Whisky-Messe Schloss Trebsen 2020

Die Winterpause zwischen den Jahren ist längst vorbei, und ich habe im neuen Jahr bereits einige lohnenswerte Events besuchen können. Den Auftakt machte wieder einmal die Whisky-Messe in Schloss Trebsen, die von Jens Fahr aus der Altstadtkneipe in Delizsch ausgerichtet wird. 

 

Die Whisky-Messe in Schloss Trebsen ist für mich immer eine sehr schöne Gelegenheit, um das neue Whisky-Jahr einzuleiten. Die Messe zeichnet sich vor allem durch eine romantische und familiäre Atmosphäre aus in den Räumlichkeiten des liebevoll renovierten Schlosses.

Wer die Messe in den letzten Jahren regelmäßig besucht hat, konnte mitverfolgen, wie die Renovierungsarbeiten voranschritten, und die Anzahl der Räume, die für die Messe zur Verfügung stehen, ist dementsprechend von Jahr zu Jahr angewachsen.

Dennoch hat man nach wie vor nicht das Gefühl, dass die Messe überlaufen ist. Als Besucher kann man gemütlich von Raum zu Raum schlendern, die sich auf zwei Etagen, zwei Gebäudeflügel und verschiedene Kellergewölbe verteilen. Der malerische Innenhof des Schlosses bietet zudem eine angenehme Rückzugsmöglichkeit.


Die großen Konzerne mit ihren internationalen Abfüllungen sucht man hier vergeblich, dafür ist das Angebot an unabhängigen Abfüllungen um so größer. Ich kann leider nicht alle vorstellen, die in diesem Jahr wieder dabei waren, das würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, aber eine kleine Auswahl an schönen Abfüllungen, die ich entdeckt habe, möchte ich euch präsentieren.
 

Mein erstes Highlight habe ich am Stand von Marco van den Broek entdeckt, der auch den Webshop Passion-Whisky betreibt. Marco hatte einen fantastischen 13 Jahre alten Whisky der Glen Elgin Distillery dabei, der 2019 von Elixir abgefüllt wurde:  

Glen Elgin 2006/2019, 13 Jahre, 48%, Single Malts of Scotland, Reserve Casks, Parcel 1. 

Auf dem Etikett wird übrigens auch der Angels' Share angegeben: er betrug für diese Abfüllung 29,82%. Ein bißchen blutet einem schon das Herz, wenn man bedenkt, dass sich hier fast dreißig Prozent der eingefüllten Menge in Luft aufgelöst haben. Andererseits waren die Engel sicher sehr glücklich damit...

Elixir ist in Deutschland noch nicht ganz so bekannt wie andere Abfüller. Dahinter verbergen sich die Brüder Sukhinder und Rajbir Singh von der Londoner Whisky Exchange, die sich in der Vergangenheit mit "Speciality Drinks" auch als Abfüller einen Namen gemacht haben und die auch die Serien "Elements of Islay" und "Port Askaig" herausbringen. 2017 wurde "Speciality Drinks" in "Elixir" umbenannt.


Wer alte Abfüllungen und Raritäten sucht, ist bei Uwe Wagmüller aus Berlin gut aufgehoben. Uwe betreibt den Whisky-Shop "Finest Whisky" in Berlin, der 2018 zum besten Whisky-Shop Deutschlands gekürt wurde, sowie Deutschlands beste Whisky-Bar 2019, der Union Jack in Berlin. Wem der Weg nach Berlin zu weit ist, kann auch in Uwes Online-Shop stöbern.

In Trebsen war Uwe zusammen mit Werner Hertwig am Stand, der ein Urgestein der Berliner Whisky-Szene ist. Gelegentlich bringt Uwe auch eigene Abfüllungen heraus. Ganz neu hat er derzeit einen 45 Jahre alten Invergordon Grain Whisky von 1973 im Angebot, der anläßlich des 11jährigen Jubiläums seines Whisky-Ladens heraus kam:

Invergordon, 45 Jahre, Single Grain, 11 Jahre Finest Whisky 2008-2019, destilliert 1973, 93 Flaschen, 50,9 %, 70 cl. 

45 Jahre ist schon ein gewaltiges Alter, und bei 1973 denke ich unwillkürlich an Miniröcke, orange-farbene Plateau-Schuhe und unzählige Bravo-Star-Poster, die damals die Wände meines Zimmers zierten und meinen Eltern so gar nicht gefallen haben... Mann, das waren noch Zeiten!


Nicht ganz so alt, aber sehr vielfältig sind die Abfüllungen der schwedischen Mackmyra Distillery. Die Vielzahl des derzeitigen Sortiments hat mich tatsächlich etwas überfordert, doch zum Glück war "Harzermaltine" Susanne Appold am Stand, die mich fachkundig durch den schwedischen Whisky-Dschungel geführt hat. 

Besonders gut hat mir die neue Mackmyra Rotspon-Sonderabfüllung "Double Wood Elbe" gefallen, die nach einer Reifung in Ex-Bourbon Fässer noch ein Finish in Rotspon-Barrique-Fässern im alten Weinspeicher von Hamburgs ältester Weinkellerei & Spirituosenmanufaktur Heinrich von Have erhalten hat und eine elegante Seite der schwedischen Brennerei zeigt. 

Ebenfalls neu ist die rauchige Variante dieser Abfüllung, "Double Wood Alster", die ich jedoch nicht probieren konnte, da sie am Stand bereits vergriffen war. Das Finish in Rotwein-Fässern geben dem Mackmyra noch mal eine zusätzliche Aromenfrucht, lassen ihn auf der Zunge aber auch etwas trocken wirken. 

