Interview: MM im Gespräch mit Whisky-Abfüller Tilo Schnabel

Tilo Schnabel ist in der Whisky-Szene kein Unbekannter: seit geraumer Zeit erfreut er die Whisky-Genießer immer wieder mit Fassteilungen und eigenen Abfüllungen. Vor kurzem hat er einen weiteren Schritt gewagt und ist unter die hauptberuflichen Abfüller gegangen. Sein Tasting im Hotel Rhönblick habe ich dazu genutzt, mich mit dem jungen Stern am Abfüll-Himmel über die derzeitige Whisky-Lage und seine eigenen Ziele und Visionen zu unterhalten.

MM: Tilo, kannst du dich kurz meinen Lesern vorstellen und uns erklären, welchen Bezug du zu Whisky hast?

Tilo: Ja klar, also, mein Name ist Tilo Schnabel, und seit über zwanzig Jahren bin ich schon mit Whisky verbunden, anfänglich vor allem als Genießer und Konsument. Da alte Whiskys ja immer teurer werden, habe ich vor etwa 8 Jahren privat mit Flaschenteilungen angefangen und mir Gleichgesinnte in Whisky-Foren gesucht, mit denen ich dann besondere Abfüllungen geteilt habe. Bei Flaschen ist es nicht geblieben, irgendwann bin ich auf die Idee gekommen, auch ganze Fässer zu teilen. Von dort war es dann nur noch ein kleiner Schritt zum unabhängigen Abfüller. Ich hatte ab einem gewissen Punkt einfach so viele Fässer in Schottland liegen, dass es über den privaten Bereich hinaus ging und ich ein Gewerbe angemeldet habe. Aus dem Hobby ist im Lauf der Zeit ein Beruf geworden.

MM: Du machst die Fass-Teilungen inzwischen hauptberuflich? 

Tilo: Ja, seit 1. Mai diesen Jahres. Man kann immer nur eine Sache richtig machen. Es wäre unfair meinem alten Arbeitgeber gegenüber gewesen, wenn ich mich dauerhaft nur mit halber Kraft engagieren würde. Deshalb habe ich mich entschieden, Nägel mit Köpfen zu machen und jetzt bin ich hauptberuflicher unabhängiger Abfüller.

MM: Wird es in Zukunft eine größere Anzahl von Abfüllungen unter deinem Label "The Caskhound" geben, weil du jetzt mehr Zeit hast, dich darum zu kümmern?

Tilo: Das würde ich so nicht sagen. Es werden mehr Spezial-Abfüllungen kommen, kleinere Sachen, für Messen oder für Tastings zum Beispiel. Ich habe bei Tastings immer Abfüllungen dabei, die es nur bei Tastings gibt, weil ich solche Tastings auch gerne etwas exklusiv gestalten möchte. 

Whisky ist für mich nicht einfach nur trinken, sondern das Zusammensein, das gemeinsame Erleben, das gemeinsame Teilen gehört für mich unbedingt dazu. Deshalb war dieser berufliche Schritt für mich auch richtig, denn dieses gemeinsame Teilen und Erleben ist genau das, was ich liebe.  


MM: Was zeichnet dich als Abfüller denn aus? Gibt es bestimmte Vorlieben, oder Abfüllungen, die deine "Handschrift" tragen?

Tilo: Ich weiß gar nicht, ob ich das so sagen kann, ohne dass es gleich einen Shit-Storm von Kollegen gibt - aber mir ist tatsächlich wichtig, dass ich günstige, preiswerte Whiskys in guter Qualität bieten kann. Ich wehre mich gegen die abgehobenen Preise, die derzeit die Szene kennzeichnen. Ich will die Preise fair kalkulieren, damit ich auch von meiner Arbeit leben kann, keine Frage, aber ich zitiere immer gerne  "Whiskybroker" Martin Armstrong, der sagt: "Nur weil es Menschen gibt, die bereit sind, Wucherpreise zu bezahlen, ist das dennoch kein Grund, Wucherpreise zu verlangen." 

