On the Road: Interview mit Thomas Ide, The Wisky Chamber
Schon seit seiner Studienzeit ist Whisky seine große Leidenschaft, doch seine berufliche Karriere führte ihn erst einmal in
eine ganz andere Richtung. 2006 wagt Thomas Ide den entscheidenden Schritt als unabhängiger Abfüller und gründet die Firma "The Whisky Chamber" mit Sitz in Rheinhausen, mit der er sich in kürzester Zeit in der deutschen Whisky-Szene einen hervorragenden Ruf erarbeitet.
Noch vor meiner Abreise nach Berlin hatte ich die Gelegenheit, mit ihm über seine Arbeit als unabhängiger Abfüller zu plaudern und auch zu interviewen. ....
Hier ist das Interview in voller Länge:
Interview mit Thomas Ide, The Whisky Chamber
MargareteMarie: Für viele Berufe gibt es eine vorgeschriebene Ausbildung und sie selbst
haben ja auch eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann und ein
Studium der Lebensmitteltechnologie erfolgreich absolviert. Wie aber
wird man „Unabhängiger Abfüller“?
Thomas Ide: Guten Whisky zu verkosten und zu sammeln war schon seit der Studienzeiten mein Hobby. Durch Reisen „zu den Quellen“ habe ich mit den Jahren viel über Whisky gelernt und Kontakte zu Destillerien und Experten im Whisky-Business aufgebaut.
MM: Wie und wo finden Sie Ihre Fässer?
Thomas: In den vielen Jahren, als Whisky noch ein Hobby war, konnte ich bereits sehr gute Kontakte in Schottland knüpfen. Diese Kontakte helfen mir bis heute Whiskyfässer zu finden, die meinem Geschmack entsprechen und meiner Vorstellung davon, wofür die Marke The Whisky Chamber stehen soll.
MM: Worauf legen Sie bei der Auswahl Ihrer Fässer besonderen Wert?
Thomas: Alte Fässer werden nur gekauft, wenn sie mir schmecken. Auch suche ich gerne mal ein Fass aus, das nicht ganz destillerietypisch ist (den typischen Geschmack bekommt man schließlich bei den Originalabfüllungen). Dabei ist mir klar: mein Geschmack ist nicht der Geschmack „aller“, aber ich glaube, das ist genau das, was die Whiskygemeinde an meiner Auswahl schätzt.
MM: Wie lange dauert es normalerweise vom Kauf eines Fasses bis zu seiner Abfüllung?
Thomas: Je nachdem, zu welchem Zeitpunkt ich das Fass gekauft habe: ich kaufe unter anderem auch frische Fässer (New Make) – dann kann die Lagerzeit schon mal 10-15 Jahre betragen. Lieber kaufe ich Fässer im Alter von 5-7 Jahren: dann hat man schon eine Idee, wo der Whisky geschmacklich hingeht und muss dann nur noch ein paar Jahre warten. Die dritte Gruppe Fässer sind diejenigen, die ich zur baldigen Abfüllung – nach 1-12 Monaten – einkaufe.
MM: Wo werden Ihre Fässer abgefüllt und etikettiert?
Thomas: Das ist durch die Scotch Whisky Association (SWA) ganz eindeutig geregelt: Scotch Whisky muss in Schottland gereift sein und auch dort in Flaschen abgefüllt werden. Der Transport in Flaschen & Kartons ist auch viel praktischer und sicherer. Ein Fass ist eher unhandlich und kann sich beim Transport verziehen; dann kommt nur noch ein leeres Fass an und der LKW duftet lecker nach Whisky...
MM: Sind Sie Ihr eigener Importeur oder gibt es noch eine „Zwischenstufe“?
Thomas: Normalerweise kommen die frisch abgefüllten Flaschen direkt vom Abfüller in mein Lager. Gelegentlich tun sich mehrere Importeure zusammen, um den Transport zu optimieren.
MM: Man hört immer wieder die unglaublichsten Geschichten über vergessene oder verschollene Fässer. Haben sie auch einmal ein Fass „vermisst“?
Thomas: Bisher habe ich Glück gehabt – den kurzzeitig verschollenen „Teufel III“ hat man Gott sei Dank beim Abfüller wiedergefunden. Mehr Pech hatte ich mit einem anderen Islay-Fass, wo es eine feste Zusage gab und dann wurde es einfach weiterverkauft. Leider zählt da nicht immer der Handschlag, so wie ich es 1980 noch in Hamburg als „ordentlicher hanseatischer Kaufmann“ gelernt hatte.
MM: Wie oft fahren Sie pro Jahr nach Schottland?
Thomas: Circa zweimal im Jahr. Ich würde gerne öfter rüberfliegen, aber die Lagerbesuche sind immer sehr zeitintensiv und zwischendurch muss ich ja auch noch arbeiten - nicht, dass „probieren“ keine Arbeit wäre ;-)
MM: Haben Sie eine Lieblingsbrennerei?
