alt, älter, unbezahlbar: Whisky-Tasting mit einem Malt Maniac


Alter Whisky ist seltener und teurer. Aber ist er auch besser? Ein Tasting beim Regensburger Whisky-Club soll mir helfen, eine Antwort auf diese oft gestellte Frage zu finden.


 Und alt sind die Flaschen durchaus, die Peter "Pit" Krause für das 27. offizielle Club-Tasting zusammengestellt hat. Eine nicht allzu schwierige Aufgabe für ihn, schließlich trinkt und sammelt er Whisky bereits seit über 20 Jahren, und mittlerweile kann er aus einem Fundus von mehr als 4.000 Flaschen auswählen, viele davon alt und selten. Über Pit habe ich bereits an anderer Stelle berichtet [hier], heute soll es um die Whiskys gehen.
Inseln und Rauch hieß das Thema, und als ich die Flaschen sehe, die Pit im Nebenraum der Regensburger Wunderbar aufgebaut hat, komme ich mir plötzlich vor, als hätte ich Aladins Wunderlampe entdeckt. Acht Herzenswünsche werden heute abend erfüllt, und hier sind ihre Namen:



1. Scapa 8 y.o. G&M Pure Highland Malt, 70er Jahre, 75 cl, 40%
2. Bowmore 31 y.o., Signatory Millenium Edition 1968-1999, Cask 3817, 238 Flaschen, 43%
3. Highland Park 30y.o., Shinanoya (Japan) 1981-2012, Hogshead 6082, 254 Flaschen, 53,8%
4. Longrow 15 y.o., Samaroli “Natural Strength”, Moon Import, 1987-2002, Cask 114, 45%
5. Brora 30 y.o., OB, abgefüllt 2006, 2130 Flaschen, 55,7%, überwiegend 1972
6. Caol Ila, 27.10.2000-8.2011, G&M Exclusive for 35th Anniversary Kirsch Import, 1st-fill Sherry Hogshead 309579, 304 Flaschen, 58,9%
7. Ardbeg 20y.o., Cadenhead’s Authentic Collection, 1975-1995, 51%
8. Laphroaig, 1996-2010, Rolf’s No. 2, Bourbon Cask, Ex-Springbank Sherry Bloodtub-Finish, 6/66 Flaschen, 58%

 Als ich am Ende erfahre, dass Pit auch rundreist durch Bayern und Tastings an vielen verschiedenen Orten durchführt, wird Wunsch Nummer Neun in mir geweckt: ich wünsche mir, dass Pit auch mal nach Hessen kommt. Und wer weiß, vielleicht wird ja ein Hessischer Whisky-Club mir diesen Wunsch auch erfüllen....

Hier meine Tasting-Notes:

1.      Scapa 8 y.o. G&M Pure Highland Malt, 70er Jahre, 75 cl, 40%

Farbe: helles Gold-Gelb
Aroma: Zuerst Vanille und etwas Karamell, viel frischer Apfel, ein bisschen Zimt, etwas Minze, süß, malzig, etwas Honig, viel Heu.
Geschmack: Walnuss, Leder, Kaffee, ölig.
Nachklang: bleibt noch eine ganze Weile auf der Zunge liegen.
Fazit: Ein Whisky mit „Old Bottle Flavour“. Fruchtige, florale Noten klingen noch durch, aber die jugendliche Spritzigkeit eines 8jährigen ist einem gewissen Maß an Reife gewichen. Er ist eleganter, milder, würdevoller geworden, und macht einen harmonischen Gesamteindruck. Oder auch umgekehrt: für sein Alter ist er noch erstaunlich frisch. Gefällt mir richtig gut.


2.      Bowmore 31 y.o., Signatory Millenium Edition 1968-1999, Cask 3817, 238 Flaschen, 43%

Die Whiskys von Bowmore haben sich durch Veränderungen in der  Produktion  im Laufe der Jahrzehnte immer wieder verändert, wie beispielsweise durch den Hefe-Wechsel in den 1970er Jahren. In den 80er Jahren überwiegen Flieder, Seife, und Blumen, aber ab 1992 werden sie richtig gut, konstanter, zwar weniger ausbalanciert, aber mit mehr Kraft. Sagt Pit. In den 60er Jahren sind süße, fruchtige Aromen gefragt, und die bietet dieser Whisky auch.

