Dem Himmel so nah: Sternstunde mit Sam Simmons und The Balvenie Tun 1401

Nur drei Jahre lang, von 2010 bis 2013, wurde in der Brennerei "The Balvenie" die Serie "Tun 1401" aufgelegt, ehe sie im vergangenen Jahr durch die "Tun 1509" abgelöst wurde. 
Durch ihre Exklusivität erreichte die "Tun 1401" schon kurz nach ihrem Start unter Kennern Kultstatus und heute werden die Flaschen für ein vielfaches des Ausgangspreises gehandelt.
Am vergangenen Wochenende hatte ich auf dem Whisky-Fest in Delitzsch die Gelegenheit, ein Sample aus einem sehr alten Fass für die Tun 1401 probieren zu können. 
Und dabei von Brand Ambassador Sam Simmons ein kleines Geheimnis erfahren.
 
Foto: MargareteMarie
Die Tun 1401 gehört wohl zu den begehrtesten Single Malt Whiskys ohne Altersangabe, die je erschienen sind. Denn die Abfüllungen der Tun 1401 sind alles andere als jung. Einzeln ausgewählte Fässer mit Single Malt Whisky im Alter zwischen 20 und 50 Jahren wurden dazu in einen großen Mischbottich - die Tun 1401 - mit einer Handpumpe umgefüllt, wo sie ein halbes Jahr verblieben, ehe sie als  "Tun 1401" abgefüllt wurden.

Die erste "Tun 1401" enthielt 6 verschiedene Fässer (ein Sherry Butt, ein Sherry Hogshead und vier Bourbon Barrels) aus den Jahren 1966 bis 1988 und war ursprünglich als "Distillery-only"-Abfüllung gedacht. Doch diese Abfüllung erwies sich als so erfolgreich, dass in der Folgezeit immer wieder weitere Batches für verschiedene globale Märkte erschienen. Die letzte Abfüllung in dieser Reihe war Batch 9, das - ebenso wie Batch 3 und 6 - für den US-amerikanischen Markt bestimmt war.


Foto: MargareteMarie


Sechs Monate zuvor, im Januar 2013, erschien Batch No 8, das auch in Deutschland erhältlich war. 12 Fässer wurden hierzu miteinander vermählt, drei Sherry Butts und 9 Bourbon Casks. Ein ganz besonderes Fass war dabei das Bourbon Fass Nr. 15338 aus dem Jahre 1975.

Denn David Steward, der altehrwürdige Master Blender bei The Balvenie, hatte dieses Fass jahrzehntelang ausgesondert: er hielt es für ein Kuckuckskind, für ein Fass, das nicht zu Balvenie passt. Zu anders, zu ungewöhnlich erschien ihm das Aroma-Profil. Denn unter seine floralen Noten hat sich ein Duft gemischt, der eigentlich bei Balvenie nicht vorkommen soll: Pfingstrosen-Duft. In einem Blind Tasting hätte man ihn wohl eher für einen Linkwood halten können, aber nie und nimmer für einen Balvenie.

Woher diese ungewöhnliche, florale Note von Pfingstrosenduft stammte, bleibt wohl eines der Geheimnisse, die Whisky so sagenumwoben machen. Vielleicht wurde damals beim Destillieren die Seife vergessen. Oder ausnahmsweise eine andere Marke benutzt. Oder vielleicht war es doch das Fass. Leider weiß man nur mit Sicherheit, dass es ein refill Hogshead war. Mehr verraten die alten Unterlagen nicht, der Ursprung des Fasses wird wohl für immer im dunkeln bleiben.

Dieses schwarz Schaf unter den goldenen Fässern von Balvenie schlummerte jedenfalls fast 40 Jahre lang im Lagerhaus der Brennerei, bis David Steward es dann doch haben wollte für die Tun 1401. Denn die Tun 1401 soll nur die besten, exklusivsten und seltensten Whiskys erhalten, die die Brennerei zu bieten hat. Am 17. Januar 2013 schlug endlich die große Stunde für den ganz besonders seltenen Single Malt aus Fass Nr. 15338: Er wurde in Batch No 8 der Tun 1401 gepumpt.

Rob Allanson, Sam Simmons, Cat Spencer. Foto: MargareteMarie

Dass ich in den Genuss kam, diesen sehr ungewönlichen und besonderen Balvenie probieren zu dürfen, verdanke ich nur einem himmlischen Zufall, der mir einen jener unvergesslichen Momente bescherte, wie man sie wohl nur auf solch besonderen Whisky-Messen wie in Delitzsch erleben kann.