Thomas: Ganz klar: Springbank. Es ist eine der wenigen Brennereien in privatem Besitz, und die einzige, wo wirklich noch alles im Hause selber gemacht wird (100% inklusive Malting). Die Batches bei den Originalabfüllungen sind sehr klein; dadurch hat jede Abfüllung einen eigenständigen Charakter: sie können also auch mal leicht anders schmecken, wie man es auch von einem Jahrgangswein erwartet – eben „hand made“. Außerdem mag ich die paar ppm Phenol, die ihm eine leichte Rauchigkeit verleihen.
MM: Wir konnten in den vergangenen Jahren große Veränderungen im Whisky-Markt beobachten, immer mehr Brennereien befinden sich inzwischen im Besitz von global agierenden Groß-Konzernen. Welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf ihre Arbeit als unabhängiger Abfüller?
Thomas: Die Versorgungslage hat sich in den letzten 2-3 Jahren für uns kleine unabhängige Abfüller deutlich verschlechtert. Die Preise für gute Abfüllungen steigen kontinuierlich und direkte Einkäufe bei den noch verbliebenen privaten Destillerien sind kaum noch möglich. Auch das Angebot von den Brokern wird immer dünner und enthält zum Teil „grausige“ Proben, wo ich mich frage, in welchem Blend dieses Fass dann verarbeitet wird...?
MM: Wie schätzen Sie die Zukunft der unabhängigen Abfüller ein?
Thomas: Kleine unabhängige Abfüller haben zum Teil wenig Lagerbestand aus dem sie Versorgungslücken decken können. Das kann in den nächsten Jahren zu einer Schrumpfung des Angebotes und steigenden Preisen führen, oder es geht zu Lasten der Qualität. Um dem vorzubeugen, investiere ich im Moment in meinen Fassbestand, damit ich die nächsten 10 Jahre weiter herausragenden Whisky abfüllen kann.
MM: Wie oft haben Sie in den vergangenen 12 Monaten beruflich mit Frauen zu tun gehabt und in welchem Zusammenhang, beispielsweise als Kundin, als Sekretärin oder als Brennmeisterin?
Thomas: Sehr oft, schließlich werden viele meiner Whisky-Händler von Frauen gemanagt!
Aber auch sonst habe ich fast mehr mit Frauen als mit Männern zu tun: Frauen, die ein besonderes Geschenk (z.B. alte Jahrgangswhiskies) suchen oder Managerinnen von Eventagenturen, die mit mir eine „Whisky Connaisseurs Lounge“ oder ein Firmen-Whisky-Tasting organisieren.
MM: Welchen Whisky trinkt ihre Frau am liebsten? Teilen Sie diese Vorliebe?
Thomas: Mein Frau trinkt gar keinen „harten“ Alkohol, also auch keinen Whisky. Aber sie hat eine super Nase und eben auch keine Lieblingsdestillerien. Das heißt, wenn ich Fass-Proben verkoste, muss ihre Nase zuerst ran und ich bekomme dann immer eine ganz ehrliche Antwort – das ist eine tolle Hilfe bei den Tasting Notes.
MM: Wie viele Flaschen nennen Sie denn privat ihr eigen?
Thomas: Ich habe im Jahr 2000 aufgehört Whisky aktiv zu sammeln; da standen so ca. 1.000 Flaschen im Regal. Damit zähle ich also nicht unbedingt zu den großen Sammlern; ich hatte auch gar nicht den Platz für viel mehr – da war es dann einfacher, volle Fässer zu sammeln: die bleiben erst mal brav in Schottland liegen ;-)
MM: Wenn ich eine Flasche von The Whisky Chamber haben möchte - wo kann man Ihren Whisky kaufen?
Thomas: Die Whisky Chamber Abfüllungen gibt es nur in ausgesuchten Whisky-Fachgeschäften, da Single Cask Abfüllungen eine fachkundige Beratung brauchen – besonders, wenn sie wie mein Whisky in Fassstärke verkauft werden.
MM: Auf welche Abfüllungen können wir uns in den kommenden Monaten freuen?
Thomas: Zum Herbst kommen einige neue Single Malts, die wieder die ganze Geschmackspalette von rauchig über fruchtig und malzig abdecken, unter anderem mein berüchtigter „Teufel“:
Auch sonst sind ein paar weitere interessante Fässer in Arbeit... Es soll kein trockenes Weihnachtsfest geben ;-)
MM: Zum Abschluss noch eine letzte Frage: Können Sie mir drei gute Gründe nennen, warum eine Frau eine Flasche von "The Whisky Chamber" in ihrer Bar haben sollte?