Whisky hat einen bestimmten Wert, und ich muss auch den Einkaufspreis berücksichtigen, aber ich möchte bei meiner Preiskalkulation fair bleiben. Ich kaufe auch nicht mit aller Gewalt jedes Fass zu jedem Preis, manchmal muss man auch etwas Geduld haben, bis man ein gutes Angebot bekommt. 

MM: Du lässt auch Fässer nachreifen?

Tilo: Ja, in Schottland. Momentan überwiegen bei mir noch die Finish-Abfüllungen, weil ich noch nicht lange genug dabei bin, um schon alte Stocks zu besitzen, die man ohne Finish abfüllen kann. Ich kaufe auch Vollreifungen, aber die werden ja immer teurer. Sherry-Vollreifungen kann man ja kaum noch zu einem sinnvollen Preis erhalten. Deshalb bin ich zunehmend dazu übergegangen, New Make zu kaufen, und lasse ihn dann erst mal reifen. Aber mein Plan ist, in Zukunft vermehrt Vollreifungen anbieten zu können. Ich liebe Vollreifungen, aber es wird noch etwas dauern, bis ich genügend alte Stocks aufgebaut habe. 

MM: Die letzten beiden Jahre waren in vielen Bereichen sehr schwierig. Wie haben sich Brexit und die Covid-Einschränkungen auf deine Arbeit als Abfüller ausgewirkt?

Tilo: Der Brexit hat für mich kaum Veränderungen gebracht, wenn man davon absieht, dass die Lieferketten länger gebraucht haben. Da ich mit einem großen Logistiker zusammenarbeite, hat sich für mich preislich kaum etwas verändert. 

Corona hat größere Auswirkungen gehabt, da es die ganzen Whisky-Treffen nicht mehr gegeben hat und die Messen sind weggefallen. Es hat sich sehr viel ins Internet verlagert, beispielsweise mit  Online-Tastings, die oft sehr interessant waren. Für uns kleine Abfüller ist das sogar positiv gewesen, wir konnten uns besser präsentieren, und die Leute sind mehr auf uns Kleine aufmerksam geworden. Da die Leute nicht in Urlaub fahren konnten, haben sie auch vermehrt Geld für Whisky ausgegeben. Trotzdem ist es für die Gesamt-Wirtschaft nicht gut gewesen. 

Und für die Local Dealer ist es nicht gut gewesen. Für mich sind diese kleinen, regionalen Händler sehr wichtig. Auch wenn sie vielleicht nur drei oder vier Flaschen von mir nehmen. Aber diese kleinen Händler sind diejenigen, die an der Basis für den Erfolg sorgen. Es sind die kleinen Händler, die die großen Marken groß gemacht haben. Das wird gerne vergessen. Ich bin großer Fan der local Dealer, die muss man unterstützen, und die kleinen Fachhändler kriegen bei mir auch immer gute Preise. 



MM: Wo siehst du dich selbst in zehn Jahren?

Tilo: Hoffentlich immer noch als "Caskhound". Also ich glaube, dass meine Strategie, gute Whiskys zum Genießen anzubieten, auch für die Zukunft tragfähig ist. Ich möchte mich breiter aufstellen, auch viele Vollreifungen anbieten können - so wie es früher war. Ich mag das Traditionelle. Eigentlich bin ich gar kein Fan von Finishes, aber Finishes sind super, weil du aus einem guten Whisky einen sehr guten Whisky machen kannst. Aber es ist doch besser, wenn man von Anfang an einen sehr guten Whisky macht. Dazu habe ich leider noch nicht genügend Zeit gehabt, das wird erst kommen. 

MM: Dann freue ich mich auf das, was du in Zukunft alles in die Flasche bringen wirst. Vielen Dank für dieses Gespräch. 


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