefunden. Und dabei eine Besonderheit entdeckt...

 



Glen Keith ist noch eine recht junge Brennerei, die in der Vergangenheit überwiegend für die Blends von Chivas Brothers produziert hat. Glen Keith ist vor allem für seine fruchtigen Aromen bekannt, aber auch mit rauchigen Whiskys wurde hier experimentiert.

Chivas Brothers, denen die Brennerei gehört, brauchten für ihre diversen Blends auch rauchige Whiskys, besaßen jedoch keine eigene Destille auf Islay. In der Hoffnung, diese Lücke schließen zu können und die Firma unabhängig von anderen Anbietern zu machen, wurde in Glen Keith in den 70er Jahren auch mit rauchigem Malz experimentiert. Als Single Malt kam dieser Whisky unter dem Namen Craigduff oder Glenisla auf den Markt.

Die Technik, die dazu entwickelt wurde, unterschied sich jedoch von der traditionellen Methode auf Islay: nicht das Malz wurde mit torfigem Rauch behandelt, sondern das Wasser.

Bei der Wiedereröffnung 2012 wurden die alten Saladin-Boxen, in denen das Malz hergestellt wurde, abgerissen und an ihrer Stelle ein neues Maische-Haus errichtet. Die sechs Brennblasen sind jedoch immer noch die gleichen wie vor der Schließung.  Die Produktionskapazität der neuen Anlage beträgt derzeit beachtliche 6 Millionen Liter Alkohol pro Jahr.

Auf neue Glen Keith werden wir noch eine Weile warten müssen, doch alte Glen Keith aus der Zeit vor der Schließung tauchen bei unabhängigen Abfüllern immer wieder auf. So wie diese Abfüllung, bei der ich eine kleine Überraschung erlebte.


Glen Keith, Wajos, 21 Jahre, Fassstärke (48.6%),

Farbe: helles Gold

Aroma: sehr fruchtig, starke Honignoten, Orangenmarmelade, Zitronen, Rosinen, Blumenduft,  roter Johannisbeersirup. Unterschwellig auch leichte Holz- und Vanille-Noten. Unglaublich frisch und fruchtig.

Geschmack: ausgesprochen ölig, viel Wachs, Tabak, Eiche, Baumrinde, Gras und Bitterschokolade. Und auch ein leichter Hauch von Rauch am Ende...
Leider etwas zu scharf auf der Zunge, da helfen auch ein paar Wassertropfen nicht weiter.

Nachklang: lang und warm

Fazit: Ein Yin-und-Yang Whisky. Im Aroma so frisch und fruchtig wie ein Sommertag, auf der Zunge aber dunkel und alt. Der Kontrast ist recht spannend, aber für meinen Geschmack etwas unausgewogen. Etwas zu scharf, was nicht am Alkoholgehalt liegt. Ein ordentlicher Glen Keith, aber ich hatte schon bessere.

Was ich aber ungewöhnlich finde, ist das dezente Raucharoma, das am Ende, kaum wahrnehmbar, auf der Zunge liegen bleibt. Eigentlich gehört Rauch ja gar nicht in einen Glen Keith. Doch da die Brennerei in den 70er Jahren auch rauchigen Whisky herstellte, befanden sich gewiß auch lange Zeit entsprechende Fässer im Umlauf.

Mein Verdacht: dieser Glen Keith von Wajos reifte in einem refill Bourbon Hogshead, das zuvor rauchigen Whisky enthalten hatte. Da Glen Keith überwiegend in Blended Whiskys Verwendung findet, wäre das eigentlich nicht weiter schlimm. Bei einer Single Cask-Abfüllung irritiert es mich aber eher.

Punkte: 7.9 von 10


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