Thomas: 1., 2., und 3.: Weil er ihr schmeckt - nichts anderes sollte zählen, wenn Sie ihre Bar auffüllt.
Herr Ide, ich danke Ihnen für dieses Interview.
(alle Fotos: Thomas Ide)
Noch vor meiner Abreise nach Berlin hatte ich die Gelegenheit, mit ihm über seine Arbeit als unabhängiger Abfüller zu plaudern und auch zu interviewen. ....
Hier ist das Interview in voller Länge:
Interview mit Thomas Ide, The Whisky Chamber
Thomas Ide: Guten Whisky zu verkosten und zu sammeln war schon seit der Studienzeiten mein Hobby. Durch Reisen „zu den Quellen“ habe ich mit den Jahren viel über Whisky gelernt und Kontakte zu Destillerien und Experten im Whisky-Business aufgebaut.
Nach 30 Jahren als Manager für multinationale Konzerne fragte ich mich, ob das wirklich immer so weitergehen sollte. Ich hatte den Wunsch etwas Eigenes aufzubauen, was mir so richtig Spaß macht und wo ich auch 100% persönlich dahinterstehen kann. Der Whisky-Bestand war eigentlich „für später“ gedacht – aber so lange wollte ich dann nicht mehr warten.
Thomas: In den vielen Jahren, als Whisky noch ein Hobby war, konnte ich bereits sehr gute Kontakte in Schottland knüpfen. Diese Kontakte helfen mir bis heute Whiskyfässer zu finden, die meinem Geschmack entsprechen und meiner Vorstellung davon, wofür die Marke The Whisky Chamber stehen soll.
Thomas: Alte Fässer werden nur gekauft, wenn sie mir schmecken. Auch suche ich gerne mal ein Fass aus, das nicht ganz destillerietypisch ist (den typischen Geschmack bekommt man schließlich bei den Originalabfüllungen). Dabei ist mir klar: mein Geschmack ist nicht der Geschmack „aller“, aber ich glaube, das ist genau das, was die Whiskygemeinde an meiner Auswahl schätzt.
Thomas: Je nachdem, zu welchem Zeitpunkt ich das Fass gekauft habe: ich kaufe unter anderem auch frische Fässer (New Make) – dann kann die Lagerzeit schon mal 10-15 Jahre betragen. Lieber kaufe ich Fässer im Alter von 5-7 Jahren: dann hat man schon eine Idee, wo der Whisky geschmacklich hingeht und muss dann nur noch ein paar Jahre warten. Die dritte Gruppe Fässer sind diejenigen, die ich zur baldigen Abfüllung – nach 1-12 Monaten – einkaufe.
Thomas: Das ist durch die Scotch Whisky Association (SWA) ganz eindeutig geregelt: Scotch Whisky muss in Schottland gereift sein und auch dort in Flaschen abgefüllt werden. Der Transport in Flaschen & Kartons ist auch viel praktischer und sicherer. Ein Fass ist eher unhandlich und kann sich beim Transport verziehen; dann kommt nur noch ein leeres Fass an und der LKW duftet lecker nach Whisky...
Die „richtigen“ Etiketten kommen in der Regel erst in Deutschland auf die Flaschen, da ich in Fassstärke abfülle und den Alkoholgehalt also erst sehr spät bekomme. Während der Transportzeit kann dann das Label gedruckt werden und dafür wird jede Flasche dann auch noch einmal von Hand geprüft.
Thomas: Normalerweise kommen die frisch abgefüllten Flaschen direkt vom Abfüller in mein Lager. Gelegentlich tun sich mehrere Importeure zusammen, um den Transport zu optimieren.
Thomas: Bisher habe ich Glück gehabt – den kurzzeitig verschollenen „Teufel III“ hat man Gott sei Dank beim Abfüller wiedergefunden. Mehr Pech hatte ich mit einem anderen Islay-Fass, wo es eine feste Zusage gab und dann wurde es einfach weiterverkauft. Leider zählt da nicht immer der Handschlag, so wie ich es 1980 noch in Hamburg als „ordentlicher hanseatischer Kaufmann“ gelernt hatte.
Thomas: Circa zweimal im Jahr. Ich würde gerne öfter rüberfliegen, aber die Lagerbesuche sind immer sehr zeitintensiv und zwischendurch muss ich ja auch noch arbeiten - nicht, dass „probieren“ keine Arbeit wäre ;-)
Thomas: Ganz klar: Springbank. Es ist eine der wenigen Brennereien in privatem Besitz, und die einzige, wo wirklich noch alles im Hause selber gemacht wird (100% inklusive Malting). Die Batches bei den Originalabfüllungen sind sehr klein; dadurch hat jede Abfüllung einen eigenständigen Charakter: sie können also auch mal leicht anders schmecken, wie man es auch von einem Jahrgangswein erwartet – eben „hand made“. Außerdem mag ich die paar ppm Phenol, die ihm eine leichte Rauchigkeit verleihen.
