Barmaids Berlin: Constanze Geissler, Duke Bar im Ellington Hotel
Die Duke Bar im Ellington Hotel
In unmittelbarer Nachbarschaft zum KaDeWe und dennoch ganz abseits von der Hektik der Einkaufsmeile liegt in der Nürnberger Straße eine Oase der Entspannung: die Duke Bar im Ellington Hotel. Hier ist das Reich von Constanze Geissler, Barchefin in der Duke Bar und eine der besten weiblichen Mixologen in Berlin.
Als ich ankomme, ist es später Nachmittag, und Constanze erwartet mich schon. Nach dem Einkaufsstress am Kudamm tut mir die helle, entspannte Eleganz in der Duke Bar gut. Die schweren Ledersessel wirken wie eine Reminiszenz an die berühmte Jazz-Bar, die sich früher hier befand, und bilden einen warmen Kontrast zu der modernen, kühlen Sachlichkeit des lichtdurchfluteten Raumes. Außerdem sehen sie verdammt bequem aus. Ich setze mich trotzdem an den Tresen, denn ich will einer der besten Barmaids Deutschlands auch bei der Arbeit zusehen können.
Bild: MargareteMarie |
Doch zunächst fällt mir ihr spezielles Whisky-Regal auf, das eine kleine, feine Sammlung besonderer Flaschen enthält, die man in einer Hotelbar normalerweise nicht finden würde. Einen Glenfiddich oder Glenlivet sucht man bei Constanze vergeblich, stattdessen gibt es erstklassige Single Malts, limitierte Ausgaben und unabhängige Abfüller. Die Frau ist mir auf Anhieb sympathisch und so sind wir im Nu mitten im Thema: Frauen, Whisky - und Männer natürlich!
Die Whisky-Auswahl in ihrem Regal ist mehr als nur ein Spiegelbild ihres persönlichen Geschmacks, sie ist auch Ausdruck eines veränderten Trinkverhaltens. Die Kunden von heute sind aufgeklärter und anspruchsvoller als früher. Mit Massenprodukten und Standard-Ware kann man längst nicht mehr punkten, wie mir Constanze erklärt, und ihre Gäste wissen immer häufiger die besondere und individuelle Auswahl ihrer Bar zu schätzen.
Leben abseits der Norm
Im Gegensatz zu mir ist Constanze multifunktional, sie kann gleichzeitig reden und einen perfekten Cocktail mixen, was mich sehr beeindruckt. Und so erzählt sie mir, während mein Cocktail entsteht, von ihrem Werdegang als Bartenderin und was es für eine Frau bedeutet, hinter dem Tresen stehen zu wollen.
Eigentlich wollte sie Wirtschaftsrecht studieren, doch ein Aushilfsjob in Harry's New York Bar hat ihrem Lebensweg eine entscheidende Wende gegeben. Constanze ist fasziniert von der Bararbeit und entdeckt schnell ihr besonderes Talent fürs Mixen. Das Studium gerät immer mehr in den Hintergrund, und 2006 wechselt sie schließlich als Vollzeit-Kraft in die Marlene-Bar des Interkonti Hotels. Eine vorgeschriebene Ausbildung gibt es für Bartender bis heute nicht, aber sie besucht die Barschule Rostock und absolviert noch nebenbei eine Ausbildung zur Restaurantfachfrau. Vor zwei Jahren gelingt ihr der Sprung nach oben und sie wird Bar Managerin im Ellington Hotel.
Bild: MargareteMarie |
Doch das Leben abseits der Norm hat seinen Preis, vor allem für Frauen, auch das verschweigt Constanze nicht. Die Arbeitszeiten sind oft hart und nicht wirklich beziehungsfreundlich, Bartender arbeitet dann, wenn andere frei haben. Und einen Kindergarten für Mütter im Nachtdienst gibt es auch noch nicht. Der Spagat zwischen Privatleben und Arbeitswelt ist für Frauen noch schwerer zu bewältigen als für Männer. Auch das mag ein Grund sein, warum es immer noch so wenige Frauen gibt, die sich hinter den Tresen wagen, doch es ist gewiß nicht der einzige.
