Tasting Notes: Clynelish 16 - ein Gruß aus einer anderen Zeit

Auch in meinem Whisky-Regal gibt es Flaschen, die schon ein wenig Staub angesetzt haben, weil es bisher noch nicht die Zeit war, sie zu öffnen. Wie dieser Clynelish 16 aus der Berliner Whisky-Manufaktur.



Das Whisky-Rad hat sich die letzten Jahre immer schneller und schneller gedreht, und manchmal fühle ich mich, als würde ich mittlerweile auf einem Whisky-Karussell sitzen. Immer schneller, immer weiter, immer mehr, immer teurer. Gekauft wird trotzdem. Oder vielleicht gerade deswegen. Es gibt ja Leute, die den Jahrmarkt mögen.

Auf meiner Suche nach einem Whisky, der gut zu den derzeitigen sommerlichen Temperaturen passt, ist mir eine Abfüllung in die Hand gefallen, die ich vor einiger Zeit in Berlin beim Stöbern in Uwes Whisky-Laden gefunden hatte. Entstanden war die Abfüllung durch den Zusammenschluß von vier Whisky-Händlern in Berlin und Potsdam. 

Die Flasche hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine ganze Weile in Uwes Laden herumgestanden. Kein Sherry, keine Einzelfass-Abfüllung, nix in Fass-Stärke, kein Abfülldatum, kein Sammler-Objekt, kein 30plus-Alter - das war damals nicht so der Brüller. Mein Gott, man war doch besseres gewohnt.

Ich war gerade auf dem Clynelish-Trip, und habe die Flasche trotzdem gekauft. Und was soll ich sagen - ich wollte, ich hätte noch mehr davon. Denn so was gibt's heut gar nicht mehr.

Meine Tasting-Notes:

Clynelish 16, Whisky-Manufaktur Berlin, nicht kühlgefiltert, natürliche Farbe, 46%, abgefüllt irgendwann in einer anderen Zeit und in einem anderen Universum

Aroma: klassischer Apfelduft, ein bißchen Zitrone und viel Aprikose, dazu Honigsüße und sanfte Vanille. Süß, saftig und vielfach bekannt. 

Was sich nur schwer in Worte fassen lässt, ist das Zusatzpaket: diese samtweiche Seidigkeit, die die Fruchtaromen umhüllt und dem Whisky diese großartige Pudrigkeit verleiht, die nur der verstehen kann, der solche Malts schon getrunken hat. 

Das ist der Duft von 16 langen Jahren, langsam gereift, im kühlen Klima der schottischen Lagerhallen. Unspektakulär, und doch von einer solch sanften Tiefe, dass die Sinne betört werden und man die Nase gar nicht mehr aus dem Glas nehmen möchte. 

So riecht Zeit.

Geschmack: vollmundig und mundfüllend, ölig, mit kräutriger Würze und der herb-bitteren Illusion von Tannennadeln und mineralischer Erde. 

Nachklang: warm, sanft und mittellang

Ein paar Tropfen Wasser machen diesen Malt Whisky noch weicher und bringen die berüchtigte Wachsigkeit von Clynelish zu Tage.

Fazit: Welch ein Genuß für Langsam-Trinker, wie ich es bin. Ein Malt Whisky aus einer Zeit, als Whisky noch Zeit haben durfte. 



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