Thomas: Die Versorgungslage hat sich in den letzten 2-3 Jahren für uns kleine unabhängige Abfüller deutlich verschlechtert. Die Preise für gute Abfüllungen steigen kontinuierlich und direkte Einkäufe bei den noch verbliebenen privaten Destillerien sind kaum noch möglich. Auch das Angebot von den Brokern wird immer dünner und enthält zum Teil „grausige“ Proben, wo ich mich frage, in welchem Blend dieses Fass dann verarbeitet wird...?
MM: Wie schätzen Sie die Zukunft der unabhängigen Abfüller ein?
Thomas: Kleine unabhängige Abfüller haben zum Teil wenig Lagerbestand aus dem sie Versorgungslücken decken können. Das kann in den nächsten Jahren zu einer Schrumpfung des Angebotes und steigenden Preisen führen, oder es geht zu Lasten der Qualität. Um dem vorzubeugen, investiere ich im Moment in meinen Fassbestand, damit ich die nächsten 10 Jahre weiter herausragenden Whisky abfüllen kann.
Thomas: Sehr oft, schließlich werden viele meiner Whisky-Händler von Frauen gemanagt!
Aber auch sonst habe ich fast mehr mit Frauen als mit Männern zu tun: Frauen, die ein besonderes Geschenk (z.B. alte Jahrgangswhiskies) suchen oder Managerinnen von Eventagenturen, die mit mir eine „Whisky Connaisseurs Lounge“ oder ein Firmen-Whisky-Tasting organisieren.
Und nicht zuletzt bei meinen “Ladies Night” Whisky Tastings - mit mir im Kilt ;-)
Diese sind immer gut besucht und die Kommunikation zwischen den Teilnehmerinnen ist deutlich intensiver als bei einer 100%igen Herrenrunde (da wird zum Beispiel auch gerne mal ein Whiskyglas getauscht).
Diese sind immer gut besucht und die Kommunikation zwischen den Teilnehmerinnen ist deutlich intensiver als bei einer 100%igen Herrenrunde (da wird zum Beispiel auch gerne mal ein Whiskyglas getauscht).
Thomas: Mein Frau trinkt gar keinen „harten“ Alkohol, also auch keinen Whisky. Aber sie hat eine super Nase und eben auch keine Lieblingsdestillerien. Das heißt, wenn ich Fass-Proben verkoste, muss ihre Nase zuerst ran und ich bekomme dann immer eine ganz ehrliche Antwort – das ist eine tolle Hilfe bei den Tasting Notes.
Auch sonst unterstützt sie mich in jeder Hinsicht; ohne sie hätte ich 2006 den Schritt in die Selbständigkeit erst gar nicht gewagt – und bis heute haben wir diesen gemeinsamen Schritt auch nicht bereut :-)
Thomas: Ich habe im Jahr 2000 aufgehört Whisky aktiv zu sammeln; da standen so ca. 1.000 Flaschen im Regal. Damit zähle ich also nicht unbedingt zu den großen Sammlern; ich hatte auch gar nicht den Platz für viel mehr – da war es dann einfacher, volle Fässer zu sammeln: die bleiben erst mal brav in Schottland liegen ;-)
Thomas: Die Whisky Chamber Abfüllungen gibt es nur in ausgesuchten Whisky-Fachgeschäften, da Single Cask Abfüllungen eine fachkundige Beratung brauchen – besonders, wenn sie wie mein Whisky in Fassstärke verkauft werden.
Auf meiner Webseite finden Sie die aktuelle Händlerliste.
Thomas: Zum Herbst kommen einige neue Single Malts, die wieder die ganze Geschmackspalette von rauchig über fruchtig und malzig abdecken, unter anderem mein berüchtigter „Teufel“:
Buair an diabhail IV (Teufel IV),
-
Deanston 1997 (ex Bourbon Hogshead),
-
Ben Nevis 1997 (ex Sherry Hogshead)
-
Und für Weihnachten ein Xmas Malt (Bunnahabhain) vom 24.12.1990 (dark sherry Hogshead)Auch sonst sind ein paar weitere interessante Fässer in Arbeit... Es soll kein trockenes Weihnachtsfest geben ;-)
MM: Zum Abschluss noch eine letzte Frage: Können Sie mir drei gute Gründe nennen, warum eine Frau eine Flasche von "The Whisky Chamber" in ihrer Bar haben sollte?
Thomas: 1., 2., und 3.: Weil er ihr schmeckt - nichts anderes sollte zählen, wenn Sie ihre Bar auffüllt.
Herr Ide, ich danke Ihnen für dieses Interview.
(alle Fotos: Thomas Ide)
Kommentare
Kommentar veröffentlichen