Interview mit Master Distiller Michael d'Souza, Paul John Whisky
Manchmal muss man Glück haben, und im richtigen Moment am richtigen Ort sein. Frank Jerger von "Whisky for Life" in Frankfurt hatte es tatsächlich in Zusammenarbeit mit dem Bremer Spirituosen Contor geschafft, den Master Distiller von Paul John Whisky, Michael d'Souza, aus Indien für einen Tasting-Abend nach Frankfurt zu holen. Michael war wegen eines Termins in Frankreich von Goa nach Europa gekommen, und hatte die Nähe zum Frankfurter Flughafen genutzt, um der Main-Metropole einen Kurzbesuch abzustatten. Frank war an dem Abend dann leider verhindert. Aber dafür habe ich einige andere, liebe Bekannte getroffen. Und natürlich habe ich diese besondere Gelegenheit genutzt, mich länger mit Michael d'Souza über seinen Whisky zu unterhalten. Hier ein Auszug aus unserem Gespräch:
MM: Michael, kannst du dich zunächst meinen Lesern bitte vorstellen?
Michael: Mein Name ist Michael John d'Souza, ich bin der Master Distiller von Paul John. Ich bin seit 23 Jahren in der Whisky-Produktion tätig. Seit 2009 bin ich Master Distiller.
MM: Ihr habt 2009 mit der Produktion von Single Malt begonnen, und seid bisher sehr erfolgreich.
Michael: Ja, aber wir haben noch einen langen Weg vor uns. Unsere Single Malt Whiskys werden sehr positiv von den Konsumenten rund um den Globus aufgenommen. Aber wir sind ja noch eine junge Brennerei, wir sind erst 8 Jahre alt.
MM: Wie bist du denn zum Whisky gekommen?
Michael: Ich war schon immer fasziniert von Alkohol, und wollte auch beruflich diesen Weg einschlagen. 1993 bot sich dann die Gelegenheit, als Trainee bei John Distilleries anzufangen, und ich habe unter verschiedenen Blendern gelernt. Nach 6 Jahren habe ich dann den nächsten Schritt genommen und mit der Destillation begonnen. 2006 hat Herr Paul John, der Besitzer von John Distilleries, eine Malt Whisky Brennerei geplant. Es hat fast zwei Jahre gedauert, bis die Brennerei und zwei Lagerhäuser fertig waren. 2009 haben wir dann den ersten Single Malt Whisky produziert, und 2012 dann erstmals auf den Markt gebracht, als Single Cask Abfüllungen. Bald darauf haben wir dann auch unseren Flagship-Whisky, den "Brilliance", und "Bold" herausgebracht.
MM: Eure Brennereien produzieren nicht nur Single Malt?
Michael: Unsere Firma hat ein großes Portfolio mit unterschiedlichen Produkten und Marken, z.B. Whisky, Brandy, Rum, Gin. Wir produzieren auch Wein. Und natürlich Single Malt. Ich persönlich bin nur für den Single Malt zuständig.
MM: Hast du da viel zu tun, oder kannst du auch mal entspannen?
Michael: Im Augenblick habe ich tatsächlich viel zu tun. Als wir 2009 anfingen, haben wir uns nur auf Großbritannien konzentriert, aber mittlerweile beliefern wir 23 Länder. Das bedeutet, dass wir sehr viel Whisky produzieren und abfüllen müssen. Ich verbringen den größten Teil meiner Zeit in der Brennerei.
MM: Aber du hast doch hoffentlich auch noch Zeit, an den wunderschönen Stränden von Goa entlang zu spazieren?
Michael: Ja, manchmal.
MM: Wie würdest du den Haus-Stil von Paul John Single Malt beschreiben?
