Die deutsche Whisky-Szene ist in Bewegung gekommen. Deutscher Whisky wird zunehmend beliebter, und immer mehr deutsche Whisky-Brennereien genießen inzwischen einen überregionalen, steigenden Bekanntheitsgrad. Doch nicht nur in den Brennereien herrscht Aufbruchstimmung. Rund um den deutschen Whisky hat sich inzwischen eine kleine Gruppe von Personen etabliert, die - ähnlich ihren schottischen und irischen Vorbildern - als unabhängige Abfüller deutschen Whisky lagern, finishen, blenden und abfüllen. Ich habe mich umgeschaut: Wer sind die Pioniere der deutschen unabhängigen Whisky-Szene?
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Pat Hock. Bild: Pressefoto
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Deutscher Whisky ist seit einiger Zeit gewaltig im Aufwind. Die Mehrzahl der deutschen Whisky-Brennereien waren in der Vergangenheit überwiegend nur einem lokalen Publikum bekannt. Doch das ändert sich gerade, und es kristallisiert sich allmählich eine Gruppe von Brennereien heraus, die auch überregional zukünftig eine Rolle spielen werden.
Im Verborgenen entwickelt sich derzeit auch eine andere Szene rund um den deutschen Whisky - es gibt inzwischen auch eine kleine, aber feine Gruppe von Personen, die als unabhängigen Abfüller, Finisher, Blender oder Bonder von deutschem Whisky Neuland betreten.
In den kommenden Wochen werde ich euch in loser Folge einige dieser Menschen vorstellen, die seit geraumer Zeit Pionier-Arbeit rund um den deutschen Whisky betreiben.
Den Auftakt wird heute Pat Hock machen, der als langjähriger Whisky-Youtuber und Geschäftsführer vielen von euch bekannt sein dürfte.
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Bild: Pressefoto
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MM: Whisky ist eine äußerst komplexe Spirituose, die
immer mehr Menschen fasziniert. Seit wann interessierst du dich für Whisky bzw.
für deutschen Whisky?
Pat: Mit Whisky befasse ich mich sehr intensiv seit
2014, seit 2015 interessiere ich mich auch für deutschen Whisky. Slyrs war
damals die erste Brennerei, die ich überhaupt besucht habe. Ab diesem Zeitpunkt
fing ich dann an, mich für das Wasser des Lebens aus heimischen Landen zu
begeistern.
MM: Seit wann beschäftigst du dich beruflich mit Whisky?
Kannst du kurz beschreiben, welchen Arbeitsbezug du zu Whisky hast?
Pat: Beruflich bin ich, was das Thema Whisky
betrifft, seit 2017 aktiv. Durch meine regelmäßigen Youtube-Videos bekam ich
eines Tages ein Jobangebot in einem regional gelegenen Rewe-Markt, der seinen
Fokus auf eine beachtliche Auswahl an Spirituosen - insbesondere Whisky -
legte. Dort heuerte ich 2017 als Fachberater an. Dadurch wurde die schwedische
Brennerei Mackmyra oder besser gesagt deren Außendienst auf mich aufmerksam,
was dazu führte, dass ich nicht nur hauptberuflich innerhalb der Rewe mit
Whisky zu tun hatte, sondern auch nebenbei als Markenbotschafter für die
schwedische Brennerei tätig wurde. Über einen Zeitraum von 1,5 Jahren war ich
danach für die deutsche Brennerei St. Kilian in vielerlei Bereichen tätig.
Aktuell arbeite ich als Geschäftsführer von Feingeist, einem Fachmarkt
für Spirituosen und Zigarren, und bin darüber hinaus auch noch selbstständig
tätig.
MM: Du gehörst zu einer (bisher noch) kleinen Gruppe von Personen, die zwar keine eigene Brennerei besitzen, sich aber dennoch dem deutschen Whisky
verschrieben haben. Welche Fass-Experimente, Finishes oder Blends hast du mit
deutschem Whisky schon gemacht?
Pat: Das erste, was ich selbst mit deutschem Whisky
gemacht habe, war ein Experiment in einem kleinen 3-Liter-Fass mit deutschem
New Make. Das Ergebnis war allerdings nur mittelmäßig – was dem zu kleinen Fass
geschuldet war. Die Erfahrung war für mich aber sehr wichtig, ich habe dabei
gelernt, wie man es besser nicht macht.
Anfang 2020 begann ich, als unabhängiger Abfüller schottische Whiskys
abzufüllen und zu vertreiben. Das hat mich dann auf die Idee gebracht, dies
auch im Bereich der deutschen Whiskys zu tun. Diesen Plan habe ich im Laufe des
Jahres dann umgesetzt mit bisher zwei erschienenen Abfüllungen in meiner MADE
IN GERMANY-Serie, die inzwischen bereits ausverkauft sind.
