Tasting Notes: Laphroaig Select. A rough boy tamed
Doch zu einem guten Standard-Angebot gehört nicht nur die Erweiterung nach oben. Auch das Einstiegssegment muss bedacht werden. Und genau da ist der neue Select wohl angesiedelt, wie die Pressemitteilung vermuten lässt:
"Laphroaig SELECT ist daher der perfekte Einstieg in die Welt der torfigen Single Malt Whiskys, um sich langsam an intensivere Torfaromen heranzutasten. Er stammt aus einer Auswahl verschiedener Fasstypen – eine Kombination aus ehemaligen Bourbon-Fässern und neuen Fässern aus amerikanischer Eiche. Die Lagerung in neuen Eichenfässern verleiht dem Malt eine leicht süßliche Geschmacksnote. Der Whisky erscheint ohne Altersangabe, enthält aber vorwiegend ältere Whiskys und vereint Anteile der bekannten Laphroaig Abfüllungen wie 10Jahre, PX Cask, Quarter Cask und Triple Wood."
Eine Auswahl aus verschiedenen Fasstypen bietet der Select also - wie ein kleiner Vorspeisenteller, der von allem ein bißchen enthält und einem den Mund wässrig machen soll auf die besseren, gößeren Dinge, die danach noch kommen. Die Vorteile für die Brennerei liegen auf der Hand, eine größtmögliche Auswahl an Fässern bietet auch eine viel größere Flexibilität als die bisherigen Standards der Core-Range im Einstiegsbereich. Aber es kann auch Schwankungen in der Detailausprägung bedeuten, mit leichten Variationen ist hier durchaus im Laufe der Zeit zu rechnen. Für mich als Verbraucher kann das auch reizvoll sein.
Viel interessanter ist für mich jedoch die Frage, ob der Select auch eine gute Alternative zum Laphroaig 10 oder Quarter Cask darstellen kann. Dankenswerterweise wurde mit der Pressemitteilung auch ein kleines Sample mitgeschickt, so dass ich mir mein eigenes Urteil bilden konnte. Wie hat er mir also gefallen? Hier meine Tasting-Notes:
Laphroaig Select, NAS, 40%vol. (abgef. 2014):
Farbe:
goldgelb
Aroma:
Rauch. Asche. Zuckersüße. Etwas Sherry, leichte Vanille und ein paar Tropfen Apfelsaft.
Geschmack:
Rauch mit Biss! So schmeckten Partyküsse in den späten 70er, als die Jungs noch wild waren und kettenrauchten und der Zigarettengeschmack in heißen Wellen über die Zunge lief. Darunter dann leise Sherrytöne und eine zarte Süße. Was mir fehlt, ist der Geschmack von Intensivstation, von Brackwasser und Hafenbecken und das ungestüme Prickeln auf der Zunge.
mit Wasser:
Trotz der 40%vol. schaden ein paar Tropfen Wasser nicht, sie bringen etwas mehr Frische, Apfelsaft und grünen Tee.
Nachklang:
Das Finish ist eher kurz und wirkt mehr am Gaumen als im Rachen.
Fazit:
Ein guter Laphroaig ist für mich immer ein bißchen wie Kurt Cobain: kompromisslos, umwerfend, streitbar, und nichts für die breite Masse. Der Laphroaig Select zeigt eine andere Seite, er ist ein "rough boy tamed". Der wilde Bursche von Islays Küste hat sich gekämmt und rasiert und kommt plötzlich ganz ordentlich daher. Brav ist er geworden, gezähmt, ohne die Ecken und Kanten, die man sonst von ihm kennt. Nur die Zigarettenkippe trägt er noch immer im Mundwinkel.
Mein Tip:
Laphroaig polarisiert bekanntlich, entweder man liebt ihn oder man hasst ihn. Wer bisher einen großen Bogen um das wilde Inselkind machte, sollte dem Laphroaig Select durchaus eine Chance geben. Dieser Laphroaig ist sehr gefällig, aber dennoch mit einem angenehm-rauchigen Biss.
Wer ein FOL ist und längst einen Square-Foot auf Islay besitzt, sollte lieber beim Quarter Cask bleiben oder gleich zum Laphroaig 18 greifen. Er wird beim Select sein Nirwana nicht finden.
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