Michael: Heutzutage sind unzählige Whiskys rund um den Globus erhältlich, fantastische Whiskys aus Schottland, Nord-Amerika, Japan. Unser Whisky aus Indien sollte etwas einzigartiges sein. Wie du vielleicht weißt, ist Indien ja eine extrem vielfältige Nation, mit einer bunten Vielfalt an Kulturen, Religionen, Landschaften. Und diese dynamische Lebendigkeit, die für Indien so typisch ist, wollten wir auch in die Flasche bringen. Das war unsere Ausgangsidee. Wir haben unsere eigenen Entwürfe für die Pot Stills, und die Fermenter, eigentlich für alles. Es war nicht immer einfach, aber wir haben es letztendlich geschafft. Was den Haus-Stil anbelangt, unsere Whiskys sind robuster im Grundcharakter, mit vielen tropischen Fruchtaromen und Gewürz-Noten, Honig, Vanille, Schokolade. Das sind die Aromen, die man in allen unseren Abfüllungen entdecken kann.
MM: Was ist für dich der größte Unterschied zwischen Single Malt Whisky aus Schottland und aus Asien?
Michael: Jede Region hat ihre besonderen klimatischen Bedingungen, die dem Whisky ihren besonderen Charakter verleihen. Das Klima in Schottland ist kälter, der Whisky reift ganz anders, er ist viel fauler. In Asien verläuft die Reifung viel schneller, und man bekommt auch mehr Aromen aus den Fässern.
MM: Und die Verdunstungsrate ist gewiss auch viel höher?
Michael: Auch das hängt von der Region ab. Im Süden von Indien verlieren wir weniger Alkohol und mehr Wasser, in Goa, wo ein tropisches Klima herrscht, und die Luftfeuchtigkeit sehr hoch ist, verlieren wir mehr Alkohol und weniger Wasser. Wir füllen den Whisky immer mit 64% in die Fässer, aber wir verlieren im Laufe der Zeit auch Alkohol.
Wir haben auch zwei verschiedene Lagerhäuser, eins oberirdisch, und eins unterirdisch. Dadurch reifen die Fässer bei unterschiedlichen Temperaturen, und wir können unterschiedliche Aromenprofile erreichen. Das unterirdische Kellerlager gibt uns elegantere Whiskys. In der oberirdischen Lagerhalle sind die Fässer höheren Temperaturen ausgesetzt, der Whisky ist robuster. Die Umgebungsluft ist sehr feucht, und hat einen höheren Salzanteil, und der Whisky schmeckt auch salziger. Für den Classic Select Cask nehmen wir hingegen die besten Fässer, also first-fill Fässer, aus dem unterirdischen Lager. Er ist derzeit 7 Jahre, ungefärbt, und nicht kühlfiltriert.
MM: Wie alt ist denn der älteste Whisky, den du bisher produziert hast?
Michael: Der älteste Whisky in unseren Lagerhäusern ist derzeit 8 Jahre alt.
MM: Wie viel bleibt denn nach 8 Jahren noch im Fass übrig?
Michael: Wir verlieren etwa 50% innerhalb von 8 Jahren. Pro Jahr verlieren wir etwa 8 %.
MM: Haben die Menschen in Indien andere Geschmackspräferenzen, wenn es um Whisky geht?
Michael: Wir Inder mögen es sehr gerne süß. Wir mögen fruchtige, elegante Whiskys. Wir mögen die starken, rauchigen Whiskys nicht so sehr.
MM: Japanischer Whisky hat in der jüngsten Vergangenheit eine unerwartet große Nachfrage erlebt, Whisky aus Taiwan wird bei internationalen Wettbewerben mit Goldmedaillen überschüttet, und auch Whisky aus Indien wird immer populärer. Warum sind Whiskys aus Asien derzeit so erfolgreich?
Michael: Das hat verschiedene Gründe. Zum einen liegt es an der hohen Qualität. Die Brennereien in Asien benutzen neue Fässer, und haben neue Ausrüstungen, während in Schottland die Ausrüstung noch sehr traditionell ist, die Fässer sind oft alt, das Klima ist kälter, der Whisky entwickelt sich anders. In Asien erhalten wir durch das unterschiedliche Klima auch mehr Aromen. Ich will nicht sagen, dass unser Whisky besser ist als der schottische. Aber wir können durchaus mithalten.
MM: Ihr habt jetzt auch mit rauchigem Whisky angefangen?