Farbe: gold-gelb
Aroma: Zarter Rauch, sogleich überraschend süß, viele tropische Früchte, riecht wie das Dextro Energen, das Pit zum Vergleichen ausgeteilt hat, Red Bull, Cassis, Maracuja-Saft, blumig, fast parfumartig, mit der leichten Seifigkeit von  Badeschaum, schön komplex, überraschend wenig Holz.
Geschmack: Eine böse Überraschung! Der süße Fruchtsalat ist verschwunden, stattdessen Wachs und nasser Wald, und darunter verborgen eine gewisse Fleischigkeit, die nicht so mein Ding ist.
Nachklang: ölig, mittellang.
Fazit: Ich finde ihn sehr interessant, aber mein Lieblings-Bowmore wird er nicht werden, auch wenn die Männer am Tisch ihn toll finden. 




3.      Highland Park 30y.o., Shinanoya (Japan) 1981-2012, Hogshead 6082, 254 Flaschen, 53,8%

Recht hell für sein Alter. Über Highland Park weiß Pit ein interessantes Detail zu berichten: bis 1984 konnte der Wind den Rauch in den Kiln "verwehen", an windigen Tagen gab es weniger Rauch im Malt als an windstillen Tagen.

Farbe: blasses hellgelb
Aroma: Überraschend frisch und fruchtig. Wenig Rauch/Torf. Ein Sommergarten mit gelben Königskerzen, Bienen und grünen Äpfeln.  Zitrusduft und  Blumen mischen sich mit dunkleren, wächsernen Noten.  Kaum noch Vanille. Provence-Honig. Birnenkompott. Recht würzig. Im Hintergrund der verhaltene Duft von alten Holzbrettern.
Geschmack: Leder. Wachs. Sehr ölig. Tip von Pit: Ergänzt sich sehr gut mit Weißer Schokolade.
Nachklang: Sehr angenehm. Nachhaltig.
Fazit: Sehr harmonisch, jung geblieben, und trotzdem komplex. Davon hätt ich auch gern eine Flasche!


4.      Longrow 15 y.o., Samaroli “Natural Strength”, Moon Import, 1987-2002, Cask 114, 45%

Farbe: helles gold-gelb
Aroma: Viel Rauch und Asche. Nasses Schaf, Fichtenspitzen, Latschenkiefer.
Geschmack: Karokaffee auf dem Bauernhof. Dezentes Schießpulver-Schwefel.
Nachklang: mittel, angenehm, mild.
Fazit: Ausbalanciert und harmonisch, mit einer kernigen, markanten Seite. Aber wegen der Schwefel-Note wird auch dieser Longrow nicht mein Freund.




5.      Brora 30 y.o., OB, abgefüllt 2006, 2130 Flaschen, 55,7%, überwiegend 1972

Brora ist seit 1983 geschlossen, die Brennerei exisitert aber noch. Direkt daneben, auf dem gleichen Gelände, befindet sich heute die Brennerei Clynlish. Seit 1995 bringt Diageo immer wieder Abfüllungen von Brora auf den Markt, die letzte vor etwa 4 Wochen zum Preis von 750,-- Euro die Flasche...


Farbe: strohgold 
Aroma: Toll! Immer noch  frisch präsentiert sich diese alte Dame,  mit überraschend viel warmem Rauch, Apfel, Zimt, Wachs, verstaubte Bücher, Regen in der Luft. Anfänglich sticht sie noch hartnäckig in der Nase, aber nach einer Weile wird sie sanftmütiger, und lässt sich auf einen anregenden Dialog ein, sie hat viel zu erzählen, denn sie ist sehr komplex, und schließlich zeigt sie auch ihre süßere Seite: Vanille, Quittengelee, Marzipan, Wachholder.
Geschmack: Der Dialog bleibt spannend, cremig, seidig, dicht, dunkel kommt sie an, ohne ölig zu sein, mit überraschend viel Zigarrenrauch auf der Zunge, und trotz allem würzig.
Nachklang: sanfter, warmer, langer Rauch....
Fazit: Eine grande Dame. Hat alles, was ein alter Highland-Whisky haben sollte. Gerne mehr davon!


