Auf Schlemmertour im Whisky-Village


Das Nürnberger Whisky-Dorf gehört zu den Frischlingen in der Manege der Whisky-Messen. Erst im vergangenen Jahr hat "The Village" seine Türen zum ersten Mal für Whisky-Aficionados geöffnet. Und sich aus dem Stand heraus zu einem der wichtigsten Termine im Whisky-Kalender entwickelt. Auch in diesem Jahr war die Messe ein Publikumsmagnet.
 
Bild: MargareteMarie


Ein großer Vorteil der Nürnberger Whisky-Messe ist ihre leichte Erreichbarkeit. Vom Hauptbahnhof bringt mich die U-Bahn-Linie 1 direkt von die Messehalle. Obwohl ich mit einem ganzen Pulk von Menschen aussteige, die alle die Messe ansteuern, entstehen im Eingangsbereich kaum Schlangen, die Ticket-Schalter sind gut besetzt. Auch an der Garderobe muss ich nur kurz warten.

Bei der Einlass-Kontrolle zum Whisky-Bereich erlebe ich jedoch erst einmal eine ärgerliche Überraschung. Die Whisky-Messe ist eingebettet in eine größere Veranstaltung, die Nürnberger Freizeit-Messe, zu der auch viele Familien mit Kindern kommen. Der Eingangsbereich zur Whisky-Halle wird deshalb noch einmal kontrolliert, nur wer über 18 ist, darf hinein.

Da ich bereits seit einigen Jahren volljährig bin, bekomme ich mein gelbes Erkennungsbändchen ohne Probleme. Doch das umfangreiche Messemagazin mit Programm, Hallenplan und Ausstellerinfos erhalte ich nicht automatisch dazu, sondern ich muss es mir erst fordern. Und als ich dann nach dem obligatorischen Tasting-Glas frage, erfahre ich zu meiner Überraschung, das ich es erst kaufen muss. Plötzlich fühle ich mich wie ein Passagier, der ein Flugticket gekauft hat, und dann an Bord der Maschine bei der Stewardess erfährt, dass er für den Sitzplatz noch extra zahlen soll.

Schlagartig werde ich störrisch, nicht wegen der drei zusätzlichen Euro, sondern wegen des Prozedere. So wie mir ging es wohl vielen Gästen, ich habe in den folgenden zwei Tagen so manchen Besucher ohne Glas an den Ständen vorbeischlendern sehen. Es gab ja nicht nur Whisky zu kaufen. Ein Pfandleih-System wäre hier sehr viel geschickter, jeder Weihnachtsmarkt kriegt das hin. Und das Messemagazin sollte man nicht wie ein billiges Werbeprospekt achtlos im Eingangsbereich deponieren, sondern jedem Gast zusammen mit dem gelben Bändchen persönlich überreichen. Das macht kaum Aufwand, gibt dem Besucher aber das Gefühl, willkommen zu sein.

Essen....


Als ich dann das Whisky-Dorf betrete, verfliegt mein Ärger aber wieder schnell. Knapp 60 Aussteller sind da, das Angebot ist riesig und breit gestreut, und die Kulissenbauten geben der Halle einen sehr charmanten, alt-fränkischen Charakter. Ich lasse mich von Stand zu Stand treiben, freue mich über Alt-Bekanntes und staune, wie viel Neues ich in Nürnberg entdecke.

Bild: MargareteMarie

Vielleicht liegt es daran, dass ich so früh am Vormittag  noch gar nicht gefrühstückt habe, warum mir zunächst das große kulinarische Angebot auffällt: am Stand vom Nürnberger Metzgermeister Steiner komme ich nicht vorbei, ohne deren selbstgemachten Whisky-Würste und Whisky-Schinken zu probieren, und ein Päckchen Whisky-Ringel-Wurst findet am Ende auch ihren Weg in meine Handtasche. Ich habe schließlich noch eine längere Heimreise vor mir.

Die besten Chips meines Lebens esse ich dann am Stand von Andrea Caminecci: Mackie's Potato Crisps schmecken nach echter Kartoffel, und nicht nach billigen Geschmacksverstärkern. Es gibt sie in verschiedenen Varianten, meinen Liebling habe ich schnell gefunden: Aberdeen Angus. Auch wenn die Chips nicht zum Whisky passen, davon muss unbedingt ein Tütchen mit.

