Interview: John Campbell, Laphroaig

Er ist das Gesicht von Laphroaig. Seit fast zwei Jahrzehnten arbeitet John Campbell bereits in der berühmten Brennerei auf der schottischen Hebriden-Insel Islay, seit 2006 ist er als Distillery Manager verantwortlich für die Geschicke von Laphroaig. In Darmstadt (siehe hier) hatte ich Gelegenheit, mit dem sympathischen Schotten über den Rauch, die Fässer und die kommenden Abfüllungen An Cuan Mor und Select Cask zu reden.




margaretemarie: Wir sind hier in Darmstadt im Jagdhofkeller und neben mir sitzt John Campbell, Brennereimanager von Laphroaig.  John, was gehört zu den täglichen Pflichten eines Brennereimanagers? 

John: Man beginnt damit, dass man morgens, so gegen 7.30 oder 8 Uhr, seinen Rundgang macht und mit den Leuten redet, und erfährt, was in den einzelnen Departments ansteht. Wir haben 5 Abteilungen, also Stillman, Mashman, die Malzproduktion -- wir stellen ja immer noch Malz selbst her -- wir haben ein Lagerhaus-Team, und dann noch das Team für unser Besucher-Zentrum. Man wechselt ein paar Worte mit den Mitarbeitern in jeder Abteilung, und dann muss man sehen, was ansteht und welche Probleme gelöst werden müssen. 

mm: Wie viele Leute gehören zum Team?

John: Ich, dann ein Assistent Manager, der sich um das Tagesgeschäft kümmert, dann der Visitor Centre Manager, und diesen unterstellt sind etwa 26 Personen. Etwa 10 Personen sind mit der eigentlichen Herstellung des Whiskys betraut, 4 Personen arbeiten in unserer Mälzerei, 4 Personen im Lagerhaus, dann gibt es noch einen Ingenieur, und Caroline (Morris), meine Sekretärin, die meinen Tagesablauf organisiert. 

mm: Wie viele Frauen gehören zum Team? 

John: Es gibt 8 Frauen bei insgesamt 29 Mitarbeitern. 


mm: Das klingt ja gar nicht so schlecht. Wenn es um Tasting und Sampling geht, machen Sie das selbst oder ist eine andere Person dafür verantwortlich ? 

John: Die große Bandbreite der Tätigkeiten gehört einerseits zu den besten, aber gleichzeitig auch zu den schwierigsten Aspekten meiner Arbeit. Gestern zum Beispiel habe ich eine Mitarbeiterschulung durchgeführt wegen einiger Neuerungen, die wir einführen wollen, und letzten Freitag habe ich Tasting und Nosing Sessions abgehalten, um ein neues Produkt herauszubringen. Und jetzt bin ich hier in Darmstadt und gebe dieses Interview. Ich mache also viele ganz verschiedene Dinge. 

mm: Wieviele Samples müssen Sie im Laufe einer Woche oder eines Monats verkosten? 

John: Meistens kommt es geballt. Und dann wieder bis zu zwei Monate gar nichts. Was ich immer mache, sind die Qualitäts-Prüfungen. Der Feinbrand, der frisch aus den Brennblasen kommt, der muss wöchentlich überprüft werden. Aber die anderen, die ausgereiften Whiskyproben zum Beispiel, mache ich manchmal Monate lang gar nicht. Es gibt nichts schöneres, als im Lagerhaus zu sein, und die meisten Leute denken, das ist alles, was ein Distillery Manager zu tun hat: den ganzen Tag im Lagerhaus stehen und Whisky schlubbern. Ich wollte, ich könnte das, aber leider muss ich auch andere Dinge tun. 

mm: Sie haben vorhin die Mälzerei angesprochen. Sie stellen aber nicht das gesamte Malz her. Es gibt zwei verschiedene Quellen für das Malz, nicht wahr? 

John: Mittlerweile gibt es drei. Wir stellen etwa 15 % selbst her. Ungefähr 40 % erhalten wir vom Festland, und die restlichen 45 % von einem Werk, das nur ein paar Meilen weiter entfernt ist.

mm: Gibt es einen Unterschied im Geschmack? 

John: Es gibt einen Unterschied zwischen dem, was wir machen, und dem Malz, das wir kaufen. Unser eigenes Malz wird ganz anders hergestellt als das Malz, das wir zukaufen. Die anderen beiden sind kommerzielle Großmälzereien, die das Malz exakt nach unseren Angaben anliefern. Aber bei Laphroaig stellen wir ein ganz anderes Malz her, das diese typische medizinische Note hat, die so charakteristisch für Laphroaig ist. 

mm: Also selbst wenn ihr den Leuten bei Port Ellen genau sagt, wie ihr das Malz haben wollt, können sie ihn doch nicht so herstellen, wie euer eigenes Malz? 

