Tasting Notes und Info: Fettercairn 16, Batch 2021
Normalerweise gehört eine 16jährige Abfüllung zur Standard-Range einer Brennerei. Nicht so bei Fettercairn. Hier hat man sich dazu entschlossen, den 16jährigen Batch-Weise und in immer neuen Varianten abzufüllen. Warum das so ist, und wie das zweite Batch schmeckt, erfahrt ihr im folgenden Beitrag.
Manchmal bin ich ein Schnellmerker. Aber nicht immer. Beim Fettercairn 16 hat es ziemlich lange gedauert, bis bei mir der Groschen gerutscht ist, und richtig verstanden habe ich es erst beim diesjährigen Fettercairn Online Tasting mit Anrew Lennie und Basti@WhiskyGermany, das bereits vor einigen Wochen stattfand.
Denn hinter der schlichten Bezeichnung Fettercairn 16 verbirgt sich keine Standard-Abfüllung, sondern eine neue Serie von jährlichen Sonderabfüllungen, die jedesmal ein anderes Aroma-Profil haben werden. Ich muss zugeben, das hat mich zunächst etwas irritiert, doch dahinter steckt eine nachvollziehbare und begrüßenswerte Philosophie.
Standard-Abfüllungen haben den Vorteil, dass sie über Jahre hin das gleiche Aroma-Profil aufweisen, und der Kunde dadurch genau weiß, was ihn erwartet. Nachteil: aus Gründen der Konsistenz werden Standard-Abfüllungen oft kühlgefiltert und durch geringe Zugabe von Zuckercouleur auf ein einheitliches Farbschema gebracht. Beim Fettercairn 12 ist das beispielsweise der Fall.
Nicht kühlgefiltert und natürliche Farbe
Für die neuen Abfüllungen des Fettercairn 16 wollte man bei der Brennerei jedoch auf Kühlfiltrierung und Zuckercouleur verzichten. Die logische Konsequenz war, dass der Fettercairn 16 nun nicht als Standard-Abfüllung auf den Markt kommt, sondern als Batch-Abfüllung. Das wiederum bedeutet, dass jede Abfüllung anders sein wird, da immer wieder andere, unterschiedliche Fässer für die Abfüllung miteinander vermählt werden.
Genau genommen ist jeder Fettercairn 16 also eine limitierte Sonderausgabe, wenngleich die Auflagenzahl etwas höher ist als bei der Warehouse-2-Serie. Zudem trägt er eine Altersangabe, die mit 16 Jahren bereits eine beachtliche Größe hat.
House-Style
In früheren Jahren war der Single Malt von Fettercairn Single Malt bekannt für seinen kräftigen, malzigen, und nussigen Charakter. Fettercairn blieb bisher von allzu umfangreichen Modernisierungswellen verschont, und die Ausrüstung ist insgesamt sehr traditionell. Angeblich gibt es sogar noch die berüchtigten Seifenraspeln neben den Brennblasen. Bis 2009 besaß Fettercairn zudem Kondensatoren aus Edelstahl, die den schweren Charakter unterstützten und dem New Make mitunter einen leicht angebrannten Touch gaben.
1952 wurde vom damaligen Brennereimanager Alistair Menzies ein einzigartiges Kühlsystem installiert: man montierte einen selbst gebauten Kühlring an die Brennblase, über den Kühlwasser an der Brennblase entlang geleitet werden kann. Diese Wasserkühlung kann während des Mittellaufs bei der Destillation eingeschaltet werden. Dadurch kann der Reflux in der Brennblase erheblich gesteigert werden, was den Grundcharakter leichter, frischer und fruchtiger werden lässt.
Um die Fruchtaromen noch stärker zu betonen, hat man in den letzten Jahren die Fermentierungszeiten verlängert. Sie liegen derzeit um die 60 Stunden. Vor allem tropische Früchte wie Bananen, Ananas, getrocknete Mango und Kokosnuss dominieren inzwischen, und mittlerweile kann ein Fettercairn sogar mit einem irischen Single Malt der Cooley oder Bushmills Distillery verwechselt werden.
Die Abfüllungen
1. Fettercairn 16 / 1st release 2020, chocolate malted Barley, gereift in First-Fill Ex-Bourbon Barrels mit anschließendem Finish in Sherry- und Portweinfässern, 46,4%
2. Fettercairn 16 / 2nd release 2022, ein Teil Vollreifung in Oloroso-Butts, ein weiterer Teil gereift in Ex-Bourbon-Barrels mit anschließendem Finish in Palo Cortado Sherry Butts. Die Sherry-Fässer enthielten 50 und 60 Jahre alte Sherrys.
3. Fettercairn 16 / 3rd release: wird wahrscheinlich noch in diesem Jahr erscheinen. Geplant ist eine Sherry-Bombe aus PX-Fässern
Palo Cortado
Die Palo-Cortado -Fässer für das 2nd Release 2022 stammen aus der traditionsreichen Bodegas Fernández-Gao in Jerez, die bereits seit 1750 besteht. Palo Cortado ist eine ausgefallene, eher seltene Sherry-Art, die zwischen Oloroso und Amontillado liegt und deren Kennzeichen ein besonders trockener Geschmack ist.