Bild: MargareteMarie

Besser als Begleiter zum Whisky sind die englischen Süßigkeiten des Fudge-Shop aus Mönchengladbach und natürlich der Klassiker aus Schottland, Walker's Shortbread. Food-Pairing wird im Whisky-Bereich immer beliebter, doch die klassischen Whisky-Begleiter Käse und Schokolade fehlen diesmal. Dafür gibt es die handgemachten Whiskytrüffelpralinen bei Gradl's Whiskyfässla und die Säntis-Malt-Pralinen, die schon gleich mit Whisky gefüllt sind.  Auch am Stand der Blauen Maus entdecke ich Feinkostprodukte und Brotaufstrich.

Bild: MargareteMarie

Am Stand von Alba hat Chris seine neueste Kreation dabei: Gin-Gelee. 5 Sorten gibt's zur Auswahl, alle selbstgemacht und selbst entwickelt. Kaufen kann ich sie noch nicht, da muss ich mich bis Limburg gedulden. Aber probieren darf ich die Prototypen schon: Mein Favorit ist die Mary Swiss, die aus Studer Gold Gin und Fruchtsaft von Bergapfel und Marillenmark entsteht. Durch den Gold Gin enthält Mary Swiss tatsächlich echte Goldeinlagen. Da bekommt beim Frühstück der Begriff "Golden Toast" doch eine ganz andere Bedeutung...

Bild: MargareteMarie

Die Königskrone im Whisky-and-Food-Bereich trägt für mich aber nach wie vor Whisky-Koch Chris Pepper aus Darmstadt. Ein Tasting bei ihm ist für mich obligatorisch, und im Nürnberger Village bietet er diesmal ein kleines Drei-Gang-Menü an: es gibt drei Whiskys, Ardmore Traditional, Laphroaig Quarter Cask und Glenrothes Select Reserve, die jeweils mit einem passenden Gericht kombiniert werden. Wie immer fantastisch. Und wie immer rückt er seine Rezepte nicht raus;-)

Bild: MargareteMarie


...und Trinken!


Aber ich bin ja nicht zum Schlemmen hier, ich bin ja auf der Suche nach gutem Whisky und den Menschen, die mit Whisky auf  besondere Art und Weise verbunden sind. Das Highlight der Messe in Nürnberg ist für mich ein Whisky-Tasting mit zwei echten Schotten: George Grant von Glenfarclas und Ranald Watson, Sales and Marketing Manager  bei Springbank, waren aus Schottland angereist und haben in einem gemeinsamen Tasting jeweils zwei ihrer Whiskys sowie die Brennereien Springbank und Glenfarclas vorgestellt.


George Grant, Glenfarclas.         Bild: MargareteMarie

Über den Inhalt der Vorträge kann ich leider nicht allzu viel sagen, denn ich habe kaum etwas verstanden. Was in diesem Fall nicht etwa am schottischen Akzent lag, der ja etwas gewöhnungsbedürftig ist, sondern an der Geräuschkulisse. Zeitgleich mit den Vorträgen spielte in der Halle auch Musik, und irgendwo nebenan wurde ebenfalls lautstark mit einem Mikrofon gearbeitet.

Randald Watson, Springbank.               Bild: MargareteMarie

Die leichten Stellwände, die die einzelnen Bereiche voneinander trennten, waren viel zu hellhörig, am Ende gab es einen fürchterlichen Klangbrei und ich habe sehr schnell die Lust verloren, richtig zuzuhören. Die Stimmung war dann auch entsprechend verhalten. Ich fand das unglaublich schade, denn so wurde eine tolle Chance mehr oder weniger ungenutzt vergeben.
Hier muss bis zur nächsten Messe dringend eine Lösung gefunden werden, eine solche Behandlung haben  weder die Referenten noch die Gäste verdient.

Bild: MargareteMarie

Den Whisky hat das wenig gestört, er blieb davon unberührt und hat trotzdem geschmeckt. Ausgeschenkt wurden Glenfarclas 12 und Glenfarclas 2000/2013 sowie ein Springbank Gala Barolo, 9 Jahre, und ein Longrow Peated Campbeltown Single Malt. Mein Favorit war am Ende der Glenfarclas 2000, aber auch der Gala Barolo hat mir gut gefallen.