Michael: Ja. Wir haben in Indien natürlich keine Torf-Vorkommen, wir importieren den Torf aus Schottland. Die größte Menge kommt aus Islay, aber ich importiere auch Torf aus der Region um Aberdeen. Für einige unserer Abfüllungen benutze ich beide Sorten, für andere benutze ich nur Islay-Torf. Aber die Einfuhrbestimmungen sind sehr kompliziert, und es dauert mitunter bis zu drei Monaten, ehe der Torf bei uns ankommt. Wir müssen ihn dann sofort verwenden, denn je länger der Torf trocknet, desto mehr verliert er an Aroma. Deshalb importieren wir nur im Winter, also von November bis Januar, weil dann die Trocknungsrate langsamer verläuft.
MM: Woher bekommt ihr euer Gerstenmalz?
Michael: Paul John ist ein indischer Whisky. Alles ist indisch, außer dem Torf. Wir wollten einen 100%igen indischen Whisky haben. Deshalb benutzen wir indische, 6reihige Gerste. Die ist schon anders als die europäische Gerste, sie ist reichhaltiger, hat mehr Proteine und weniger Kohlenhydrate. Sie wird am Fuße des Himalaya angebaut. Indische Gerste ist viel kleiner als europäische Gerste, das bedeutet, dass der Anteil der Hülse im Verhältnis höher ist. Das verleiht unserem Whisky mehr Charakter und mehr Kraft. Ich benutze jeden Tag 5 Tonnen Gerstenmalz, für 2.500 Liter New Make.
MM: Wie lange dauert die Fermentierung?
Michael: Ungefähr 60 Stunden. Aber die fermentierte Wash ruht dann noch einige Stunden, ehe wir destillieren, damit wir mehr Komplexität erhalten. Im Durchschnitt beträgt die Zeit also 70 bis 75 Stunden insgesamt.
MM: Das Klima beschleunigt eure Fermentation also nicht?
Michael: Wir benutzen doppelwandige Edelstahlbecken, in denen dann das Kühlwasser im Mantel zirkulieren kann, damit wir die richtige Temperatur halten können.
MM: Auf welche Abfüllungen können wir uns in der Zukunft freuen?
Michael: Ich hoffe, dass ich die magischen 10 Jahre erreiche. Aber ich weiß nicht, ob wir wirklich ein Alter auf den Flaschen angeben werden, weil es die Leute täuscht. Ein Jahr Whisky-Reifung in Indien bringt ein Aroma-Profil, das man in Schottland erst nach knapp vier Jahren erreicht. Unsere Whiskys sind derzeit 6 bis 7 Jahre alt, was einem Aromaprofil von einem 24 oder 25 Jahre alten schottischen Whisky entspricht. Aber wenn wir das Alter auf die Flasche drauf schreiben, dann denken die Leute, der Whisky ist 7 oder 8 Jahre alt. Und weil sie das Alter mit schottischem Whisky vergleichen würden, wäre das letztendlich eine Täuschung.
MM: Welche Fässer benutzt ihr denn?
Michael: Zur Zeit verwenden wir vor allem amerikanische Eiche, weil sie zu unseren Whisky am besten passt.
MM: Es gibt keine indische Eiche?
Michael: Nein, leider nicht.
MM: Welche Abfüllungen wirst du uns später im Tasting präsentieren?
Michael: Wir haben versucht, für unterschiedliche Geschmäcker auch unterschiedliche Whiskys anzubieten. Wir werden nachher Brilliance (46%), Classic Select Cask (55,2%), Single Cask 1615 unpeated (57,6%), Edited (46%), Bold (46%), Peated Select Cask (55,5%) und Single Cask 745 Peated (58,2%) verkosten.
MM: Ich freu mich schon drauf. Danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast, Michael.
Das Tasting, das anschließend im kleinen Rahmen in den Geschäftsräumen von "Whisky for Life" in Frankfurt stattfand, war dann ein absolutes Highlight. Die Whiskys haben toll geschmeckt, und die Stimmung war sehr entspannt und fröhlich. Zu meiner großen Überraschung hat man den Einfluss der amerikanischen Bourbon-Fässer weit weniger gemerkt als bei schottischem Whisky, die Vanille-Aromen waren sehr verhalten, Schokoladen-, Nuß- und Gewürz-Aromen stehen vielmehr im Vordergrund.