Ein echtes Brett hingegen und richtig kernig war die Sonderabfüllung für die Freunde für Mackmyra, "Vänner", der in Fässern aus schwedischer Eiche reifen durfte und mit 50,7% abgefüllt wurde.

Mackmyra Rotspon Double Wood "Elbe" (nicht rauchig) und "Alster" (rauchig), Sonderedition Heinrich von Have, Limitierte Abfüllung, 0,5 Liter, Vol 54,3% bzw. Vol 61,8%


Spannend ging es auch am Stand von Kai Hoffmann zu, der ein großes Sortiment an Whiskys aus deutschen Brennereien am Stand hat und seit 2017 die Wuppertaler Whisky-Messe für deutsche Whiskys ausrichtet. Inzwischen ist er auch zu Deutschlands erstem echtem "Whisky-Bonder" geworden: ganz im Stile der klassischen Whisky-Bonder verfügt Kai mittlerweile über ein beachtliches eigenes Fass-Lager mit Destillaten aus deutschen Brennereien, die er selbst vermählt und reifen lässt. 

Zwei verschiedene Serien gibt es inzwischen, Zweistein und Dithmarscher Whisky. Für letzteres werden die Fässer von vier verschiedenen deutschen Brennereien vermählt und an der Nordsee-Küste bei Dithmarschen zum Reifen gelagert, damit ein echter Küstenwhisky daraus werden kann. Batch No zwei wurde 2018 eingefüllt und wird nach vierjähriger Reifezeit im Juli 2022 abgefüllt werden, Batch No 3 ist für Januar 2023 geplant. Die Fässer für die Serie Zweistein werden in Wuppertal gelagert.

Noch ist der Gerstenbrand aus Wuppertal nicht alt genug, um sich Whisky nennen zu dürfen. Er wird erst im Juni 2020 das nötige Alter von 3 Jahren erreichen. Wer so lange nicht warten will, kann den Wuppertal Spirit auch jetzt schon probieren:

Wuppertal Spirit (limitiert auf 220 Flaschen) 0,35l, 48,7 %vol



Auch am Stand von Tom Skowronek von Anam na h-Alba habe ich ein gelungenes Fass-Projekt entdeckt. Tom ist seit 2013 als unabhängiger Abfüller tätig, und richtet auch die Whisky-Messe "Just Whisky" in Oberhausen aus. 

Nachdem Tom einen 13 Jahre alten Foursquare Barbados Single Cask Rum abgefüllt hatte, war ihm das frische Fass viel zu schade, um es wegzugeben oder zu entsorgen. Deshalb entschied er sich kurzerhand, es mit einem schottischen Whisky zu befüllen und dem Whisky somit ein leckeres Rumfass-Finish zu verpassen. Der zusätzliche Aufwand hat sich gelohnt.

Tomfarclas 2012, 7 Jahre, Rum Cask Finish, 55,2%, 0,7l, Anam na h-Alba


Wie immer hanseatisch-klassisch ging es zu am Stand von Whisky Warehouse No 8. Zum Portfolio des unabhängigen Abfüllers aus Hamburg gehören nach wie vor auch ältere schottische Whiskys mit Altersangabe.

Der absolute Renner ist seit einigen Jahre der  Braon Peat, ein stark rauchiger Whisky von der Insel Islay, der in refill Sherry-Fässern reifte und bereits mehrmals bei Wettbewerben mit Medaillen versehen wurde. Da sich der Braon Peat zu einem Publikumsliebling entwickelt hat, hat er auch seit kurzem ein eigenständiges Label erhalten. Inzwischen ist bereits Batch 7 erhältlich.

Braon Peat Batch 7, no Age, Single Malt Scotch Whisky, Isle of Islay, 04/2019, Refill Sherry Butts, Batch 7, 57,2 Vol.%.


Der Stand von Whisky-Händler Tom und Diana Zeman ist immer für eine Überraschung gut, und die Anzahl der angebotenen offenen Flaschen ist stets überwältigend. Hier habe ich tatsächlich den "Volxswhisky", die jüngste Club-Abfüllung von Slow Drink bzw. dem Regensburger Whisky- und Wein-Club entdecken können. Obwohl die Abfüllung erst im Oktober letzten Jahres herauskam, sind die Preise für dieses Rauchmonster, das verschiedene Fass-Finish erhalten hat, schon fast durch die Decke gegangen. Angesichts des Preises haben wir die Flasche dann zugelassen, den Whisky habe ich also tatsächlich nicht selbst probiert. 


Auch am Stand von Jens Fahr, dem Messe-Ausrichter, bin ich diesmal gar nicht dazu gekommen, Whisky zu probieren, obwohl es reichlich davon gab. Stattdessen habe ich mit Jens über seine jüngste Reise nach Schottland geplaudert, wo er sich wieder einmal auf die Suche anch ehemaligen "lost distilleries" gemacht hat. Unzählige Fotos, die auf dieser Reise entstanden sind, hat Jens in seinem eigens angefertigen, bebilderten Reise-Bericht festgehalten. Viele dieser Brennereien datieren aus dem 18. und 19. Jahrhundert, und die oftmals noch erhaltenen Ruinen in den Highlands dokumetieren anschaulich Größe und Umfang des damaligen Brennereiwesens. 

Natürlich gab es noch viele andere lohnenswerte Stände auf der Messe, und auch der Whisky-Botschafter war mit einem Stand vertreten. Die Whisky-Battle zwischen Heinfried Tacke und Jens Fahr habe ich leider verpasst, weil ich währenddessen Heinfried am Stand vertreten habe. Und wie immer war die Zeit viel zu kurz, um alles das zu probieren, was ich gerne probieren würde. Aber zum Glück gibt es ja nächstes Jahr wieder eine Messe. 




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