BACKGROUND: Johnnie Blonde und die Angst der Schotten vor dem Brexit
Seit kurzem ist ein neuer Johnnie-Walker-Whisky in den Regalen der Supermärkte gelandet und wird unter dem Namen "Johnnie Blonde" heftig beworben. Angeblich ist er besonders mild, da der Grain-Anteil zu 100% aus Weizen destilliert wurde. Zu verdanken haben wir dieses neue Kind aus der Walker-Famlie wahrscheinlich der Angst der Schotten vor dem Brexit.
Familiengeschichten
Wir reden alle immer über Single Malts - aber Hand aufs Herz, wer von euch hat noch NIE einen Johnnie Walker getrunken? Wer diese schottische Trink-Ikone bisher verpasst hat, wird jetzt eine gute Gelegenheit finden, in das Thema einzusteigen.Der Werbe-Slogan, der mit Johnnie Blonde einher kam, hieß "Mein Name ist Johnnie, Mr. Walker ist mein Vater." Da frage ich mich unwillkürlich - wer zum Kuckuck war die Mutter???? Aber darüber wollte irgendwie niemand reden.
Nun bin ich bei solchen Meldungen ja immer besonders neugierig, denn solche besonderen Experimente passieren nicht aus Lust und Langeweile, sondern haben meist einen triftigen Grund. Leider haben die Marketing-Abteilungen nur selten Verständnis für meine Neugier. Doch diesmal kam mir der Zufall zu Hilfe.
What's in the Blend - Französischer Mais und schottischer Weizen
In einer Ausgabe der Zeitschrift "The Farmer's Guardian" vom 29.3.2018 habe ich tatsächlich die Informationen gefunden, die ich gesucht habe und die mir die Marketing-Abteilung von Diageo Deutschland nie im Leben erzählt hätte. Falls sie überhaupt irgendwelche Informationen dazu haben ;-)
Die schottische Zeitschrift wusste jedenfalls zu berichten, dass man bei der North British Distillery, die je zur Hälfte in Besitz von Diageo und Edrington ist und Grain Whisky produziert, im Jahr 2018 eine Liäson mit schottischen Weizenproduzenten einging und mit Versuchen begonnen hat, bei der Destillation französischen Mais durch schottischen Weizen zu ersetzen. Zu diesem Zeitpunkt saß wohl allen etwas die Angst vor den Auswirkungen des Brexit im Nacken, und auch die Whisky-Branche fing an, sich ihre Gedanken zu machen.
Nach Angaben der Zeitschrift benutzte die North British Distillery zum Zeitpunkt des Brexit jährlich 160.000 Tonnen Mais aus Frankreich. Aus einer Tonne Mais kann man ca. 480 Liter Destillat gewinnen. Um bei eventuellen Lieferproblemen oder Preissteigerungen beim Mais durch drohende neue Zollvorschriften und Abwertungen der Britischen Währung besser gerüstet zu sein, begann man mit großangelegten Destillations-Versuchen mit schottischem Weizen.
Die Versuche ergaben jedoch, dass der Ertrag bei Weizen zwischen 440-460 Liter Destillat pro Tonne schwankte. Damit war der Ertrag beim Weizen nicht nur deutlich niedriger als beim Mais, sondern auch unberechenbar. Vor allem die Ertragsschwankungen bereiteten bei der Preiskalkulation große Probleme, und angeblich wurden die Versuche inzwischen wieder eingestellt. Übrig blieb eine große Menge Weizendestillat, das irgendwie verwertet werden muss.
Der Verdacht liegt jedenfalls nahe, dass unser lieber Johnnie Blonde das Ergebnis dieses Seitensprungs von Mr. Walker mit den schottischen Weizenproduzenten ist. Ob Johnnie Blonde noch Geschwister bekommen wird, oder ob die Affaire von Mr. Walker inzwischen beendet wurde, weiß ich leider nicht. Aber er ist keinesfalls von schlechten Eltern. Weiter unten findet ihr den Link zu dem Artikel. Hier meine Tasting Notes.
Johnnie Blonde, Scotch Blended Whisky, (Wheat & Malt), 40%
Farbe: goldgelb. Aber bestimmt gefärbt.
Aroma: Toffee, Vanillezucker und frische Zitrusaromen, dazu eine leicht alkoholische Note
Geschmack: süß, sanft und süffig, schlanker Körper
Nachklang: mild und kurz
Tipp: passt gut eisgekühlt zu Ginger Ale
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