Es ist immer ein ganz besonderes Erlebnis, einen Whisky mit der Person zu verkosten, die ihn gemacht hat. Deshalb ein großes Dankeschön an "Whisky for Life" und das Bremer Spirituosen Contor, dass sie dieses Erlebnis möglich gemacht haben.
Zum Abschluss hier noch ein paar Foto-Impressionen vom Tasting:
MM: Michael, kannst du dich zunächst meinen Lesern bitte vorstellen?
Michael: Mein Name ist Michael John d'Souza, ich bin der Master Distiller von Paul John. Ich bin seit 23 Jahren in der Whisky-Produktion tätig. Seit 2009 bin ich Master Distiller.
MM: Ihr habt 2009 mit der Produktion von Single Malt begonnen, und seid bisher sehr erfolgreich.
Michael: Ja, aber wir haben noch einen langen Weg vor uns. Unsere Single Malt Whiskys werden sehr positiv von den Konsumenten rund um den Globus aufgenommen. Aber wir sind ja noch eine junge Brennerei, wir sind erst 8 Jahre alt.
MM: Wie bist du denn zum Whisky gekommen?
Michael: Ich war schon immer fasziniert von Alkohol, und wollte auch beruflich diesen Weg einschlagen. 1993 bot sich dann die Gelegenheit, als Trainee bei John Distilleries anzufangen, und ich habe unter verschiedenen Blendern gelernt. Nach 6 Jahren habe ich dann den nächsten Schritt genommen und mit der Destillation begonnen. 2006 hat Herr Paul John, der Besitzer von John Distilleries, eine Malt Whisky Brennerei geplant. Es hat fast zwei Jahre gedauert, bis die Brennerei und zwei Lagerhäuser fertig waren. 2009 haben wir dann den ersten Single Malt Whisky produziert, und 2012 dann erstmals auf den Markt gebracht, als Single Cask Abfüllungen. Bald darauf haben wir dann auch unseren Flagship-Whisky, den "Brilliance", und "Bold" herausgebracht.
MM: Eure Brennereien produzieren nicht nur Single Malt?
Michael: Unsere Firma hat ein großes Portfolio mit unterschiedlichen Produkten und Marken, z.B. Whisky, Brandy, Rum, Gin. Wir produzieren auch Wein. Und natürlich Single Malt. Ich persönlich bin nur für den Single Malt zuständig.
MM: Hast du da viel zu tun, oder kannst du auch mal entspannen?
Michael: Im Augenblick habe ich tatsächlich viel zu tun. Als wir 2009 anfingen, haben wir uns nur auf Großbritannien konzentriert, aber mittlerweile beliefern wir 23 Länder. Das bedeutet, dass wir sehr viel Whisky produzieren und abfüllen müssen. Ich verbringen den größten Teil meiner Zeit in der Brennerei.
MM: Aber du hast doch hoffentlich auch noch Zeit, an den wunderschönen Stränden von Goa entlang zu spazieren?
Michael: Ja, manchmal.
MM: Wie würdest du den Haus-Stil von Paul John Single Malt beschreiben?
Michael: Heutzutage sind unzählige Whiskys rund um den Globus erhältlich, fantastische Whiskys aus Schottland, Nord-Amerika, Japan. Unser Whisky aus Indien sollte etwas einzigartiges sein. Wie du vielleicht weißt, ist Indien ja eine extrem vielfältige Nation, mit einer bunten Vielfalt an Kulturen, Religionen, Landschaften. Und diese dynamische Lebendigkeit, die für Indien so typisch ist, wollten wir auch in die Flasche bringen. Das war unsere Ausgangsidee. Wir haben unsere eigenen Entwürfe für die Pot Stills, und die Fermenter, eigentlich für alles. Es war nicht immer einfach, aber wir haben es letztendlich geschafft. Was den Haus-Stil anbelangt, unsere Whiskys sind robuster im Grundcharakter, mit vielen tropischen Fruchtaromen und Gewürz-Noten, Honig, Vanille, Schokolade. Das sind die Aromen, die man in allen unseren Abfüllungen entdecken kann.