Eigentlich wollte ich am Sonntag Nachmittag das Balvenie-Tasting mit Brand Ambassador und Ex-Whisky-Blogger Sam Simmons mitmachen. Doch die Hitzeglocke war an diesem Tag so übermächtig, dass der Whisky in den Flaschen so warm wurde wie grüner Tee und die Schweißperlen schneller auf der Stirn standen als man eine Wasserflasche aufschrauben kann. An ernsthafte Arbeit war nicht zu denken, und nur einige wenige müde Gestalten verirrten sich bei diesem Wüstenklima mit klebenden Hemden und glasigem Blick in die Innenstadt. Wer konnte, saß um diese Zeit am Badesee. Die Konsequenz war bitter, aber sinnvoll: das Tasting fiel aus.

Foto: MargareteMarie

Und so kam es, dass ich an diesem denkwürdigen Sonntag Nachmittag nicht mit Sam im Tastingraum saß, sondern mit ihm und seinen beiden Kollegen Cat Spencer (Monkey Shoulder) und Rob Allanson (Glenfiddich) im kühlenden Schatten eines großen Baumes stand, über Whisky, Frauen und Männer plauderte, als Sam plötzlich verschwand, und wenig später mit zwei Flaschen zurück kam: Glen Grant's 18 und eine Balvenie-Probe aus Fass 15338. Hemdsärmelig, mit Strandkleidern und Badelatschen, so wie es zum Wetter passte, standen wir da, lässig, entspannt, und tranken erst alten Bourbon auf Eis, und dann alten Glen Grant und uralten Balvenie, während Sam uns die Geschichte dieses Fasses erzählte. Schöner kann ein Whisky-Nachmittag kaum sein.

Neben dem Pfingstrosen-Duft hat mich vor allem die unglaubliche Frische und Dichte dieses Single Malt beeindruckt. Vor allem das "Obst" war sehr dominant, mit viel Apfel und Limette. Mit etwas Wasser wird er noch frischer, riecht nach Mandarinen und Kumquat-Früchten, und die Pfingstrose verschwindet plötzlich. Aus dem Linkwood wird wieder ein Balvenie.

Doch irgendwann war auch dieser traumhafte Moment vorbei, Sam und seine Freunde gingen auf die Bühne und spielten Musik und für mich wurde es Zeit, mich auf den Heimweg zu machen.

Rob Allanson, Sam Simmons, Cat Spencer. Foto: MargareteMarie

Vielleicht hat uns der Himmel für unsere unbekümmerte Dekadenz an diesem viel zu heißen Nachmittag bestraft. Zwei Stunden später brach über Delitzsch ein Tornado herein, der die Dächer der Pagoden-Zelte durch die Luft wirbelte und den Parkplatz des nahegelegenen Badesees in eine Dust-Bowl verwandelte. Verletzt wurde zum Glück niemand. Doch mir hat dieser beeindruckende Tag und sein tosendes Ende wieder einmal gezeigt, wie dicht Himmel und Hölle manchmal nebeneinander liegen.

Rob Allanson, Sam Simmons, Cat Spencer. Foto: MargareteMarie

Kommentare

  1. Klasse! An diesem Nachmittag hätte ich auch gerne teilgehabt.

    Sigrun

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  2. Sigrun: Ich hoffe sehr, dass Sam und seine Kollegen nächstes Jahr wieder dabei sind:-)

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  3. Ich glaube, ich muss Jens & Co. im nächsten Jahr auch mal besuchen... letztes Jahr scheint es schon klasse gewesen zu sein, dieses Jahr auch (wenn auch zu warm), warum sollte es nicht so weiter gehen?

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    1. Stefan, das wäre ja cool! Markus hat auch vor zu kommen, dann könnten wir ein kleines Blogger-Treffen machen:-) Lohnen würde es sich auf jeden Fall, weil alles viel familiärer zugeht als auf den großen Messen. Und allein die Whisky-Sammlung von Jens in der No. 2 ist schon einen Besuch wert!

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    2. Jens' Sammlung kenne ich schon. War... ähmmmm... vor ein paar Samstagen schon mal in seiner Altstadtkneipe zu einem Tasting. Von daher kann ich es mir gut vorstellen, dass auch die Familie in Delitzsch oder der Umgebung für wenigstens einen Tag gut aufgehoben ist. Mal sehen, wie der Termin im nächsten Jahr so passt... würde mich aber freuen, wenn es wirklich klappt. Und für Marcus ist es ja ein Katzensprung.

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  4. Ich habe das Tasting am Samstag miterleben dürfen und kann mich dir nur anschließen. Ein außergewöhnlicher und sehr intensiver Tropfen.
    Und Delitzsch ist immer eine Reise wert!
    Bei allen Schwierigkeiten wegen der Hitze, Gemeinschaft und Kreativität waren an diesem Wochenende unvergleichlich gut :)
    Uns hat übrigens das hervorragende Eis aus dem urigen, winzigen Eisladen tagsüber am Leben gehalten.

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