Interview der Woche: Kathrin Baltruschat, Whisky-Expertin und Organisatorin der Kempener Whisky-Konferenz, im Gespräch
Die letzten Monate haben gezeigt, dass online-Tastings immer wichtiger werden. Kathrin Baltruschat hat in Kempen die "Whisky-Konferenz" ins Leben gerufen, mit der sie in diesen pandemischen Zeiten den Whisky-Genuss im Rahmen von online-Tastings ganz neu präsentieren möchte. Für Whiskyundfrauen hat sie mehr über ihr neues Konzept erzählt.
Wir werden uns daran gewöhnen müssen - die Pandemie wird unser Leben nachhaltig verändern. Der Digitalisierungsschub, der derzeit unser Land und ganz Europa erfasst, wird viele Neuerungen bringen und nicht mehr umkehrbar sein.
Und obwohl ich kein Freund von online-chats bin, muss ich ehrlich zugeben, dass die neuen technischen Entwicklungen auch viele Vorteile haben. Erst vor wenigen Tagen hatte ich die Möglichkeit, ganz bequem von zuhause aus an einem irischen online-Tasting teilzunehmen, ohne dass ich dazu nach Dublin reisen mußte - wozu ich nämlich die Zeit gar nicht gehabt hätte.
Kathrin Baltruschat, seit vielen Jahren Whisky-Referentin und enge Mitarbeiterin von Maggie Miller (SSMC), hat mit zwei weiteren Geschäftspartnern die Idee des Online Tastings neu gedacht - und mit der Kempener Whisky-Konferenz ein Modell für die Zukunft entwickelt.
MM: Kathrin, du bist seit vielen Jahren in der
Whisky-Szene zuhause und viele kennen dich von Messen und Tastings. Wie hat
denn deine Leidenschaft zum Whisky begonnen?
Kathrin: Mein Vater und ein Freund der Familie haben
sich schon in den 1980er Jahren gerne mal einen Whisky gegönnt. Damals waren es noch
überwiegend Blends, bis der SSMC (Scotch Single Malt Circle) 1985 von Maggie Miller und ihrem Mann gegründet wurde. Mir war
Whisky damals schnurz, ich habe mich immer gefreut Maggie zu treffen, wenn sie
mal wieder bei uns in Mülheim war.
Die Leidenschaft für Whisky kam bei mir
erst Anfang der 1990er Jahre, nach einer 4-wöchigen Schottlandreise quer durchs
Land. Erste Mitbringsel waren ein Famous Grouse und ein Macallan. Mitte der 1990er Jahre trat dann ein Schotte in mein Leben. Sein Wissen und unsere gemeinsame
Leidenschaft für Whisky war der Grundstein für die ersten Tastings Ende der 1990er Jahre.
MM: Du kennst viele Brennereien von eigenen
Besuchen. Welche Brennereien gehören zu deinen persönlichen Favoriten und warum?
Kathrin: Es sind schon ein paar Brennereien, aber da gibt es
Whiskyfans, die haben viel mehr gesehen als ich. Mir waren Land und Leute immer
wichtiger. Zumal als wir damals viel in Schottland waren, gabs nur wenige
Brennereien, die schon auf Besuch eingestellt waren. Heute ist das einfacher, ein Visitor
Center ist mittlerweile fast selbstverständlich.
Was meine Lieblinge angeht – da möchte ich mich eigentlich
nicht festlegen. Aber meine Favoriten sind nach wie vor die delikaten Malts,
die mich mit ein wenig mehr Prozent immer
wieder überraschen und überzeugen. Zu nennen wäre da ein Klassiker: Glenlivet.
Alle anderen „Lieblinge“ sind eher recht „zurückhaltend“, also keine Flagschiffe –
da wären Allt-a-bhain, Inchgower, Glen Moray, Bunnahabhain (non-peated) und
Glenlossie. Aber natürlich auch die etwas robustere, meist mehr sherrylastige
Fraktion Mortlach, Ben Nevis, Clynelish und Glenfarclas. Gerade konzentriere
ich mich auf die Neuen – da haben mich bisher Kingsbarns und Glasgow total
überzeugt.
MM: Du unterstützt seit vielen Jahren Maggie Miller
und ihren Scotch Single Malt Circle, der immer noch als Geheimtipp gilt. Im
normalen Handel sind eure Abfüllungen nicht erhältlich. Was muss ich machen,
wenn ich eine Flasche von euch haben möchte?
Kathrin: Als Maggie mich spontan ins Boot geholt
hat, das war wie ein Ritterschlag. Wir hatten immer mal vor, etwas zusammen zu
machen, aber darüber sind Jahre vergangen. Der SSMC ist immer noch Geheimtipp, das stimmt eigentlich. Es ist der Bescheidenheit von Maggie zu zollen, dass der
Circle immer authentisch und im kleinen Rahmen geblieben ist, was die Werbung
und die Präsenz auf Messen betraf. Ihr Augenmerk galt immer, und das tut es
natürlich noch heute, dem Aufspüren von spannenden Fässern, um die Circle Mitglieder mit
ausgefallenem Whisky zu versorgen. Man kann im Netz auf Suche gehen, aber die vielversprechendste
Möglichkeit für Interessierte ist: Mitglied werden😉.