Vorschau
Man ist derzeit bei Fettercairn sehr experimentierfreudig. Vor allem das "Scottish Oak Program" nimmt einen zentralen Stellenwert ein. Dabei werden für die Fässer Eichen aus der Region verwandt, die im nahe gelegenen Sägewerk des Fasque Estate bearbeitet werden. Partner in diesem Programm sind die Forstverwaltung des Fasque Estate sowie die Speyside Cooperage.
Laut Andrew soll es Ende diesen Jahres neben einer 16jährigen Sherry-Bombe aus dem PX-Fass auch noch eine 18 Jahre alte Abfüllung geben, die in Fässern aus schottischer Eiche gereift ist.
Auch andere, ungewöhnliche Fass-Arten befinden sich in den Lagerhäusern von Fettercairn, und in den nächsten Jahren können wir uns auf viele abwechslungsreiche und überraschende Abfüllungen freuen.
Meine Tasting Notes:
Sherry ist noch längst nicht Sherry, und zwischen einem PX und einem Palo Cortado liegen Welten. Für das Online Tasting hat man uns ein Sample eines 30 Jahre alten Palo Cortado Medium Sherry (V.O.R.S., 20%) mit dazu gepackt. Das war gut so, denn dadurch konnten wir den Einfluss des Palo-Cortado-Fasses direkt nachvollziehen.
Palo Cortado, 30 Jahre, Medium Sherry, V.O.R.S., 20%
Aroma: an vorderster Front steigen trockene, fast säuerliche Töne in die Nase, die an einen leichten Apfel-Essig erinnern. Dazu kommen schwere, süße Aromen von dunklem Sirup und fleischige Noten einer Bratensaftsoße.
Geschmack: der säuerliche, trockene Eindruck setzt sich auf der Zunge fort. Herbe, bittere Aromen bestimmen das Bild. Rund, mit mittlerem Körper. Sehr elegant und feingliedrig, mit einer aparten Mischung von süßen und sauren Tönen.
Nachklang: sanft, elegant, mittellang, leicht trocken, leicht säuerlich und bitter
Fazit: Kein Getränk für die Oma am Nachmittag. Palo Cortado-Sherrys sind selten und nichts für den Mainstream. Man muss sich an seine herbe Apartheit erst gewöhnen. Doch er gewinnt mit jedem Schluck, und ehe man sich versieht, hat man mehr getrunken, als man anfänglich wollte. Die bitteren Aromen machen ihn zu einem idealen Begleiter bei heißem Wetter oder zu salzigen Tapas.
Fettercairn 16, 2nd Release, 46,4%
Aroma: Gleich beim ersten Schnuppern schlägt das Sherry-Teufelchen zu - hier ist Schwefel mit im Spiel, wenngleich er sehr dezent ist. Doch schnell wird dieser Störefried im Glas durch dicke Fruchtbrummen beiseite geschoben. Apfel, Birne, Stachelbeeren, Banane und Ananas gewinnen die Oberhand. Dazu kommt kräftiges Malz, und dezentes Trockenobst, vor allem gedörrte Heidelbeeren. Die süßen Aromen sind eher verhalten, und verstecken sich hinter der leichten Säuerlichkeit des Palo Cordato. Die Mischung von dezenten Schwefel-Noten, zurückhaltender Süße, tropischen Früchten und mildem Apfelessig baut Spannung im Glas auf.
Geschmack: vollmundig, kräftig, mit einer trockenen, fast salzigen Herbheit, der sich die süßen Geschmackskomponenten unterordnen.
Fazit: Fettercairn 16/02 ist ein ganz anderes Kaliber als 16/01. Wer wieder auf die süßen, süffigen Aromen aus dem Portweinfass gehofft hat, die Batch 1 charakterisieren, wird bitter enttäuscht werden.
Die Palo-Cortado-Fässer bringen eine trockene, fast säuerliche Seite zum Vorschein, die weggeht vom derzeitigen Mainstream und sich an den Kenner wendet.
Bei den sehr heißen Temperaturen, die derzeit hier herrschen, gefällt mir dieses Batch immer besser, je mehr ich davon probiere. Die trockenen, bitteren Aromen regen meinen Hunger an - ich bekomme plötzlich Lust auf Tapas und andere kleine, salzige Köstlichkeiten.
Batch 2 ist ein ungewöhnlicher Fettercairn, bei dem abwechselnd mal die fruchtigen und mal die säuerlichen Noten dominieren, und der vermutlich nicht den Massengeschmack trifft. Aber wer sich auf die Besonderheiten dieser Abfüllung einlässt, wird belohnt werden und ganz neue Seiten entdecken.
PS: die Süßnasen unter euch sollten schon mal etwas Geld beiseite legen, denn das nächste Batch wird in genau die gegengesetzte Richtung ausschlagen und eine Sherry-Bombe aus dem PX-Fass werden.
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