We are family: Dem Nürnberger Rot-Malz auf der Spur

Lange Zeit ist deutscher Whisky von vielen belächelt und kritisiert worden. Doch in jüngster Vergangenheit hat sich einiges getan. Die deutschen Brenner haben mächtig dazu gelernt und überzeugen vor allem mit kreativen Regional-Varianten. Wie beispielsweise der Ayrer's Red aus dem Nürnberger Altstadthof.
 


Wer eine Städtereise nach Nürnberg plant, sollte der Hausbrauerei Altstadthof unbedingt einen Besuch abstatten. Hier wird seit 1984 mit Rohstoffen aus ökologischem Anbau und traditionellen Gerätschaften Bier gebraut. Eine besondere Spezialität der Brauerei  ist das Nürnberger Rotbier, das bereits im Mittelalter bekannt war und durch ein spezielles Mälzverfahren eine leuchtende Kupferfarbe erhält.


Doch für einen Whisky-Geak wie mich gibt es noch einen anderen, viel wichtigeren Grund, in der Hausbrauerei einzukehren: hier wird seit 2005 in einer eigenen Destille auch Single Malt Whisky gebrannt. Bier und Single Malt sind ja bekanntlich eng verwandt, beide basieren auf Wasser und Gerste, und bei beiden sind Maischen, Läutern und Gären wichtige Produktionsschritte.

Für den "Ayrer's Red" wird das gleiche Spezialmalz benutzt, das für das Nürnberger Rotbier Verwendung findet und das aus Sommergerste aus biologischem Anbau gewonnen wird. 8 bis 10 Tage wird die Malzwürze vergoren, ehe sie in einer Kupferdestille dreifach gebrannt wird.


Gelagert wird das frische Destillat dann in neuen, getoasteten Fässern aus amerikanischer Weißeiche. Ayrer's Red 58 wird nach dreijähriger Lagerzeit in Fassstärke abgefüllt, Ayrer's PX erhält noch eine Nachreifung in ehemaligen Pedro-Ximénez Sherry-Fässern, die zu kleinen Quarter-Casks umgebaut wurden.

Und noch eine interessante Variante wird in der Brennerei aus Rot-Gerste produziert: ein Rotbierbrand aus Nürnberger Rotbier, der zwei Jahre im Glasballon gelagert wird. Dem Connaisseur bietet sich somit eine wunderbare Gelegenheit, alle drei Produkte parallel zu verkosten, um dem Rotmalz auf die Spur zu kommen.


Tasting-Notes:

Nürnberger Rotbier, 5,2%, 1-l-Flasche mit Bügelverschluss

Zum Auftakt gönnen wir uns einen kräftigen Schluck vom Nürnberger Rotbier, das in dekorativen 1-l-Flaschen mit Bügelverschluss abgefüllt wird. Das Bier ist relativ leicht und mild, aber dennoch sehr würzig. Genau das Richtige an heißen Sommertagen. Dann geht es weiter mit Rotbierbrand und Ayrer's Red.

Rotbierbrand, 40%, 2 Jahre gelagert, 200 ml:

Aroma: weckt Erinnerungen an den kleinen Bauernhof meiner Großmutter. Deutlich wahrnehmbar ist der leicht muffige Geruch von gedämpften Kartoffeln, gefolgt von getreidigen Duft einer großen, alten Holzkiste mit Körnerfutter für die Hühner. Leicht süßlich, insgesamt unglaublich mild und weich, nix beißt, nix brennt.

Geschmack: sehr mild und weich, erdig, angenehm würzig und trocken, am Ende noch etwas Weiß der Grapefruitschale

Nachklang: eher kurz



Ayrer's Red, Fassstärke, dest. 2011/A 21, Fl. 253 von 400, 58,4%, 500ml

Deutsche Whiskys tragen häufig fantasievolle Namen, in diesem Falle musste die alte, mittelalterliche Bezeichnung für den Altstadthof herhalten.

Aroma: die neuen Eiche-Fässer sind sehr dominant mit Aromen von Holz, Vanille, und süßem Karamell. Aber auch eine angenehme Würzigkeit. Dahinter findet sich die gleiche beruhigende Muffeligkeit von gekochten Kartoffelschalen, die wir bereits beim Rotbierbrand feststellen konnten, allerdings deutlich schwächer. Bei etwas Zugabe von Wasser treten frische Zitrusnoten hervor.

Geschmack: beeindruckend würzig und kräftig, aber trotz seiner Fassstärke nicht bissig, recht dunkel und malzig, erdig und rot.

Nachklang: Mild, eher kurz.


MargareteMarie meint: 
Die Verwandschaft zwischen Bier, Brand und Whisky ist unverkennbar. Alle drei sind geprägt von der gleichen Würzigkeit, die kräftig, aber dennoch sehr mild ist. 

Der Rotbierbrand wäre ein schöner Abschluss nach einem deftigen Essen, etwa nach einem fränkischen Schäufele oder auch nach einer schlichten Schweinehaxe. Er hat tatsächlich die gleiche Würzigkeit wie das Rotbier, die Verwandschaft ist unverkennbar, und beide harmonieren geschmacklich sehr schön - das perfekte Herrengedeckt!

Wer es nach einem guten Essen etwas edler mag sollte als Digestif statt zum Brand zum Single Malt greifen. Uns hat das Dreiergespann nach getaner Arbeit als Belohnung sehr gut geschmeckt.



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