MM: Was ist für dich der größte Unterschied zwischen Single Malt Whisky aus Schottland und aus Asien?
Michael: Jede Region hat ihre besonderen klimatischen Bedingungen, die dem Whisky ihren besonderen Charakter verleihen. Das Klima in Schottland ist kälter, der Whisky reift ganz anders, er ist viel fauler. In Asien verläuft die Reifung viel schneller, und man bekommt auch mehr Aromen aus den Fässern.
MM: Und die Verdunstungsrate ist gewiss auch viel höher?
Michael: Auch das hängt von der Region ab. Im Süden von Indien verlieren wir weniger Alkohol und mehr Wasser, in Goa, wo ein tropisches Klima herrscht, und die Luftfeuchtigkeit sehr hoch ist, verlieren wir mehr Alkohol und weniger Wasser. Wir füllen den Whisky immer mit 64% in die Fässer, aber wir verlieren im Laufe der Zeit auch Alkohol.
Wir haben auch zwei verschiedene Lagerhäuser, eins oberirdisch, und eins unterirdisch. Dadurch reifen die Fässer bei unterschiedlichen Temperaturen, und wir können unterschiedliche Aromenprofile erreichen. Das unterirdische Kellerlager gibt uns elegantere Whiskys. In der oberirdischen Lagerhalle sind die Fässer höheren Temperaturen ausgesetzt, der Whisky ist robuster. Die Umgebungsluft ist sehr feucht, und hat einen höheren Salzanteil, und der Whisky schmeckt auch salziger. Für den Classic Select Cask nehmen wir hingegen die besten Fässer, also first-fill Fässer, aus dem unterirdischen Lager. Er ist derzeit 7 Jahre, ungefärbt, und nicht kühlfiltriert.
MM: Wie alt ist denn der älteste Whisky, den du bisher produziert hast?
Michael: Der älteste Whisky in unseren Lagerhäusern ist derzeit 8 Jahre alt.
MM: Wie viel bleibt denn nach 8 Jahren noch im Fass übrig?
Michael: Wir verlieren etwa 50% innerhalb von 8 Jahren. Pro Jahr verlieren wir etwa 8 %.
MM: Haben die Menschen in Indien andere Geschmackspräferenzen, wenn es um Whisky geht?
Michael: Wir Inder mögen es sehr gerne süß. Wir mögen fruchtige, elegante Whiskys. Wir mögen die starken, rauchigen Whiskys nicht so sehr.
MM: Japanischer Whisky hat in der jüngsten Vergangenheit eine unerwartet große Nachfrage erlebt, Whisky aus Taiwan wird bei internationalen Wettbewerben mit Goldmedaillen überschüttet, und auch Whisky aus Indien wird immer populärer. Warum sind Whiskys aus Asien derzeit so erfolgreich?
Michael: Das hat verschiedene Gründe. Zum einen liegt es an der hohen Qualität. Die Brennereien in Asien benutzen neue Fässer, und haben neue Ausrüstungen, während in Schottland die Ausrüstung noch sehr traditionell ist, die Fässer sind oft alt, das Klima ist kälter, der Whisky entwickelt sich anders. In Asien erhalten wir durch das unterschiedliche Klima auch mehr Aromen. Ich will nicht sagen, dass unser Whisky besser ist als der schottische. Aber wir können durchaus mithalten.
MM: Ihr habt jetzt auch mit rauchigem Whisky angefangen?
Michael: Ja. Wir haben in Indien natürlich keine Torf-Vorkommen, wir importieren den Torf aus Schottland. Die größte Menge kommt aus Islay, aber ich importiere auch Torf aus der Region um Aberdeen. Für einige unserer Abfüllungen benutze ich beide Sorten, für andere benutze ich nur Islay-Torf. Aber die Einfuhrbestimmungen sind sehr kompliziert, und es dauert mitunter bis zu drei Monaten, ehe der Torf bei uns ankommt. Wir müssen ihn dann sofort verwenden, denn je länger der Torf trocknet, desto mehr verliert er an Aroma. Deshalb importieren wir nur im Winter, also von November bis Januar, weil dann die Trocknungsrate langsamer verläuft.
