Whisky früher und heute: Ardbeg 9 Jahre, 1996, High Spirits Collection, Lochs and Castles of Scotland No 9, 46%

 Ein junger Ardbeg von 1996, abgefüllt 2005. Was wir von dieser Abfüllung lernen können.

High Spirits Collection ist ein unabhängiger Abfüller aus Rimini/Italien, der bei uns weniger bekannt ist. Die vorliegende Ardbeg-Abfüllung habe ich zufällig bei einem guten Freund entdeckt, und als bekennender Ardbeg-Fan habe ich sie natürlich sofort probieren müssen.

Dabei sind mir vier Dinge aufgefallen: 

1. Auch 2005 wurden Whiskys recht jung abgefüllt, 9 Jahre ist jetzt kein überrragendes Alter.

2. Es war auch für einen unabhängigen Abfüller durchaus normal, einen Whisky mit 46% in die Flasche zu bringen. 

3. 2005 war es noch problemlos möglich für einen unabhängigen Abfüller, einen Ardbeg abzufüllen. 

4. Die Fass-Art dieses Single Cask ist nicht angegeben, und hat damals auch niemanden interessiert. Wahrscheinlich war es ein Ex-Bourbon-Fass.

Keine Fass-Stärke, kein zweistelliges Alter, sondern neun Jahre und 46% - das sind jetzt nicht die Wahnsinns-Eckdaten, und es gab auch keinen Hype um die Flasche. 2005 war Whisky noch ein normales Getränk, kein Investment-Objekt zur Kapitalvergrößerung und auch kein Flaschengeist mit Hang zur Selbstdarstellung. 

War Ardbeg damals tatsächlich besser als heute? War er anders? Probieren wir mal:


Tasting Notes: 

Ardbeg 9 Jahre, 1996, High Spirits Collection, Lochs and Castles of Scotland No 9, natürliche Farbe, nicht kühlfiltriert, 46%


Farbe: gelb-gold

Aroma: tolle Fruchtnoten überwältigen sofort. Satte Obstkiste mit Äpfeln, Birnen, Mirabellen, grünen Bananen und Kiwi. Kein Gummi, keine Erde, stattdessen viel Honigsüße und frische Luft.

Geschmack: vollmundig, süffig, satt, mit angenehmen Asche-Noten auf der Zunge. Kein Holz. 

Nachklang: lang und warm.

Gesamteindruck: Dieser junge Ardbeg von 1996 besticht durch unglaubliche Fruchtaromen. Hier hat nicht das Fass den Whisky gemacht, sondern die Fermentierung und die Reifezeit haben ihn geprägt. Was ihm jedoch fehlt, sind die erdigen, staubigen Töne, die ich bei Ardbeg auch sehr liebe.

Erkenntnis:

Dieser Whisky zeigt wunderbar die Veränderungen der letzten zweieinhalb Jahrzehnte. Die überbordenden Fruchtaromen, die durch die Fermentierung und die Hefe entstehen, sind seither irgendwo verlorengegangen. An ihre Stelle sind neue Aromen getreten, wie beispielsweise Erde und Pilze beim AnOa, oder Marzipan beim Alligator. 

Jeder Whisky hat seine Zeit, und anders ist nicht immer schlechter. Doch der Verlust der Fruchtigkeit, der in den letzten Jahren immer deutlicher geworden ist, wird in Fachkreisen seit langem diskutiert.

Wollen wir hoffen, dass die Industrie auch die nötigen Konsequenzen aus den Erkenntnissen zieht. Denn wenn nur noch das Fass den Whisky macht, dann wird die Arbeit der Brennerei bedeutungslos.










Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

THEMA: Tips für ein gelungenes Whisky-Tasting - die 10 besten Formate und was ihr dabei beachten solltet

TASTING NOTES: Ben Bracken 40 - gefärbt, gefiltert und bieder.

Warum "Blend" ein gefährliches Wort ist und was man darüber wissen sollte - Teil 1.

Hier stinkt was: Die Schattenseiten des Irischen Whiskey-Wunders

Lost Distilleries: Elizabeth Harvie and the Paisley Connection. Schluss

Whisky-Fair Limburg: Exclusive Interview with Whisky-Collector Diego Sandrin, Italy