Berliner Nacht-Juwel: die Lebensstern-Bar
Jede Stadt hat ihre besonderen Orte, die man immer wieder aufsuchen möchte. In Berlin ist für mich die Museumsinsel ein solcher Ort. Ich kann hier stundenlang die Kunstschätze aus aller Welt bewundern und Albert Einstein wird plötzlich begreifbar: denn Zeit wird relativ, Stunden schnurren zu Minuten zusammen, Jahrtausende schwappen in die Gegenwart, die Vergangenheit wird zur Moderne. Frauenfiguren aus vergangenen Zeiten erzählen ihre Geschichte und werden für einen kurzen Augenblick zur Weggefährtin und guten Freundin. So wie Nofretete, jene beeindruckende ägyptische Königin, deren Büste seit den 20er Jahren in Berlin eine neue Heimat fand.
Nicht ganz so berühmt wie Nofretete, aber ebenfalls sehr schön war eine andere Frau im Berlin der 20er Jahre: Henny Porten, Schauspielerin und Star der deutschen Stummfilmzeit. Ihre Filme, beispielsweise „Anne Boleyn“, „Kohlhiesels Töchter“, „Geierwally“, und „Skandal um Eva“, erzählen Geschichten von Frauen, die bis heute unsere Fantasie beflügeln, und sie sind längst zu Klassikern der deutschen Filmgeschichte geworden.
Auf Henny Portens Spuren zu wandeln lohnt sich vor allem in den Abendstunden – denn in der Kurfürstenstraße 58, im 1. Stock, wo sie angeblich eine Zeitlang gewohnt hat, befindet sich heute direkt über dem Cafe Einstein eine der angesagtesten Bars in Berlin: die Lebensstern-Bar.
Und auch hier kann man problemlos die Zeit vergessen: in der Lebensstern-Bar werden die 20er Jahre lebendig, jene grandiose Epoche, in der Nofretete erstmals auf der Berliner Museumsinsel ausgestellt wurde, Albert Einstein den Nobelpreis für Physik erhielt und Henny Porten ihre größten Erfolge feierte.
Über eine große, steinerne Treppe gelangt man zu den großzügigen Räumen im ersten Stock, mit holzvertäfelten Wänden, klassischen Stuckdecken und hell erleuchtete Vitrinen voll glänzender Flaschen. Vor allem für seine enorme Auswahl der verschiedensten Spirituosensorten ist die Bar berühmt, allein 600 Sorten Rum und 150 Sorten Gin sind hier vorrätig, und in den Vitrinen entdecke ich auch so manche alte, seltene Whisky-Abfüllung.
Als wir an diesem milden Sommerabend in der Bar ankommen, sitzt die Mehrzahl der Gäste auf der lauschigen Dachterrasse. Wir entscheiden uns jedoch für den stimmungsvollen Raum mit den Vitrinen und bequemen Clubsesseln, wo wir es uns bei gedämpfter Musik gemütlich machen.
Verantwortlich für den Erfolg des Lebensstern sind Barchef Thomas Altenberg und seine Stellvertreterin Cordula Langer, mit der ich mich eigentlich an diesem Abend treffen wollte. Denn Cordula arbeitet erfolgreich in einem Beruf, der noch immer von Männern dominiert wird und in dem Frauen in Führungspositionen auch heutzutage keine Selbstverständlichkeit sind. Leider habe ich Cordula knapp verpasst, aber ich habe mir eine ihrer preisgekrönten Cocktail-Kreationen bestellt und war davon so begeistert, dass ich euch diesen Cocktail auch vorstellen möchte. Das Besondere an diesem Cocktail: Er wird nicht nur getrunken, sondern auch gegessen!
Eine andere Inspiration zu ihrem Cocktail fand Cordula im Foodpairing: Sie serviert zu ihrem Cocktail noch ein kleines Dessert, das den Cocktail auf fantastische Weise im Geschmack ergänzt und unterstützt. Bei diesem Dessert handelt es sich um eine klassische schottische Nachspeise mit dem Namen Cranachan, allerdings in einer leicht abgewandelten Variante, damit es optimal mit dem Punch harmoniert. Es besteht aus Himbeerpürree, gerösteten Haferflocken, Creme Fraiche angereichert mit Honig und Johnnie Walker Platinum Label. Sowohl Dessert als auch Cocktail werden von einer traumhaften Himbeer-Espuma gekrönt.
Aus dieser Kombination entstanden ist der King Walker's Highland Punch, denn Johnnie Walker gilt vielen als der König der blended Whiskys, und dieser Cocktail bereitet wirklich königliches Vergnügen:
Und hier ist Cordulas Rezept für den King Walker's Highland Punch:
Whisky (Johnnie Walker Platinum Label), Honigsirup und frischen Zitronen- oder Grapefruitsaft in ein gefrostetes Glas geben und bis zur Hälfte mit crushed Ice füllen.
Das Ganze leicht verrühren, nicht zu lang, sonst bildet sich zu viel Schmelzwasser.
Nun 1 Orangenzeste, 1 Zitronenzeste und 3 Himbeeren hinzufügen und das Glas zu ¾ voll mit Eis auffüllen, nochmals leicht verrühren.
Anschließend die Himbeerespuma auftragen und Muskatnuss drüber reiben.
Vielen Dank für diese traumhafte Gaumenfreude, liebe Cordula!
PS: leider hat inzwischen das gesamte Barteam in der Lebensstern-Bar gewechselt. Auch Cordula.
Toller Bericht, kannte ich noch gar nicht, werde ich nun aber mit Sicherheit mal besuchen. 600 Sorten Rum!? Dazu fällt mir aber nix mehr ein! Ich wußte nicht mal, daß es überhaupt so viele Sorten Rum gibt...
AntwortenLöschenSchön, daß Du nun wieder etwas über die Berliner Whiskyszene berichtest, auch wenn mir die Berichte über den Rest der Welt natürlich ebenso gefallen haben.
cheers Marcus
Hallo Marcus, die Bar würde euch bestimmt gut gefallen! Sie liegt ja etwas abseits vom Rummel, und als wir gegen 23 Uhr ankamen, war die Tür zu, so dass wir klingeln mussten. Wir wollten nur einen kleinen Absacker trinken, aber dann hat es uns so gut gefallen, dass wir noch bis tief in die Nacht dort gesessen haben. Und auch die Whisky-Karte ist toll. Falls du dort mal Cordula triffst, grüß sie lieb von mir;-)
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