Sommerwhisky: Mackmyra Grüntee (Mackmyra Grönt Te)

Whisky mit Grüntee-Aroma? Klingt schräg, aber das gibt es wirklich. Anders als schottische Brennereien ist die schwedische Mackmyra Distillery nicht den strengen Regeln der Schottischen Whisky-Association unterworfen, und die Master Blenderin von Mackmyra, Angela d'Orazio, nutzt die Freiheit, die sie in Schweden hat, immer wieder für ungewöhnliche Fassreifungen oder Fass-Finishes aus. Mit dem Mackmyra Gönt Te ist ihr eine besonders eigenwillige Kreation gelungen.


Angela D'Orazios Fass-Experimente sind inzwischen schon fast legendär. Zweimal im Jahr überrascht die Master Blenderin die Fans von Mackmyra mit limitierten Sonderabfüllungen, deren ungewöhnliche Finishes in der Vergangenheit immer wieder für viel Gerede gesorgt haben. Ich denke da ganz besonders an Calvados-, Glühwein- und Kirschwein-Fässer.

Auch die aktuelle Sonderabfüllung, Mackmyra Grönt Te, hat die Gemüter bewegt. Ein Finish mit grünem Tee hat bisher noch niemand gewagt. Grüner Tee und Whisky - passt das überhaupt? Will man das wirklich probieren?

Die Idee klingt schräg, und als der Whisky in diesem Frühjahr auf den Markt kam, konnte sich niemand so richtig vorstellen, wie ein Finish aus grünem Tee eigentlich funktioniert oder wie es schmeckt. 
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Auf der Umverpackung steht lapidar "finished in casks seasoned with liqueur made from some of the finest Japanese tea leaves." In Wirklichkeit ist die Rezeptur doch etwas komplexer und komplizierter, wie Angela vor kurzem in einem Tasting Video verraten hat.

In Zusammenarbeit mit Tee-Spezialistin und Importeurin Yuko Ono wurden vier unterschiedliche grüne Tee-Sorten ausgewählt (Sencha, Hoijcha, Gyokuro und Matcha), die sich in ihrer Aromatik deutlich voneinander unterscheiden. Die Teeblätter wurden zunächst mehrere Stunden - nach Sorte getrennt - in Neutralalkohol zur Mazeration eingelegt. Anschließend wurden die Blätter herausgefiltert.

Der auf diese Weise gewonnene, aromatisierte und hochprozentige Alkohol wurde anschließend - nach Tee-Sorte getrennt - mit Oloroso-Sherry (statt mit Wasser) verdünnt, und in 128 Liter fassende, frische Fässer aus amerikanischer Eiche gefüllt, die zuvor bereits mit Oloroso-Sherry getränkt worden waren.

Nach einer zweimonatigen Einwirkzeit wurden die Fässer geleert und ein 7 Jahre alter Whisky eingfüllt, der zuvor überwiegend in First-Fill Ex-Bourbon-Fässern reifte, aber in geringerem Maße auch in Ex-Oloroso-Fässern und First-Fill Fässern aus schwedischer Eiche. Neunzehn Monate konnte das Finish auf den Whisky einwirken.

Dann kam die eigentliche Kunst des Whisky-Blendens: die Whiskys aus den vier unterschiedlichen Tee-getränkten Fässern wurden zusammen geführt, wobei der Whisky aus dem "Sencha-Fass" den Löwenanteil ausmachte. Zur Abrundung des Buquets und um die richtige Balance der Aromen zu finden, wurden auch andere Whiskys hinzugegeben. Das Herz des Mackmyra Grönt Te besteht zu etwa 30% aus Whiskys mit "Teefass"-Finish, die restlichen 70% stammen aus anderen Fässern.

Das Rezept des Mackmyra Grönt Te macht deutlich, wie kompliziert Whisky-Rezepturen mitunter sein können, wenn es darum geht, neue und aufregende Aroma-Kompositionen in die Flasche zu bekommen.

Ich hatte den Whisky zusammen mit einigen Freunden probiert und wir waren alle von dieser ungewöhnlichen Kreation sehr angetan. Wieder mal ein Top-Job von Angela!

Meine Tasting-Notes: Mackmyra Grüntee (Mackmyra Grönt Te), ungefärbt, 46,1%

Nase:
Der erste Eindruck überrascht. Der Mackmyra Grönt Tee ist ungewöhnlich süß, mit einer aparten Kombination von fruchtigen und floralen Noten. Frisch gemähtes Gras trifft auf exotisch-kühlen Blütenduft, Lotus-Parfum mischt sich mit sämiger Apfelsoße und Calvados-Aroma, und duftige Vanille prallt auf mildwürzige Eiche-Noten. Insgesamt intensiv und süß.

Gaumen:
Der erste Antritt bringt eine leichte Schärfe mit sich, der Alkohol ist jedoch gut eingebunden. Im Gegensatz zu den süß-sämigen Eindruck in der Nase wirkt er auf der Zunge eher herb, mit einer grünen Tannin-Note und leicht trocken.

Nachklang:
floral, intensiv und mittellang

Fazit: 
ein sehr eigenwilliger Whisky, der sich fantastisch als  Aperitif eignet und wie gemacht ist für laue Sommer-Abende auf der Terrasse oder dem Balkon, wenn das Fleisch schon auf dem Grill liegt und man noch ein Weilchen auf das Essen warten muss.

Vielen Dank an Uli für das Sample

PS: Und hier findet ihr noch das Tasting-Video des Mackmyra Grönt Te mit Angela D'Orazio:


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