MM: Woher bekommt ihr euer Gerstenmalz?
Michael: Paul John ist ein indischer Whisky. Alles ist indisch, außer dem Torf. Wir wollten einen 100%igen indischen Whisky haben. Deshalb benutzen wir indische, 6reihige Gerste. Die ist schon anders als die europäische Gerste, sie ist reichhaltiger, hat mehr Proteine und weniger Kohlenhydrate. Sie wird am Fuße des Himalaya angebaut. Indische Gerste ist viel kleiner als europäische Gerste, das bedeutet, dass der Anteil der Hülse im Verhältnis höher ist. Das verleiht unserem Whisky mehr Charakter und mehr Kraft. Ich benutze jeden Tag 5 Tonnen Gerstenmalz, für 2.500 Liter New Make.
MM: Wie lange dauert die Fermentierung?
Michael: Ungefähr 60 Stunden. Aber die fermentierte Wash ruht dann noch einige Stunden, ehe wir destillieren, damit wir mehr Komplexität erhalten. Im Durchschnitt beträgt die Zeit also 70 bis 75 Stunden insgesamt.
MM: Das Klima beschleunigt eure Fermentation also nicht?
Michael: Wir benutzen doppelwandige Edelstahlbecken, in denen dann das Kühlwasser im Mantel zirkulieren kann, damit wir die richtige Temperatur halten können.
MM: Auf welche Abfüllungen können wir uns in der Zukunft freuen?
Michael: Ich hoffe, dass ich die magischen 10 Jahre erreiche. Aber ich weiß nicht, ob wir wirklich ein Alter auf den Flaschen angeben werden, weil es die Leute täuscht. Ein Jahr Whisky-Reifung in Indien bringt ein Aroma-Profil, das man in Schottland erst nach knapp vier Jahren erreicht. Unsere Whiskys sind derzeit 6 bis 7 Jahre alt, was einem Aromaprofil von einem 24 oder 25 Jahre alten schottischen Whisky entspricht. Aber wenn wir das Alter auf die Flasche drauf schreiben, dann denken die Leute, der Whisky ist 7 oder 8 Jahre alt. Und weil sie das Alter mit schottischem Whisky vergleichen würden, wäre das letztendlich eine Täuschung.
MM: Welche Fässer benutzt ihr denn?
Michael: Zur Zeit verwenden wir vor allem amerikanische Eiche, weil sie zu unseren Whisky am besten passt.
MM: Es gibt keine indische Eiche?
Michael: Nein, leider nicht.
MM: Welche Abfüllungen wirst du uns später im Tasting präsentieren?
Michael: Wir haben versucht, für unterschiedliche Geschmäcker auch unterschiedliche Whiskys anzubieten. Wir werden nachher Brilliance (46%), Classic Select Cask (55,2%), Single Cask 1615 unpeated (57,6%), Edited (46%), Bold (46%), Peated Select Cask (55,5%) und Single Cask 745 Peated (58,2%) verkosten.
MM: Ich freu mich schon drauf. Danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast, Michael.
Das Tasting, das anschließend im kleinen Rahmen in den Geschäftsräumen von "Whisky for Life" in Frankfurt stattfand, war dann ein absolutes Highlight. Die Whiskys haben toll geschmeckt, und die Stimmung war sehr entspannt und fröhlich. Zu meiner großen Überraschung hat man den Einfluss der amerikanischen Bourbon-Fässer weit weniger gemerkt als bei schottischem Whisky, die Vanille-Aromen waren sehr verhalten, Schokoladen-, Nuß- und Gewürz-Aromen stehen vielmehr im Vordergrund.
Es ist immer ein ganz besonderes Erlebnis, einen Whisky mit der Person zu verkosten, die ihn gemacht hat. Deshalb ein großes Dankeschön an "Whisky for Life" und das Bremer Spirituosen Contor, dass sie dieses Erlebnis möglich gemacht haben.
Zum Abschluss hier noch ein paar Foto-Impressionen vom Tasting:
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