Whiskymesse Schloss Trebsen als Auftakt für das kommende Jahr

Mit einem Termin Anfang Januar eröffnet die Whisky-Messe in Schloss Trebsen den Reigen der Whisky-Messen im neuen Jahr. Sie gehört eher zu den kleineren Messen in der Republik. Und hat in romantischem Ambiente einen vorzüglichen Eindruck davon gegeben, was uns in den kommenden Monaten im Whisky-Karussell erwarten wird. 


"Battle of the Bottle": Jens Fahr und Heinfried Tacke, Whisky-Messe Schloss Trebsen. Foto: MM

1. Unabhängige Abfüller

Auch 2017 werden die unabhängigen Abfüller die Sparte der Neuerscheinungen dominieren. Messe-Veranstalter Jens Fahr (Altstadtkneipe No 2, Delitzsch) und Heinfried Tacke, Herausgeber des Whiskybotschafters, haben in ihrem Master Class Tasting eine "Battle of the Bottle" geschlagen und kurzweilig und spannend die Vor- und Nachteile von Original-Abfüllungen und sogenannten "Indie-Bottlings" näher unter die Lupe genommen. 

Heinfried hatte mit einem Clynelish 14, Ardmore Port Wood Finish und Port Charlotte heavily peated ordentlich vorgelegt, da musste Jens sich anstrengen, um angemessen kontern zu können. Mit einem 15jährigen Clynelish von Càrn Mòr von 1997 aus zwei Hogsheads, einem 10jährigen Macduff 2016/2016 von Anam na h-Alba aus dem Sherry-Cask und einem sehr rauchigen, 6 Jahre alten Caol Ila 2010/2016 der C&S Dram Collection aus dem Hogshead gelang es Jens jedoch, Paroli zu bieten und eine Vielzahl der Teilnehmer auf seine Seite zu ziehen. Einen eindeutigen Sieger gab es an diesem Abend nicht, auf beiden Seiten wurden hervorragende Tropfen geboten. 

Jens Fahr, Heinfried Tacke. Foto: MM

Mit Anam na h-Alba und Maltbarn waren auf der Messe gleich zwei unabhängige Abfüller vertreten, die in der Vergangenheit durch viele gute Bottlings aufgefallen sind. Hinter Anam na h-Alba verbergen sich Tom Skowronek und seine Frau Melanie, unterstützt werden sie von Christian und Tanja. Der Stand von Tom ist für mich jedesmal ein Muss, hier finde ich immer einige interessante Neuerscheinungen und Zeit, ein wenig zu plaudern. Neu bei Anam sind derzeit zwei Benriach aus dem Einzelfass, ein sehr dunkler Glenrothes von 1997 aus einem First-Fill-Sherry-Fass  und ein 18jähriger Royal Brackla aus dem Bourbon Hogshead. Mein Favorit an diesem Abend war ein 19 Jahre alter Glenburgie von 1995 aus einem Bourbon Hogshead. Traumhaft komplex. 

Tom und Melanie, Anam na h-Alba. Foto: MM



Die Abfüllungen von Maltbarn fallen auf den ersten Blick vor allem durch ihre wunderschönen Label auf. Doch hinter diesem schönen Schein steckt auch gute Qualität: die Abfüllungen dieses nord-deutschen Anbieters werden von Kennern durchweg gut bewertet. Da wundert es nicht, dass der 20 Jahre alte Ben Nevis oder der 40 Jahre alte Glen Elgin schon ausverkauft sind. 


Großes Angebot bei Maltbarn. Foto: MM


2. Neue Brennereien

Auch 2017 wird uns das Thema "neue Brennereien" beschäftigen. In Trebsen war der Brand Ambassador der neuen Isle of Harris Distillery, Marco van der Broek, vor Ort. Gegründet wurde die Brennerei auf der äußeren Hebriden-Insel erst im Oktober 2015. Whisky gibt es noch keinen, und Marco war vor allem nach Trebsen gekommen, um den Gin der Brennerei vorzustellen. 

Doch ich hatte Glück: Marco hatte eine Flasche des New Make dabei, und ich durfte ihn bereits verkosten. Er besticht durch wunderschöne Fruchtnoten, Birne vor allem, aber auch durch eine Muffigkeit, die mich an die gedämpften Kartoffeln erinnern, mit denen meine Tante früher die Schweine fütterte, und die dem New Make eine interessante Note verleihen. Ich bin sehr gespannt auf den Whisky, aber wir werden uns noch mindestens bis Herbst 2018 gedulden müssen.

Marco van den Broek, Brand Ambassador der Isle of Harris Distillery. Foto: MM

3. Deutscher Whisky

Wer vor einigen Jahren dem deutschen Whisky ein rasches Ende voraus gesagt hat, muss sich eines besseren belehren lassen. Der deutsche Whisky ist lebendiger als je zuvor, und er wird von Jahr zu Jahr besser. Besonders begeistert hat mich in Trebsen ein Whisky, den ich bei Jens am Stand probieren konnte: der Schlosswhisky der Edelbrennerei Schloss Neuenburg in Freyburg/Unstrut, abgefüllt in Fass-Stärke. So viel Mon Cherie und Marzipan in einem Glas hatte ich schon lange nicht mehr. 

Schlosswhisky aus Freyburg/Unstrut: Mon Cherie und Marzipan im Glas. Foto: MM


Michaela Habbel und Hans Gerhard Fink sind keine Newcomer mehr, wenn es um Whisky geht. Sowohl bei "Hillock" als auch bei "Finch" konnte man sich am Stand in Trebsen nach Herzenslust durch eine Vielzahl von Abfüllungen probieren, eine besser als die andere. Da fiel die Auswahl schwer, am Ende habe ich mich zur Abwechslung für einen Whisky-Likör entschieden. Manchmal darf's halt gerne etwas süßer sein. 