6.      Caol Ila,27.10.2000-8.2011, G&M Exclusive for 35th Anniversary Kirsch Import, 1st-fill Sherry Hogshead 309579, 304 Flaschen, 58,9%

Caol Ila ist mittlerweile einer der Lead-Malts für die Johnny-Walker-Blends. Meist reift er in Ex-Bourbon-Fässern. Die vorliegende Abfüllung weicht daher vom normalen Standard ab und passt ausgezeichnet zu dunkler Vollmilchschokolade.

Farbe: dunkler Waldhonig 
Aroma: Die wahre Wucht - unverkennbar dichte Sherry-Wolke! Dagegen verblasst sogar das typische Raucharoma... und dann .... Schokolade. Kirsche. Rosinen. Dunkle Früchte. Lecker!
Geschmack: Leder. Kaffee. Lakritze. Oliven. Öl. Wachs. Voll. Satt. 
Nachklang: erst jetzt kommt der Rauch so richtig durch. Und bleibt liegen...
Fazit: Ein großer Kontrast zum Vorgänger. Das first-fill-Sherry-Faß hat ihm eine volle Aromenfracht mitgegeben, die überwältigt. Ein toller Jung-Spund, der breitschultrig und elegant daherkommt und mit lautem Auftritt sein Publikum zu gewinnen weiß. Doch er hat noch nicht die Raffinesse der alten Dame von Nr. 5, die mit leiseren Tönen so viel zu sagen wußte. 





7.      Laphroaig, 1996-2010, Rolf’s No. 2, Bourbon Cask, Ex-Springbank Sherry Bloodtub-Finish, 6/66 Flaschen, 58%

Bei diesem Laphroaig handelt es sich um eine ganz besondere Abfüllung mit Zusatz-Finish für den Bieberacher Whisky-Stammtisch. Interessante Hintergrund-Details über die Nachreifung im Ex-Springbank Sherry Cask finden sich im Cutty Sark Forum [hier].

Farbe: gold-gelb
Aroma: typisch Laphroaig. Viel Rauch, Seeluft und Medizin, aber auch gelbe Fruchtnoten, Kiwi, Litschi. Aber nicht so klar und rein wie beim Standard, die Aromen sind eher "overcast", etwas verhangen.
Geschmack: Och. Auch hier der starke Rauchgeschmack, wie erwartet. Geschmeidig. Es fehlt der klassische hoppla-Effekt. Das Finish wirkt auf mich eher wie ein Make-Up, das sich drüberlegt und die markanten Züge elegant glättet, aber auch etwas verdeckt.
Nachklang: mittel bis kurz, etwas trocken.
Fazit: immer noch ein guter Laphroaig, und ein sehr interessantes Experiment. Aber ungeschminkt gefällt er mir besser.



  1. Ardbeg 20y.o., Cadenhead’s Authentic Collection, 1975-1995, 51%
Angeblich war bis 1977 der Whisky von Ardbeg besonders phenolisch, weil die Ventilation in den Kilns nicht richtig funktioniert habe. Heute stellt die Brennerei das Malz nicht mehr selbst her, aber der hohe Phenolgehalt ist inzwischen Markenzeichen und gewollt.

Farbe: helles Stroh
Aroma: Milder Rauch, Malz, sehr fruchtbetont, Apfelsaft und Ananas, Mandarine, Waldhonig, versteckte Vanille, seidige Eleganz.
Geschmack: ein bißchen süß, ein bißchen salzig, weniger Rauch als erwartet, eine frische Brise, Kakaobutter. Leichte Öligkeit, trotz seiner 51% angenehm mild auf der Zunge.
Nachklang:  angenehm, mittel bis lang.
Fazit: Der wilde Wikinger hat Manieren bekommen und entwickelt sich zum Frauenversteher. Er darf mir gerne noch was flüstern.










Kommentare

  1. Na das scheint ja mal ein tolles Tasting gewesen zu sein. Welchen von denen würdest Du denn nun mit auf die einsame Insel nehmen?

    Gruß Marcus

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    1. Schwer zu sagen, frag mal eine Frau, welches Paar Schuhe sie in den Urlaub mitnehmen möchte;-) Wenn ich mich auf drei beschränken müßte: Brora, Highland Park und Caol Ila wären wunderbar geeignet, um abends im Strandkorb zu sitzen und zu beobachten, wie die Sonne im Meer untergeht...

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