                              


Doch nicht nur die Schotten können Whisky machen. Bei meinem Streifzug durch das Village entdecke ich auch einen recht neuen Rye, einen amerikanischen Roggen-Whisky, mit dem Namen "James E. Pepper Rye 1776". Ob der gute James mit unserem Whisky-Koch Chris Pepper verwandt ist, wird wohl für immer im Dunkeln bleiben. Auch die Herkunft dieses Whiskeys ist mysteriös, und die Auskunft am Stand hilft nicht viel weiter. Der Name der längst geschlossenen Pepper-Brennerei hat  bis heute einen klangvollen Namen, doch das Label hat bei amerikanischem Whiskey nicht viel zu sagen. Ich muss wohl wieder Tante Google fragen, um mehr Licht in die Sache zu bringen. Aber der Rye ist verdammt gut. So gut, dass ich ihm in den nächsten Tagen einen eigenen Eintrag widmen werde.

Bild: MargareteMarie

Mysteriös sind auch die Ursprünge des wahrscheinlich ältesten Whiskys der ehemaligen DDR. Auf der Finest Spirits in München war offizielle Markteinführung, doch schon jetzt sind die Flaschen eine absolute Rarität und so gut wie ausverkauft. Eine der letzten erhältlichen Exemplare finde ich am Stand von Woody's Holzprodukten. Der Geschmack ist stark und beeindruckend, mit viel Eiche, Uhu, Würze, Dill und Gurkenaroma. Bei einer Blindverkostung vor ein paar Wochen hat er auf mich wie eine  Kreuzung zwischen Bourbon und Japanischem Whisky gewirkt, einen deutschen Whisky hätte ich nie und nimmer vermutet. Die Flasche gehört in jedes Sammler-Kabinett, wer mehr wissen will, muss Pit Krause fragen.

Bild: MargareteMarie
Woody's, eine kleine Münchner Manufaktur, hat sich auf die Herstellung von Schreibutensilien und anderen Holzprodukten aus alten Fass-Dauben spezialisiert. Neben Füller, Kugelschreiber und Bleistiften aus Fassholz von Ardbeg, Glenfiddich oder Highland Park kann man hier mit etwas Glück auch noch den Whisky bekommen, der eben in genau jenem Fass heranreifen durfte.


Bild: MargareteMarie


Am Stand von Schlumberger treffe ich auf alte Bekannte: Blanton's Straight Kentucky Bourbon aus der Buffalo Trace Brennerei zählt  seit Jahren  zu  den Lieblingen in meiner Bar. In jüngerer Vergangenheit war es jedoch zu Liefer-Engpässen gekommen, vor allem  "Gold" und die Einzelfassabfüllung "straight from the Barrel" waren nicht immer erhältlich. Schön, dass hier wieder alle 4 Abfüllungen angeboten werden. Für Freunde von Vanille und dunklen Früchten ein absolutes Muss.

Bild: MargareteMarie
Ein noch junger  Stern am Whiskyhimmel ist hingegen Kavalan. Seit 2006 wird in dieser Brennerei im fernöstlichen Taiwan Single Malt Whisky gebrannt. Bedingt durch die hohe Luftfeuchtigkeit und die hohen Temperaturen reift Whisky in Taiwan deutlich schneller als in Schottland. Seit geraumer Zeit ist er auch bei uns zu haben, und überrascht durch seine Komplexität und Fülle. Mittlerweile gibt es mehrere Varianten.  Mein Favorit: Kavalan Fino aus der Reihe "Solist", eine Einzelabfüllung in Fass-Stärke aus einem Fino-Sherry-Fass mit viel Süßholz und Sultaninen.

   Bild: MargareteMarie
Armorik, ein Single Malt aus der Bretagne, ist schon seit 1998 am Markt. Doch vor einigen Jahren gab es einige Veränderungen bei der Produktion, wie beispielsweise eine längere Fermentationszeit. Auch die "Line Arms" der Brennblasen wurden verändert. Das Ergebnis ist ein deutlich fruchtigeres und schwereres Destillat als in der Vergangenheit.

Gereift wird der leicht getorfte "Armorik Classic" in Fässern der Buffalo Trace Brennerei, der "Armorik Double Maturation" wird erst in bretonischen Eichenfässern gelagert und reift dann noch 2 Jahre in spanischen Oloroso-Sherry-Fässern. Abgefüllt werden beide Varianten nicht-kühlgefiltert mit 46%vol. Die Kundschaft hat die Veränderungen positiv aufgenommen, am Stand von Alba war Armorik der beliebteste Whisky an diesem Wochenende.

Bild: MargareteMarie
 
Aber auch die neue Abfüllung aus der Rauch-Abteilung, "Cask Islay", hat offensichtlich großen Zuspruch gefunden, was beim Preis-Leistungs-Verhältnis dieses Malts auch kein Wunder ist.  Womit ich auf meiner Rundreise durch die verschiedenen Whisk(e)ys dieser Welt wieder in Schottland angekommen wäre.