Hans Gerhard Fink, Michaela Habbel: Fachgespräch unter Kollegen. Foto: MM

Power-Frau und Lichtgestalt der deutschen Whisky-Szene: Michaela Habbel, Hillock. Foto: MM

Vorbereitung auf das letzte Tasting des Tages: Finch. Foto: MM

4. Amerikanischer Whiskey

Amerikanischer Whisky führt in Deutschland noch immer ein Nischendasein, und auch in Trebsen war der Whiskey aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten in einem eigenen Nischenraum untergebracht. Die Fans haben ihn trotzdem gefunden. 

Der Raum war gut besucht, immer mehr Whisky-Freunde entdecken auch die Lust an Bourbon and Rye, was wohl auch dem Umstand zu verdanken ist, dass immer häufiger gute und neue Abfüllungen den Weg nach Deutschland finden. Allerdings gilt es, sorgfältig die Spreu vom  Weizen zu trennen. Nicht alles, was derzeit aus den Brennereien über den großen Teich nach Deutschland schwappt, ist wirklich gut. Neues habe ich in Trebsen nicht entdeckt, aber die altbekannten Namen wie Blanton's Gold, Booker's oder Bulleit Rye sind noch immer eine Empfehlung wert.


5. The Cask makes the Whisky

Fass-Management und Holz-Aromen werden auch 2017 die Diskussion beherrschen. Die Wood Finishes, also Nachreifungen in einem zweiten Fass, sind in den letzten Jahren immer ausgefeilter, variantenreicher und besser geworden, und Brennereien wie Glenmorangie oder Arran sind in diesem Bereich sehr innovativ und kreativ. Die Lust an der Fass-Veredelung hat aber auch bei den Malt-Liebhabern in jüngster Vergangenheit rasant um sich gegriffen. So manche Liebhaber-Gruppe hat sich inzwischen ein eigenes Fässchen besorgt, um damit im Hobby-Keller zu experimentierten, und die Ergebnisse stolz über Facebook zu teilen. 

Frank Gauert, Veranstalter der Bochumer Whisky-Messe Whisky'n'more, experimentiert bereits seit über 9 Jahren mit Nachreifungen in eigenen Fässern. Auch in Trebsen war er zusammen mit Sebastian Büssing mit seinen Cask Alive-Abfüllungen vor Ort. Gut gefallen hat mir ein Loch Lomond Grain Whisky aus einem zuvor mit Kaffee getränkten Fass - die Idee ist ungewöhnlich, das Ergebnis beachtenswert. Der Grain hat eine schöne Aromenfracht aus der Nachreifung mitbekommen. 




6. Irish Whiskey

Irischer Whisky erlebt derzeit eine rasante Boom-Phase, und fast monatlich ereilen uns neue Pressemitteilungen über neu gegründete Brennereien. Eigene Destillate haben die jeweiligen Firmen in der Anfangsphase zumeist noch nicht, sie erwerben die angebotenen Produkte bei den wenigen, großen Brennereien Irlands, die über gute Lagerbestände verfügen. Zumeist sind die ausgewählten Fässer von guter Qualität, und oft besser als die Standard-Abfüllungen besagter Brennereien. Hier lässt sich derzeit so manches gute Tröpfchen entdecken. 


Am Stand von Thilo Fuchs habe ich endlich Gelegenheit gehabt, den 15 Jahre alten  Temple Bar Whisky 15 zu probieren. Einfach super lecker! Der Temple Bar 15 hat eine tolle Mischung aus Frucht und Öligkeit und bekommt dafür eine absolute Empfehlung von mir. 

7. NAS-Whisky

NAS-Whisky, also Whisky ohne Altersangabe, ist zunehmend ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Doch er wird uns auch 2017 erhalten bleiben. Ob NAS-Abfüllungen wirklich so schlecht sind wie ihr Ruf, konnten die Teilnehmer des Glenfiddich-Tastings von Petra Milde auf Schloss Trebsen herausfinden.


Die NAS-Abfüllungen IPA und XX standen Glenfiddich 18 und 21 gegenüber, aber nicht unbedingt nach. Gut sind sie alle, am Ende wird wohl auch der Geldbeutel entscheiden.




8. Whisky und Frauen

Und dann habe ich tatsächlich noch einen echten Barbier entdeckt. Die Männer haben sich voller Begeisterung einseifen lassen. An diesem Stand bin ich dann leer ausgegangen, irgendwie hatte ich wenig Lust, mich bei einem Mann unters Messer zu legen. Eine Visagistin war nicht da. Irgendwie ungerecht, oder?


Die Messe in Trebsen hat mir einen wunderbaren Vorgeschmack auf das gegeben, was uns das kommende Whisky-Jahr noch so bieten wird, und ich habe sehr viel Spaß gehabt. Ich freue mich schon auf das nächste Mal. 



Kommentare

  1. Schöner Artikel, danke dafür!

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  2. Sehr schön be- und geschrieben. Beste Grüße aus Delitzsch!

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  3. Launiger und sehr schöner Bericht.
    Die Kritik an NAS kann ich nicht nachvollziehen.
    Nervig finde ich vielmehr das Geschwafel von traditioneller Handwerkskunst und dann den Whisky zu färben.
    Aber wen das nicht stört, kann sich über viele schmackhafte Whiskies erfreuen die gefärbt sind.
    Gruß aus Dietzenbach
    Gerhard

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