Tasting Notes Rum: Long Pond, Jamaica Rum, 23 Jahre, Einzelfass, 117 Flaschen, 55,5%,
Um Rum habe ich lange Zeit einen großen Bogen gemacht - die klebrige Süßlichkeit vieler Abfüllungen hat mich immer abgeschreckt. Doch die starken Restriktionen, die seit einiger Zeit das zusätzliche Beifügen von Zucker verbieten, haben zu einer deutlichen Qualitätssteigerung im Angebot geführt.
Vor allem aus Jamaica gibt es eine schöne Auswahl an hochwertigen Rums, die aus einzigartigen Brennereien stammen und oft auf klassischen Pot-Still-and-Doubler-Anlagen gebrannt werden.
Jamaica-Rums gelten als besonders fruchtig, aber auch funky, schräg und ungewöhnlich.
Besonders angetan hat es mir eine Einzelfass-Abfüllung der Long Pond Distillery, die vor einigen Wochen von Kirsch-Import in Zusammenarbeit mit dem unabhängigen Abfüller Rest-and-Be-Thankful herausgebracht wurde.
Der 1753 gegründete Long Pond Sugar Estate ist berühmt für den hohen Ester-Gehalt und die daraus resultierenden starken Fruchtnoten seiner Rums.
Ein bisschen erinnert auch die jüngere Geschichte der Long Pond Distillery an die Schwierigkeiten so mancher schottischer Brennerei in der Vergangenheit: von 2012 bis 2017 war die Anlage geschlossen, und 2018 wurde ein großer Teil der gelagerten Bestände bei einem Brand vernichtet.
Lond Pond ist vor allem berühmt für die verschiedenen, unterschiedlichen Brennanlagen, die sie in der Vergangenheit von anderen, längst geschlossenen Brennereien auf Jamaica erworben haben.
Meine Tasting Notes:
Pure Single Jamaica Rum, Long Pond 1998, Rest & Be Thankful, Fass-Nr. 10242, 1998, 55.5%
Technische Daten:
- destilliert am 24.8.1998 - abgefüllt am 01.03.2022 in Schottland
- Reifung: tropisch und kontinental in American Oak Barrels
- Mark: LSO
- Ester: 132,2 gr/hlpa
- 117 Flaschen
Aroma:
gleich nach dem Einschenken trifft eine volle Ladung von Rum-Rosinen auf die Nase - was bei einem Rum zunächst nicht weiter verwunderlich ist. Die Rosinen sind jedoch das entscheidende Element, denn die Trockenfrüchte sind deutlich ausgeprägt: Zusammen mit Datteln und Waldbeeren dominieren die Rosinen zunächst im Glas.
Langsam kommen dann auch die frischen Obstaromen dazu, Ananas und Zitrusaromen spazieren dabei vorneweg. Untermalt wird die Mischung von Blütenduft und schweren Orchideen. Salziges Karamell und der Geruch von trockenen, staubigen Feldwegen bändigen die Süße und sorgen für eine angenehme Balance.
Geschmack:
Leicht ölig, mit einem mittelstarken Mundgefühl. Von der gefürchteten Süßlichkeit vieler Rums sind wir hier zum Glück meilenweit entfernt. Bitteraromen, Kampfer und kräutrige Würze bringen tiefe Töne auf die Zunge. Dazu kommt die Nussigkeit von gerösteten Erdnüssen, was bei mir einen Kaureflex auslöst. Meine Zunge wird gierig - sie will mehr davon. Insgesamt mild und sehr elegant.
Nachklang:
jetzt macht sich die lange Lagerzeit in einem guten Eichenfass bemerkbar - dezente Tannin-Noten lassen den Rum im Nachklang überraschend trocken, aber nicht unangenehm, werden.
Fazit:
Dieser Long Pond beeindruckt mit einer wunderschönen Aromenfülle und Komplexität, und kann es mit einem vergleichbar alten Whisky problemlos aufnehmen.
Wo sich bei einem guten Single Malt kräftige Malznoten im Glas breitmachen, finden wir hier die luftige Leichtigkeit des Seins. Fast möchte man die Aromen bändigen und zur Erde bringen, doch sie widersetzen sich und strömen himmelwärts.
Leichtfüßig tänzelt dieser Long Pond dem Horizont entgegen, und übergießt uns dabei mit einem Füllhorn voller Aromen. Dieser Long Pond weckt Wünsche: in der Sonne sitzen, die Augen schließen, dem Meer lauschen, und in aller Muße Schluck für Schluck von der Karibik träumen. Das Leben kann so schön sein.
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