MM: Whisky ist für dich also nicht nur ein Hobby, sondern
auch ein Geschäftsmodell geworden, mit dem du inzwischen deinen Lebensunterhalt verdienst. Würdest
du dich eher als einen Abfüller, Bonder, Finisher oder Blender bezeichnen?
Pat: In erster Linie bin ich Enthusiast. Ich lebe das
Thema Whisky und kann nach vielen Jahren behaupten, ich lebe auch ganz gut
davon. Das ist für mich nicht selbstverständlich. Obwohl Whisky für mich
inzwischen auch zum Business geworden ist, versuche ich trotzdem immer ehrlich
und authentisch zu bleiben. Daher ist für mich das Abfüllen von Whiskys oder
die Führung eines Unternehmens ein Bonus, den ich mir erarbeitet habe. Ich sehe
mich aber nach wie vor in erster Linie als Whiskyverrückten.
MM: Gibt es spezielle deutsche Brennereien, mit denen du
zusammenarbeitest, oder nimmst du, was der Markt gerade bietet?
Pat: Es gibt ein paar Brennereien, mit denen ich
regelmäßig in Kontakt stehe, ich bin aber jederzeit offen für Anfragen.
MM: Welche Strategie bzw. welche Ausrichtung verfolgst du
bei deinen Abfüllungen? Hast du ein bestimmtes Konzept?
Pat: Ich versuche mit jeder meiner Abfüllungen, dem Genießer
einen tollen Whisky zu einem annehmbaren Preis in die Flasche zu bringen. Mir
nützt der beste Whisky nichts, wenn er später unbezahlbar ist. Und umgekehrt.
Der günstigste Whisky bringt mir nichts, wenn er nicht schmeckt. Das Verhältnis
muss passen. Das ist mein Konzept. Bei den Schotten wie bei den Deutschen.
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Bild: Pressefoto
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MM: Besitzt du ein eigenes Fasslager?
Pat: Nein. Meine Fässer liegen mit einer einzigen Ausnahme
bei den Brennereien selbst.
MM: Deutscher Whisky hat in den letzten Jahren einen
großen Sprung nach vorne gemacht und kann immer mehr Whisky-Genießer
überzeugen. Welche Zukunftsaussichten siehst du für den deutschen Whisky?
Pat: Deutscher Whisky hat in den letzten Jahren
deutlich an Bedeutung gewonnen, was der steigenden Qualität zu verdanken ist. Die
Hersteller hierzulande experimentieren, lernen dazu, steigern ihre Qualität.
Das hilft dem deutschen Whisky. Dieser wird meiner Meinung nach in den nächsten
Jahren deutlich an Fahrt aufnehmen und ich möchte mit dem, was ich tue, meinen
Beitrag zu diesem Wachstum leisten.
MM: Im Gegensatz zum irischen Whisky, der ja derzeit auch
viele Neuentwicklungen sieht, tut sich deutscher Whisky deutlich schwerer mit
Marketing-Kampagnen und Verbraucher-Akzeptanz. Warum hat es deutscher Whisky so
viel schwerer als irischer Whisky, um die Leute zu begeistern?
Pat: Viele Genießer sind von den hohen Preisen und
den schlechten Qualitäten in den vergangenen Jahren verprellt. Für die großen
Hersteller hierzulande ist es nun Aufgabe, fleißig gute Qualität in solchen
Mengen zu produzieren, dass die Preise auch attraktiv werden. Mit meinen Videos
gebe ich regelmäßig Empfehlungen, was deutsche Whiskys betrifft und nehme die
Genießer im Rahmen meiner MADE IN Germany-Abfüllungen an die Hand und versuche
damit zu zeigen, dass auch der heimische Whisky etwas kann!
MM: Der Whisky-Markt ist derzeit unglaublich turbulent
und vielfältig, und man weiß eigentlich noch gar nicht so recht, wo die Reise
hingehen wird. Welche Entwicklungsmöglichkeiten siehst du für dich als
unabhängiger Abfüller von deutschem Whisky für die kommenden Jahre?
Pat: Aktuell ist meine Planung eher dezent, denn
durch die allgemeine, aktuelle Situation ist alles schwieriger geworden; und der Brexit kommt demnächst auch noch dazu.
Natürlich plane ich für das kommende Jahr weitere Abfüllungen aus Schottland
und Deutschland. Aber nicht im großen Stil. Getreu meinem Konzept: Lieber
weniger und dafür geil, als massenhaft Flaschen unter die Leute zu bringen!
MM: Welches Projekt hast du derzeit in der Pipeline
liegen bzw. womit können wir demnächst bei dir rechnen?
Pat: Natürlich mit weiteren, spannenden Abfüllungen aus
Deutschland und Schottland! Darüber hinaus plane ich weitere Projekte, die aber
(noch) nicht spruchreif sind. In jedem Fall darf man gespannt sein!
MM: Dann lassen wir uns mal überraschen! Vielen Dank
für dieses Interview.
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Pat Hock. Bild: MM
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