Drei Tage Whisky-Festival Berlin: Finest Whisky Dx

Am vergangenen Wochenende fand zum zweiten Mal die Finest Whisky Dx in Berlin statt.  Das dreitägige Whisky-Festival war einer der Höhepunkte im Whisky-Jahr. Und eines der bestgehütetsten Geheimnisse der Hauptstadt.




Wenn man über die wichtigen Whisky-Zentren in unserer Republik redet, fällt einem Berlin nicht unbedingt als erstes ein. Frankfurt schon eher. Limburg. München. Der Pott. Doch Berlin mausert sich. Mit gleich vier Whisky-Messen in diesem Jahr haut Berlin lautstark auf die Pauke.

Die Finest Whisky Dx ist dabei zweifelsfrei das absolute Sahneschnittchen unter den Messe-Kuchen. Drei Tage lang bin ich zwischen legendären Abfüllungen, unvergleichlichen Tastings, und  aufregenden Neuentdeckungen hin- und hergeschwebt und habe mich gefühlt wie Alice im Wonderland.

Und zum bewundern gab es so einiges: Whiskys aus den 1950er, 60er oder 80er Jahren waren ebenso zum probieren offen wie ein Highland Park 28 von Cadenhead,  ein Brora 20 oder ein uralter Strathisla. Selbst ein 50 Jahre alter Karuizawa war da. Das beste aber: die Preise waren überraschend gemäßigt.



Was mich jedoch am meisten gewundert hat, ist die zögerliche Resonanz, die die Messe im zweiten Jahr ihres Bestehens erfahren hat. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein, aber sie können weder am Angebot noch am Preis-Leistungs-Verhältnis liegen. Denn beides ist absolut superb.

Entsprechend war die Messe auch ein regelrechtes Insider-Treffen. Wer kam, wußte genau, was ihn erwartet. Und niemand wurde enttäuscht. 

Wer mich kennt, weiß, dass ich immer mit offenen Augen durch die Whisky-Welt wandere. Und in Berlin waren meine Augen ganz besonders weit offen. Denn hinter den Kulissen bahnt sich hier erstaunliches an. Schauen wir also einmal etwas genauer hin: 

Programm und Angebot

Schon am Donnerstag Abend begann das Groß-Event mit der "Finest Whisky Night", die mich richtig in Party-Stimmung versetzte. Neben Whisky gab es auch leckere Cocktails, Gin und coole Musik, und am Stand von Diageo wurden an diesem Abend die meisten Standards kostenlos ausgeschenkt. Ich habe diese Gelegenheit dann auch genutzt, mich mal wieder durch die Range durchzutrinken. Der Singleton of Dufftown 18 und ich werden definitiv keine Freunde werden, der Mortlach 20 hingegen (pro Dram 4 Euro) hat mir sehr viel Freude gemacht. Wer Lust hatte, konnte auch die verschiedensten Special Releases probieren, die Dram-Preise waren erstaunlich niedrig. Für die geschlossenen Brennereien musste man etwas tiefer in den Geldbeutel greifen, aber wo sonst hat man denn tatsächlich die Gelegenheit, einen alten Pittyvaich, Brora oder Port Ellen zu probieren.



Für richtig gute Stimmung hat nicht zuletzt auch die Musik gesorgt: Wiljalba, Ur-Ur-Ur-Enkel eines berühmten Zauberkünstlers und Sohn des DDR-Schlager-Stars Monika Herz, bezauberte das Publikum während des Abends musikalisch mit seiner Band und sorgte mit einprägsamen Rhythmen dafür, dass auch der akkustische Genuß nicht zu kurz kam.  Wiljalba, der mit richtigem Namen  David Frikell heißt, ist übrigens auch großer Whisky-Fan und viele von euch kennen ihn als die zweite Hälfte des Blogger-Duos "Whisky-und-Vinyl" aus Berlin.

Nach diesem feucht-fröhlich-entspannten Einstieg ging es dann am nächsten Tag mit der eigentlichen Messe los, und jetzt waren auch die übrigen Aussteller vor Ort. Das Angebot an alten Whiskys und alten Abfüllungen war beeindruckend, und viele Dram-Preise waren durchaus erschwinglich, und auch im Bereich von 2 bis 8 Euro waren viele schöne, alte  und seltene Whiskys erhältlich.

Wie schon im letzten Jahr sorgten die Gebrüder Eggert mit ihrer ausgefallenen Speisekarte für kulinarische Wonnen, und ich habe mich an beiden Tagen durch Lachs und Beef hindurch geschlemmt und zum Abschluss gab es am Stand von KiezEis noch ein Talisker-Eis. Ich fands legga, den Gästen aus Schweden waren die Portionen allerdings etwas zu klein. Männer halt....