Frauen brauchen Förderer
Das Spiel auf der Klaviatur der Spirituosen wird immer noch von Männern dominiert. Während Frauen oft freiwillig und dienstbeflissen im Service arbeiten, drängt es die Männer eher hinter die Theke, wo ihnen der Beifall des Publikums sicher ist und ihnen die Nörgeleien der Kunden erspart bleiben. Frauen, so hat Constanze beobachtet, sind oft leiser, ihnen fehlt meist das Talent zur Selbstdarstellung und Selbstvermarktung, was für Männer oft ganz selbstverständlich ist. Frauen hinter dem Tresen brauchen Männer, die ihnen Raum geben und sie fördern wollen.
Constanze hat es geschafft, sie gehört mittlerweile zu den renomiertesten Barmaids, die es in Deutschland gibt, und sie braucht weder Förderer noch Messbecher. Wenn sie einen Drink mixt, kann sie sich den Geschmack vorstellen, ohne ihn trinken zu müssen, und sie muss auch nicht abmessen. Ohnehin ist der Geschmack der Zutaten oft variabel, mal sind die Orangen süß, mal eher herb, da hilft auch ein Barmaß nicht wirklich weiter. Ein bißchen ist es wohl so wie beim Kochen, wer jedesmal ein genaues Rezept braucht, hat schon verloren.
Bild: MargareteMarie |
Schaum und Rauch
Während wir plaudern, nimmt mein Cocktail so langsam Gestalt an. Ich habe mich für einen Blood and Sand entschieden, der zu den Klassikern gehört, von Constanze aber neu interpretiert wird. Der Cherry Heering ist ein Muss in diesem Cocktail, aber der Whisky ist variabel. Constanze mixt ihn mit "Classic of Islay", einem rauchigen Malt von Jack Wiebers in Fassstärke, der einen wunderbaren Kontrapunkt zu den Kirsch- und Orangenaromen der übrigen Zutaten setzt. Die besondere Raffinesse ist jedoch die Sanddorn-Espuma, die am Ende diesen Cocktail krönt. Der "Blood and Sanddorn" schmeckt traumhaft gut, und ich bin mir sicher, dass ich gerade den weltbesten Blood and Sand im Glas habe.
Bild: MargareteMarie |
Das Ellington
Genau so bemerkenswert wie Constanze ist auch das Ellington Hotel: das Haus mit der beeindruckenden Art-Deko-Fassade stammt noch aus den zwanziger Jahren, als Berlin golden und sein Westen wild war. Es war die große Zeit der Barkultur, als die Kellner genauso elegant waren wie die Cocktails, die sie servierten. Später entstand hier der legendäre Jazz-Club "Badewanne", wo angeblich schon Duke Ellington und Ella Fitzgerald auftraten, und bis in die 70er Jahre standen an dieser Adresse immer wieder große Stars auf der Bühne. Heute ist das Gebäude denkmalgeschützt und unter dem Namen Tauenzienpalast, Femina-Palast oder Haus Nürnberg bekannt.
Auch die Hotelküche lohnt einen Versuch: Chefkoch Florian Glauert wurde im vergangenen Herbst bei den Wahlen zu Berlins Meisterkoch zum "Aufsteiger des Jahres" gekürt.
Bild: MargareteMarie |
Natürlich habe ich die Gelegenheit dann genutzt, endlich einmal Jack's Pirate Whisky zu probieren. Ich fand ihn prima, rund, elegant, mit zartem Raucharoma, gelben Früchten und Creme Brulee, toller Nachklang, der wird bei der nächsten Gelegenheit auf jeden Fall in meinen Barschrank wandern....
Sláinte!
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