MM: Du hast zusammen mit Carlo Goertsches und Martin
Kittner die „Whisky-Konferenz“ ins Leben gerufen. Kannst du uns etwas über Idee
und Konzept erzählen?
Kathrin: Martin ist Anfang des Jahres an
Carlo und mich heran getreten mit dem Wunsch, eine Whisky Messe zu machen. Aber
das war irgendwie keine Option für uns, da es in Deutschland nun wahrlich
genügend richtig gut organsierte Messen gibt, in allen Größenordnungen und
gleichmäßig verteilt im ganzen Land.
Aber die räumlichen und technischen
Möglichkeiten waren dann doch so inspirierend, dass wir drangeblieben sind und
versucht haben, die Messe-Idee mal neu zu denken. Das Konzept ist, Whisky wieder kleiner und fokussierter zu präsentieren. Wir wollen dieses mittlerweile riesige Whiskyangebot für den Konsumenten übersichtlicher gestalten und näherbringen.
Unsere Idee war, dass Whiskyfans wie auch neue Whiskyinteressierte die Möglichkeit bekommen sollten, Zeit für Genuss und das Entdecken neuer Whiskys zu haben und mit den Ausstellern
ins Gespräch zu kommen. Dann kam der Lockdown im März – das hat dann unsere Idee, eine Hybrid-Veranstaltung zu entwickeln, beschleunigt und endgültig
manifestiert.
Watch out for the 1. Whisky
Konferenz 2021 in Kempen😉
MM: Unsere Welt wird immer digitaler. Glaubst du,
dass online-Tastings in Zukunft eine immer größere Rolle spielen werden?
Kathrin: Aber ja – das ist die Zukunft.
Natürlich geht nichts, aber auch garnichts über ein Präsenz-Tasting. Dieses Erleben und Genießen in Gemeinschaft, ganz real und analog, ist nicht zu
ersetzen. Es wird aber bis auf weiteres nicht möglich sein. Tastings online
abzuhalten, sei es durch interaktive Zoom Meetings oder nur als Videoclip auf Youtube
oder in FB, ist spannendes Neuland. Es bedarf aber noch einiger Praxis für die
Moderatoren, denn es ist ein ganz anderes Ding. Das Publikum ist teils noch sehr skeptisch. Aber so ist es immer mit
Neuerungen. Nicht jeder ist beruflich oder privat unbedingt damit vertraut, zu skypen oder an virtuellen Meetings teilzunehmen, aber das wird sich einspielen.
Ich denke, dass in sehr naher Zukunft sich da einiges tun wird. Im Lockdown
haben schon viele Brennereien in Schottland die Zeichen der Zeit erkannt und sich
wunderbar „adhoc“ auf die Situation eingestellt. Es wurden virtuell die Türen
geöffnet und Insides gegeben, die du sonst nicht bekommst. Das war ein
absolutes Highlight für mich im Lockdown.
MM: Habt ihr auch einen „online-Stammtisch“ geplant, bei
dem Mitglieder des Malt Circles oder interessierte Genießer sich regelmäßig
online treffen können?
Kathrin: Bisher nicht. Aber es gibt innerhalb
unseres Circle einige Gruppen, die sich regelmäßig zusammenfinden, um Whisky-Neuigkeiten auszutauschen bei einem guten Dram. Begegnungen und Geselligkeit
sind wohl der wichtigste und schönste Nebeneffekt der Whiskyliebhaberei. Ist
total wichtig!
MM: Habt ihr auch eine Facebook-Gruppe oder einen
anderen Social-Media-Account?
Kathrin: Ja – es gibt schon seit 2009 eine
SSMC Facebook Gruppe, die wir dieses Jahr zum 35. Geburtstag des SSMC etwas
aufgefrischt haben. Die anderen Social-Media Accounts, also Instagram, Twitter
etc. haben wir noch nicht aktiviert.
MM: Welche Tasting-Highlights wird es in den
kommenden Monaten bei euch geben?
Kathrin: Gute Frage – wir bemühen uns,
dass unsere Teilnehmer bei jedem Tasting eine richtig gute Zeit haben und suchen
dementsprechend die Themen und die Whiskys sorgfältig aus. Das Highlight ist
doch eigentlich immer, wenn eine schöne Auswahl auf ein klasse Publikum trifft
und der Abend zum Fest wird. Das weiss man vorher nie, man kann nur gut
vorbereiten.
Ein Highlight für den SSMC jedoch wird jetzt im Dezember ein
Online-Tasting mit unserer Dependance in Österreich sein und ein weiteres
virtuell auf größerer Online-Plattform mit Kay Hoffmann in Wuppertal.
Für mich
persönlich wird das Highlight dieses Jahr in Mülheim stattfinden, wo ein Freund nach 40 Jahren seinen Laden zumacht und
wir lassen die Kerndaten seiner Geschichte mit Whiskys aus den Jahren Revue
passieren. Das wird wohl ein sehr
emotionales Tasting.
Wer sich für Termine interessiert, der schaue doch einfach
mal vorbei:
MM: Kathrin, ich wünsche euch viel
Erfolg mit diesem neuen und vielversprechenden Konzept und danke dir für dieses Interview.
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