Diageo: Investitionsprogramm von gewaltigem Ausmaß - welche Brennereien profitieren?


Die Whisky-Industrie stellt sich derzeit auf eine glänzende Zukunft ein. Der weltweit gestiegene Whisky-Konsum der letzten Jahre hat auch in Schottland zu einer Goldgräber-Stimmung geführt, die viele Kapitalgeber wagemutig in das flüssige Gold investieren lässt. Überall im Land tauchen Pläne für neue Destillen auf, und auch bei den bestehenden Brennereien stehen die Anzeichen auf Wachstum.

 
Bild: MargareteMarie

Eines der größten Investitionsprogramme des Landes hat der Getränkeriese Diageo angekündigt: der multinationale Konzern will bis 2017 insgesamt eine Milliarde Pfund in seine schottischen Anlagen investieren. Der Getränke-Riese besitzt derzeit 28 aktive Whisky-Brennereien in Schottland, die vor allem für die Blended Whiskys des Konzerns produzieren: Johnnie Walker, JεB, Bell's und Buchanan's. Welche Brennereien werden von dem Geldregen profitieren?


  • Die Highland-Brennerei Clynelish soll  ausgebaut und erweitert werden.  30 Millionen Pfund hat Diageo dafür vorgesehen. Clynelish wird unter anderem eine neue Mash Tun, 6 weitere Brennblasen und 10 neue Washbacks erhalten. Die Produktionskapazität verdoppelt sich dadurch auf 9 Millionen Liter Alkohol pro Jahr. Der Whisky von Clynelich findet vor allem im Johnnie Walker Gold Label seine Verwendung.
    Clynelish/Brora. Bildquelle: Diageo
  • In der Nähe von Alness (Eastern Ross) soll bis 2017 auf dem Gelände der Teaninich Brennerei eine neue "Super-Destille" entstehen. 16 Brennblasen (Pot Stills) werden bis zu 13 Millionen Liter Alkohol pro Jahr produzieren. 50 Millionen Pfund will Diageo in diesen Neubau investieren. Nach Fertigstellung wird sie die größte Kapazität aller Single-Malt-Brennereien des Konzerns haben. Damit verbunden ist die Errichtung einer Bio-Brennstoff-Anlage, die aus den  Nebenprodukten der Brennerei umweltfreundliche Energie gewinnt.
  • Die Brennerei Teaninich in Alness soll für 12 Millionen Pfund ausgebaut werden. Mit insgesamt 20 Washbacks und 12 Brennblasen wird sich die Kapazität von derzeit 4,4 auf ca. 9,5 Millionen Liter Alkohol pro Jahr mehr als verdoppeln.
  • Glen Ord wird noch in diesem Frühjahr eine weitere Mash Tun, 10 neue Washbacks und sechs weitere Brennblasen erhalten. Damit verdoppelt sich die Produktionskapazität von Glen Ord auf 10 Millionen Liter Alkohol pro Jahr. Insgesamt sind 25 Millionen Pfund für die Brennerei auf der Black Isle vorgesehen. Der Single Malt der Brennerei wird unter dem Namen "Singleton of Glen Ord" vermarktet und ist in Europa nicht erhältlich. Er wird ausschließlich für Südostasien produziert, vor allem für Taiwan und Singapore. Der größere Teil der Produktion, ca. 85%, wird für die Blended Whiskys von Diageo benötigt. 