Der Höhepunkt am Sonntag war die Verlosung einer Flasche der Messeabfüllung, die in diesem Jahr eine Einzelabfüllung eines 40 Jahre alter Speysider war. Der besondere Clou: jede der 193 Flaschen ziert ein eigenes, von der britischen Künstlerin Ronnie Cruwys gezeichnetes Label. Und wer es besonders schick haben wollte, konnte sich direkt von Ronnie das Label auf Wunsch erstellen lassen, denn die Künstlerin war tatsächlich persönlich vor Ort.

Und natürlich gab es auch diesmal traumhafte Tastings während der Messe, mit fantastischen Whiskys wie etwa ein Balvenie TUN 1401 oder ein Balvenie von 1963, ein Talisker von 1947, ein Glen Albyn von 1976 oder auch ein Glenury Royal von 1984.

Fast noch mehr als die Abfüllungen haben mich jedoch die Personen beeindruckt, die hinter den Ständen standen. Denn hier war die Hautevolee der edlen Tropfen versammelt.Wenden wir uns jetzt endlich mal dem Eingemachten zu: den Ausstellern und den Personen hinter den Ständen.




Hinter den Kulissen

Aus Frankreich war Madelaine Leon gekommen, Spezialistin bei LMDW für alte und seltene Abfüllungen und weltweit eine der renomiertesten Expertinnen auf diesem Gebiet. Aus Taiwan war Eric Huang angereist, in dessen Besitz sich die allerletzten Fässer von Karuizawa befinden und der die neue Range seines Labels "Spirit Shop' Selection" vorstellte und aus Tokio hatte Shinanoya sich auf den Weg nach Berlin gemacht, um neben alten Abfüllungen auch die hauseigenen neuen Bottlings zu präsentieren.

Aus Belgien kam Geert Bero, der eine der vollständigsten Ardbeg Sammlungen der Welt sein Eigen nennen kann, Whisky-Collector Magnus Fagerström kam aus Schweden angereist und die schottische SMWS war ebenfalls mit einem Stand vertreten. Zudem waren auch die deutschen Abfüller Sansibar, Jack Wiebers und Finest Whisky präsent, Kirsch-Whisky präsentierte glanzvolles aus den Fass-Lagern von Gordon & MacPhail und aus Berlin war der Whisky-Kanzler  da und Klaus Pinkernell bot neben seltenen Flaschen auch die neuen Abfüllungen von Claxton an. Birgit Bornemeier und  Nils Greese rundeten mit Schottlandreisen bzw. schottischen Original-Fässern das Angebot ab.Auch Catawiki war mit einem Stand vertreten.

Das eigentlich besondere an der Finest Whisky Dx waren für mich gar nicht mal so sehr die alten Abfüllungen, obwohl die in einer solchen Dichte schon unglaublich waren. Das eigentlich besondere war die Konzentration von Personen, die derzeit als unabhängige Abfüller die besten Kontakte in die schottische Whisky-Welt besitzen und trotz gestiegener Preise noch immer in der Lage sind, fantastische alte Whiskys in die Flasche zu bringen. So sehr ich die alten Abfüllungen der vergangenen Jahrzehnte auch bewundere - sie sind nicht das Ende der Whisky-Welt. In den kommenden Jahren werden viele neue Abfüllungen mit alten Whiskys die Märkte erreichen, die eine tolle Qualität besitzen. Und Berlin wird einer der weltweit wenigen Umschlagplätze sein, wo viele Fäden zusammen laufen. Ich bin sehr gespannt.


Mein Fazit: 

Die Preise für alten Whisky sind in den letzten Jahren in die Höhe gegangen. Daran können auch die Berliner nichts ändern. Die Schotten sind sparsamer geworden im Umgang mit ihren alten Fässern und öffnen ihre besten Lagerhallen längst nicht mehr jedem. Gute Beziehungen sind heute wichtiger denn je. Und Berlin hat die richtigen Fäden in der Hand.

Um so mehr hat es mich gefreut, dass ich hier in einer sehr entspannten Atmosphäre viele alte Abfüllungen entdecken konnte und am Ende trotz aller Exklusivität nicht mehr Geld ausgegeben habe als bei einer zünftigen Kneipen-Tour.

Die Messe hat mir zudem überdeutlich einen Trend vor Augen geführt, der sich bereits seit geraumer Zeit anbahnt: die Zentren der schottische Whisky-Welt sind  weiter nach Osten gerutscht. Auch innerhalb von Deutschland. Welcome Taipeh. Welcome Tokio. Welcome Berlin.

Zum Abschluss hier noch ein paar Foto-Impressionen von der Finest Whisky Dx.



































































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