Tasting Notes: Longrow Red, 10 Jahre, 2020, Malbec-Finish, 52,5%

Seit einigen Jahren findet der Longrow Red immer mehr Liebhaber und hat sich inzwischen zum Hype-Whisky entwickelt. Als jährlich erscheinende Sonderabfüllung weckt er Begehrlichkeiten nicht nur bei Rotweintrinkern.


Ich liebe vollmundige, dunkle Rotweine mit vielen Fruchtaromen, geringer Säure und mildem Tanningehalt. Und vielleicht ist das der Grund, warum ich schon lange ein großer Fan von Whisky aus dem Rotweinfass bin. 

Dennoch findet man Rotwein-Voll- oder Nachreifungen im Whiskybereich  eher selten. Europäische Rotweine sind zumeist von Tanninen, Würznoten und einem trockenen Ausbau geprägt, warum viele Whisky-Hersteller lieber zu Süßwein-Fässern greifen. 

Doch viele Rotweine haben auch tolle Fruchtaromen, die einem Whisky neue Dimensionen eröffnen können. Die klassischen Noten eines Malbec sind in kühleren Klimaten eher die roten Früchte wie Himbeeren, Granatapfel, und dunkle Kirschen, in warmen Regionen überwiegen Pflaumen, dunkle Beeren und Rosinen. Genau diese Noten gefallen mir besonders gut, und der diesjährige Longrow Red hat bei mir entsprechende Erwartungen geweckt.

Gereift wurde dieser Longrow Red zunächst 7 Jahre in  ex-Bourbon-Fässern, danach noch 3 Jahre in  Refill-Malbec-Fässern vom Weingut De Toren in Stellenbooch / Südafrika. 

Da die Malbec-Fässer aus Südafrika mit großer Wahrscheinlichkeit nicht aus europäischer Eiche, sondern aus amerikanischer Eiche gefertigt wurden, sollten Vanille- und Karamell-Aromen vorhanden sein, bei gleichzeitig gemäßigter Würze.

Für Longrow wird normalerweise rauchiges Malz verwendet, das bis zu 48 Stunden über Torfrauch getrocknet wurde. 

2017 gab es schon einmal einen Longrow Malbec, damals dreizehn Jahre alt. Es scheint, dass man die Fässer zum zweiten Mal für ein Finish benutzt hat. 

Longrow Red, 10 Jahre, 2020, Malbec-Finish, nicht kühlfiltriert, leicht rauchig, limitiert, ca. 10.000 Flaschen, 52,5% (Whisky Base 169841)



Farbe: 1.4 - goldbraun


Aroma: Süßer Rohzucker, Vanille, Karamell, Guave, Johannisbeeren, Rosinen und Zitrusaromen dominieren im Glas. Mit dem Traubensaft und dem Rhabarberkompott, das die offiziellen Tasting-Notes versprechen, tue ich mich zunächst etwas schwer. Doch als ich zum irischen Tuath-Glas wechsele (das für fruchtige Whiskys besonders geeignet ist) erlebe ich eine Offenbarung: Sauerampfer in Hülle und Fülle! So krass erlebe ich die Unterschiede zwischen einzelnen Gläsern nur selten. Außer Sauerampfer finde ich jetzt auch Pflaumen, Feigen, und ein bißchen alten Aschenbecher.  

Geschmack: sehr süßer Antritt auf der Zungenspitze, vollmundig, kräftig, malzig, da nimmt man gerne einen zweiten Schluck. Grüne Blätter, Grapefruitweiß und ein schwacher Rauch liegen auf der Zunge.

Nachklang: mittellang, mäßig trocken

Gesamteindruck: Ein kerniger und süffiger Longrow, der Spaß macht. Der Einfluß des Weinfasses ist aber sehr verhalten, das Wort "Refill" auf dem Etikett  sollte man hier auf jeden Fall beachten. Überrascht hat mich die schwache Rauchigkeit, als Liebhaber von Islay-Whisky würde ich den Rauchgehalt eher als dezent bezeichnen. 

Da sich der Longrow Red inzwischen zum Hype entwickelt hat, ist er immer wahnsinnig schnell vergriffen und die Preise erreichen erstaunliche Höhen. 130 und mehr Euro für einen 10 Jahre alten Whisky mit einem durchschnittlichen Finish zu verlangen, ist schon eine Ansage. Obwohl der Whisky sehr süffig ist, werde ich mir da zweimal überlegen, ob ich die Flasche wirklich kaufe oder ob ich es beim Sample belasse. Vielleicht kaufe ich mir für das Geld lieber ein paar hochwertige Rotweine aus Südafrika...



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