Glen Ord 2013. Bild: MargareteMarie
  • Auch in der Region Speyside wird Geld investiert, 30 Millionen Pfund sind unter anderem  für die Erweiterung der Brennerei Mortlach in Dufftown vorgesehen. Geplant ist die Errichtung eines weiteren  Brennhauses, das die exakte Kopie des bisherigen Brennhauses werden soll. Die Bauarbeiten sollen bis Sommer 2015 abgeschlossen sein. Die Kapazität von Mortlach wird sich durch das neue Brennhaus auf rund 8 Millionen Liter Alkohol pro Jahr verdoppeln. Der Whisky von Mortlach ist geschmacksprägend für den höherpreisigen Blend Johnnie Walker Black Label und die spezielle Brenntechnik in Mortlach soll in ihrer  bisherigen Art auch bestehen bleiben.  Der Single Malt von Mortlach wird zukünftig stärker im Luxus-Segment vermarktet werden, als globaler Marken-Botschafter konnte Georgie Bell gewonnen werden, die bis vor kurzem für die SMWS tätig war. 
  •  Linkwood (bei Elgin) wird für 5 Millionen Pfund ausgebaut. Die Brennerei erhält unter anderem  zwei weitere Brennblasen.
  • Mannochmore hat im Sommer 2013 für  9 Millionen Pfund ein neues Stillhouse, 8 neue Washbacks, eine neue Mashtun und zwei neue Brennblasen erhalten. Insgesamt verfügt die Brennerei jetzt über eine Mash Tun, 16 Washbacks, und 8 Brennblasen. Die Produktionskapazität wurde dadurch auf 4,5 Millionen Liter Alkohol verdoppelt. Ein umweltschonendes Biokraftwerk wurde ebenfalls errichtet.
  • Glendullan, Dailuaine, Benrinnes, Inchgower, Cragganmore, Glen Elgin, und Glenlossie sind ebenfalls Teil des Investitionsprogramms. Bei Glendullan soll eine umweltschonende Bioenergieanlage entstehen.
  •  Bereits 2010 wurde in der Nähe von Elgin die Riesen-Brennerei Roseisle errichtet: mit einer  Jahresproduktion von 10,2 Millionen Liter Alkohol wird sie die zweitgrößte Brennerei des Konzerns werden. 
  • Weitere 180 Millionen Pfund sind für die Ausweitung der Lagerkapazitäten in der Region Fife ausgewiesen. Die ersten beiden von insgesamt 46  Lagerhäusern hat Diageo bereits im schottischen Cluny in der Nähe von Kirkcaldy errichtet, weitere fünf Lagerhäuser sollen noch in diesem Frühjahr fertig gestellt werden.  Pro Lager sind 60.000 Fässer vorgesehen, die Gesamt-Lagerkapazität wird 2,76 Millionen Fässer betragen.  
  • 200 Millionen Pfund hat Diageo in jüngster Vergangenheit bereits in die Kornbrennerei Cameronbridge und das Verpackungswerk Leven investiert. 
  • Im vergangenen Jahr wurde das Besucherzentrum der Brennerei Talisker auf der Insel Skye für eine Million Pfund ausgebaut und modernisiert. Es ist derzeit das modernste und schönste der insgesamt 12 Besucherzentren, die Diageo unterhält.  
  • Bei Caol Ila auf der Insel Islay wurden schon  2011 zwei zusätzliche Washbacks installiert,  Mash Tun und  Kontrollsystem wurden erneuert. Kosten der Maßnahme: 3,5 Millionen Pfund. Im Gegensatz zu Lagavulin wird  Caol Ila vor allem in den Blends des Konzerns eingesetzt. Die derzeitige Produktionskapazität der Brennerei beträgt 6,5 Millionen Liter Alkohol pro Jahr.
  • Ein neues Werk zur Fassaufbereitung (Cooperage) wurde ebenfalls  2011 in Cambus, bei Alloa (Region Fife)  errichtet. Kosten: 10 Millionen Pfund. 250.000 Fässer können hier pro Jahr bearbeitet werden. Bei der offiziellen Einweihung am 28. November war auch His Royal Highness Prince Andrew,  Earl of Essex,  anwesend.

Ein großer Teil  des Gesamt-Investitionsvolumens von einer Milliarde Pfund ist bereits verplant. Doch in den nächsten ein bis zwei Jahren ist mit weiteren Ausbau-Maßnahmen von Diageo zu rechnen. Einige Lieblinge der Single-Malt-Fans sind bisher leer ausgegangen. Welche Chancen haben sie, in Zukunft doch noch mit einem  Geldregen bedacht zu werden?