Bild: MargareteMarie

MargareteMarie meint:


Für mich war es der erste Besuch im Nürnberger Whisky-Village, aber gewiss nicht der letzte. Das Angebot der Aussteller war breit gefächert, kleine, unabhängige Anbieter waren genauso vertreten wie große Marktführer, schottischer Whisky stand einträchtig neben Whisky aus aller Welt, und auch das Essen kam nicht zu kurz. Diese bunte Mischung hat mir gut gefallen. Die Messehalle  war an beiden Tagen gut besucht, und im Gegensatz zum Pre-Opening auch zu keinem Zeitpunkt überfüllt. Was mir allerdings gefehlt hat, war die ein oder andere Ruhe-Insel, nicht zum Essen und Bier trinken, sondern zum Sitzen, zum Entspannen, zum Erholen. Zum Genießen braucht es Muße, Whisky ist schließlich kein leichtes Soft-Getränk.

 

Und wen ich sonst noch getroffen habe.....


Wie immer habe ich auch viele nette und interessante Menschen auf der Whisky-Messe getroffen, und mit einigen konnte ich auch ein längeres Gespräch führen.  Eine kleine Vorschau möchte ich schon mal geben auf das, was euch den Rest des Monats erwartet:


Am Stand von Campari habe ich  Spirituosen-Expertin Julia Nourney getroffen, die für mich ganz spontan und exklusiv den neuen Balvenie 14, Caribbean Cask verkostet hat. Was Julia von diesem Whisky hält, werdet ihr bald erfahren, aber soviel kann ich schon verraten: der Balvenie schmeckt sehr lecker!

 

Ganz privat unterwegs war diesmal Thomas Plaue, Master of Whisky  bei Diageo (rechts im Bild). Für "whiskyundfrauen" hat er in einem ausführlichen Interview Rede und Antwort gestanden.



Jasmin Haider gehört zu einer neuen Generation von aufstrebenden Whisky-Women. Die gelernte Destillateurin erzählt für "whiskyundfrauen" über ihren beruflichen Werdegang, die elterliche Brennerei und österreichischen Whisky.



Jana Schiewer (hier im Bild mit Florian Schäfer) vermarktet erfolgreich den taiwanesischen Whisky Kavalan. Und meistert bravourös den Spagat zwischen Ost und West. "whiskyundfrauen" gewährt sie Einblick in ihren Arbeitsalltag.


Nach dem Tasting mit Gorge Grant hatte ich dann noch Gelegenheit, mich mit ihm über seine Brennerei  Glenfarclas zu unterhalten, die als traditionsreicher, familiengeführter Betrieb eine besondere Stellung in der schottischen Whisky-Welt einnimmt. In einem kurzen Interview für  "whiskyundfrauen" gibt er einen Ausblick auf die nahe und ferne Zukunft der Brennerei.


Und hier noch ein paar Foto-Impressionen:


   Bild: MargareteMarie

 von links: George Grant (Glenfarclas), Bernhard Schäfer (Spirituosenexperte und Präsident des Nürnberger Highland Circle Whisky-Club), Ranald Watson (Springbank).


Prachtstück!            Bild: MargareteMarie

Noch ein Prachtstück!           Bild: MargareteMarie

   Bild: MargareteMarie

   Bild: MargareteMarie
Bild: MargareteMarie
   Bild: MargareteMarie

   Bild: MargareteMarie

   Bild: MargareteMarie

   Bild: MargareteMarie

   Bild: MargareteMarie

   Bild: MargareteMarie
   Bild: MargareteMarie
   Bild: MargareteMarie
   Bild: MargareteMarie
   Bild: MargareteMarie

   Bild: MargareteMarie

   Bild: MargareteMarie
   Bild: MargareteMarie

   Bild: MargareteMarie

   Bild: MargareteMarie
   Bild: MargareteMarie

Schönschrift.            Bild: MargareteMarie



Kommentare

  1. Sehr schöner Artikel. Leider konnten wir dieses Jahr nicht dabei sein.

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    1. Dafür konnte ich nicht zur Whisky Time Frankfurt. Aber vielleicht sind wir ja beide in Limburg?

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  2. Sehr schöner und interessanter Artikel! Liebe Grüße Florian

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    1. Danke! Dir noch viel Spaß in M. Auch wenn's dort gar keinen Whisky gibt...

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