NACHGEFRAGT: GlenDronach und die Macht des Internets

Ein Video hat gestern in der Whisky-Community hohe Wellen geschlagen. Ralfy, das mahnende Gewissen der Branche und Fürsprecher der ehrlichen Abfüllungen, hat sich kritisch mit  GlenDronach auseinandergesetzt und eine Absenkung der Qualitätsstandards zugunsten von mehr Massenkompatibilität vorhergesagt. Hat er Recht? Ich habe nachgefragt.


Ich schätze Ralfy sehr, und bin seit vielen Jahren großer Fan seiner Videos. Sein kritischer Ansatz hat mir vor vielen Jahren sehr geholfen, durch die schöngefärbten Marketing-Texte hindurch zu schauen und einen besseren Blick auf die Realität zu bekommen. 

Im gestrigen Video setzt sich Ralfy kritisch mit GlenDronach auseinander, und innerhalb von wenigen Stunden verbreitete  sich die Hiobsbotschaft durch die sozialen Medien, dass bei Glendronach der Ausverkauf des Qualitätsniveaus bevorsteht. 

Ralfys Kritik entzündete sich daran, dass auf der neuen Abfüllung des Glendronach 15 der Zusatz "nicht kühlfiltriert" weggefallen ist, und er liefert auch gleich eine Voraussage, warum das so ist: man wolle in Zukunft die Reichweite vergrößern, den Travel Retail vermehrt beliefern, den Ausstoß erhöhen, und die Qualität dem Mainstream-Geschmack angleichen. Die Folge davon seien eine Herabsetzung der Alkoholstärke auf 40%, der Einsatz von Kühlfiltrierung, die Zugabe von Zuckerkulör und die vermehrte Wiederverwendung von Sherry-Fässern.

Glendronach gehört zu den beliebtesten Single Malt Marken, und das Video sorgte entsprechend für viel Wirbel. Besonders glücklich war man bei GlenDronach wohl nicht über das Video, und die Reaktion erfolgte prompt.

Dementi:

Meine Nachfrage beim deutschen Importeur ergab, dass Brown Forman die Aussagen von Ralfy dementiert: 

“We have removed 'Non Chill Filtered' from our packaging to provide the flexibility in our processes to optimise consistently exceptional quality, flavour, clarity and stability. Please be reassured that our much-loved whiskies continue to be crafted to the highest standards, and the update marks no change to the taste of our award-winning Single Malts. All of our Single Malts continue to be of natural cask-imparted colour, expertly selected and married by our Master Blender Rachel Barrie.”

Man wolle also auch in Zukunft auf Zusatz von Farbstoff verzichten und den hohen Qualitätsstandard erhalten. 

Der deutsche Importeur von GlenDronach, Kammer-Kirsch, hat inzwischen bestätigt, dass bei  Glendronach 15 der Alkoholgehalt von 46% vol. bestehen bleiben werde. Es sei nicht geplant, den Alkoholgehalt herabzusetzen, der entfallene Satz "Non Chill Filtered"  diene lediglich dazu, tatsächlich auch bei 46% kühlfiltrieren zu können. 

Frage: Warum plötzlich "Kühlgefiltert"?

Warum aber dann auf diesen Zusatz "Nicht kühlfiltriert" verzichten, wenn sich nichts geändert hat? Bei 46% Alkoholstärke ist eine Kühlfiltrierung ja eigentlich nicht nötig. Auch auf diese Frage habe ich eine für mich plausible Antwort erhalten: 

In der Vergangenheit sei es immer wieder vorgekommen, dass Kunden - auch aus Deutschland, und auch aus den FB-Whiskygruppen - sich über "Flocken" im Whisky beklagt hätten. Das Problem sei vor allem im Sommer aufgetaucht, deshalb habe man in Erwägung gezogen,  eventuell im Sommer durch Kühlfiltrierung darauf zu reagieren. Im Sommer und im Winter gebe es in den Abfüllanlagen ja größere Temperaturschwankungen. Derzeit werde jedoch nicht kühlgefiltert. Fass-Stärken und Einzelfass-Abfüllungen sollen auch in Zukunft generell nicht kühlgefiltert werden. 

Laut Florian Weiss, Vertriebsleiter Nord bei Kammer-Kirsch, wird GlenDronach 12 weiterhin mit 43%  abgefüllt werden, GlenDronach 15 mit 46%. 

Wie ich außerdem von Florian Weiß erfahren konnte, gibt es derzeit beim GlenDronach 18 und GlenDronach 21 Lieferprobleme, da die Abfüllanlagen in Schottland aufgrund des Lockdowns im UK nicht arbeiten konnten. 

GlenDronach 15 hingegen kann derzeit problemlos geliefert werden, gestern sei eine größere Charge beim Importeur angekommen und die  Abfüllung sei nicht kühl-gefiltert.

Das einzige, was sich bei GlenDronach bisher geändert hat, ist der Preis. Aber das trifft auch für andere Whisky-Marken zu.

Ich bin sicher, dass auch bei Ralfy heute das Telefon nicht stillgestanden hat. 

 

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