Dalwhinnie. Bild: MargareteMarie
  • Obwohl der Whisky von Dalwhinnie seit Ende der 80er Jahre zu den  "Classic Malts of Scotland" gehört und als Signature Malt einen wichtiger Bestandteil im Buchanan's Blended Whisky darstellt, wurde die Highland-Brennerei bisher nicht in das Ausbau-Programm mit einbezogen. Doch eine Erweiterung der Anlage wäre durchaus denkbar. Mit nur zwei Brennblasen und einer jährlichen Produktionskapazität von 2,2 Millionen Litern gehört sie derzeit zu den kleineren Brennereien. Wegen der produktionsbedingt starken Sulphur-Noten muss der Whisky von Dalwhinnie jedoch ein paar Jahre länger reifen als andere, weshalb er standardmäßig erst als 15jähriger auf den Markt kommt. Diese lange Reifezeit könnte sich negativ auswirken bei der Entscheidung, ob Dalwhinnie ausgebaut werden soll oder nicht.

Cardhu 2013. Bild: MargareteMarie
  •  Auch für das Kronjuwel im Johnny Walker Blended Whisky, die Speyside-Brennerei Cardhu, liegt die letzte Erweiterung mehr als 50 Jahre zurück. Cardhu ist nicht nur für Johnnie Walker wichtig, sondern ist auch als Single Malt sehr gefragt. Für Cardhu wäre eine Erweiterung durchaus vorstellbar. Doch die Absatzzahlen im wichtigsten Markt für Cardhu, in Spanien, sind in der jüngsten Vergangenheit drastisch zurückgegangen. Ob die Brennerei  in den nächsten Jahren noch in das Investitionsprogramm aufgenommen wird, bleibt abzuwarten.
  •  Die beiden Zwerge im Whisky-Imperium von Diageo,  Oban und Royal Lochnagar, haben eher schlechte Karten. Vor allem Oban bietet aufgrund seiner ungünstigen geografischen Lage keinerlei Ausdehnungsmöglichkeiten. Ausgerüstet mit zwei Brennblasen produziert Oban nur 780.000 Liter Alkohol jährlich. Wegen der geringen Produktionsmenge findet der Whisky von Oban kaum Verwendung in den Blended Whiskys des Konzerns, sondern wird überwiegend als Single Malt abgefüllt. Als Teil der "Classic Malts of Scotland" ist er bei Whisky-Genießern immer noch sehr beliebt.
  •  Die kleinste Brennerei von Diageo ist Royal Lochnagar. Die Brennerei in den östlichen Highlands hat eine Produkionskapazität von nur  500.000 Litern Alkohol jährlich. Dennoch wird Royal Lochnagar eher selten als Single Malt abgefüllt. Er wird vor allem als Signature Malt für die Blended Whiskys Johnny Walker Blue Label sowie "Windsor" benötigt, der auf dem koreanischen Markt stark vertreten ist. In jüngster Vergangenheit kam es dort jedoch zu drastischen Absatzeinbrüchen. Auch für Royal Lochnagar liegt die letzte große Renovierungs- und Umbauphase mehr als ein halbes Jahrhundert zurück.

Brora 2013. Bild: Bild: MargareteMarie
 
Die größten Wachstumschancen scheint Diageo derzeit immer noch im Bereich der Blended Whiskys zu sehen, denn das ganze Investitionsprogramm zielt auf dieses Segment ab. Als zukünftige Absatzmärkte werden vor allem Nord- und Südamerika gehandelt, aber auch  Südafrika und Asien.

Ob der geplante Ausbau von Clynelish auch die Neueröffnung der angrenzenden Brennerei Brora umfassen wird,  scheint deshalb zweifelhaft. Seit mehr als 40 Jahren liegt die Anlage nun im Dornröschenschlaf, der letzte Whisky wurde hier im März 1983 produziert. Auch wenn sich die Whisky-Geeks weltweit wünschen, dass die derzeit stillgelegte Brennerei Brora wiedereröffnet wird, in den Wachstumsplänen von Diageo scheint kein Platz für Whisky-Romantik oder Liebhaber-Träume. Einen neuen Brora wird es wahrscheinlich auch weiterhin nicht geben.

Brora 2013. Bild: MargareteMarie

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