John: Nein, und zwar wegen dem Raucharoma. Aufgrund der speziellen Art, wie wir bei Laphroaig mälzen und trocknen, erzielen wir unterschiedliche Arten von Rauch-Aromen. Wir haben 6 verschiedene Rauch-Aromen im Malz, die sogenannten Phenole, aus denen sich der Rauchgeschmack bei Laphroaig zusammensetzt, und zwei dieser Phenole produzieren wir bei Laphroaig mit sehr kaltem Rauch, es sind Kresole und Glycole, und deshalb hat Laphroaig diese sehr teerigen, medizinischen Noten. 

mm: Und diese 15% reichen aus, um den typischen Geschmack zu erzielen?

John: Ja, ja. Früher, vor 40 Jahren, machten sie das gesamte Aroma aus, aber leider müssen wir mittlerweile Malz dazukaufen. 

mm: Es gab in jüngerer Zeit einige sehr schöne Abfüllungen für das Standard-Portfolio, Quarter Cask und auch Triple Wood, bei dem das Fass eine besondere Rolle spielt. 

John: Ja, auch hier haben wir eine Kombination verschiedener Aromen. Zum einen neue Amerikanische Eiche, aber auch Europäische Eiche, Oloroso Sherry. Und traditionelle Hogsheads werden benutzt. Es sind viele verschiedene Aromen. Ich glaube, was sie unterscheidet, ist die Tatsache, dass wir sie erst dann auf den Markt bringen, wenn sie ein unterschiedliches Aroma entwickelt haben. Das versuchen wir jedenfalls zu erreichen. 

mm: Ich glaube, vor allem für den Triple Wood mit seinen europäischen Fässern ist es recht kompliziert, mit den First-fill und Refill-Fässern. Oder heißt es einfach nur "na, mal sehen, was da ist..." 

John: Wir begannen erst mit dem Quarter cask, und wir wollten andere Fässer für unseren Brand probieren, und sehen, wie weit wir kommen, denn Laphroaig hat ja schon in seiner Grundsubstanz ein sehr intensives Aroma, schon wenn er aus der Brennblase kommt, und wir wollten versuchen, die Grenzen zu verschieben und sehen, welche Art von Fassreifung unser Brand verträgt. Wir haben also zuerst den Quarter Cask gemacht, und dann sind wir noch ein Stück weiter gegangen und haben first-fill und refill Oloroso Sherry Fässer benutzt. Dann haben wir die Fässer gemischt, um den Triple Wood zu erhalten. Wir hatten die First-fill Oloroso Fässer ein Jahr befüllt, und die Refill Oloroso Fässer zwei Jahre, und dann haben wir sie gemischt.

mm: Wird der Triple Wood noch immer so gemacht oder gibt es Variationen zwischen den Abfüllungen? 

John: Es ist jedesmal das gleiche Rezept. 

mm: Eine neue Abfüllung ist der QA...

John: Ja, und es gibt bald noch eine weitere, mit Namen An Cuan Mor. Auch diese werden sich durch das Holz unterscheiden. Viele andere Brennereien haben das inzwischen auch gemacht. Seit wir QA auf dem Markt haben, haben viele andere auch Neue Amerikanische Eiche benutzt. 

mm: Was bedeutet, dass vorher kein Bourbon in den Fässern war!

John: Nein. Der QA besteht praktisch aus drei Jahre altem Brand, der dann umgefüllt wird in frische  Amerikanische Eichefässer und dort weiter gereift wird. Und es kommt auch Quarter Cask Brand dazu. Es ist ein recht kompliziertes Rezept. 

mm: Aber die Fässer wurden ausgebrannt. Im Internet findet sich auch die Information, dass die Fässer nicht ausgebrannt seien.

John: Nein, die Fässer sind ausgebrannt. Wir benutzen immer ausgebrannte Fässer. 

mm: Sie haben eben noch eine Abfüllung erwähnt...

John: Der Name ist An Cuan Mor. Er wird eine Abfüllung aus frischer Europäischer Eiche sein. Wir benutzen 7 verschiedene Arten von Französischer Eiche, und wir benutzen 8 bis 12 Jahre alten Brand, den wir dann mischen und in europäischer Eiche nachreifen, etwas länger als ein Jahr, die erste Batch-Abfüllung war 16 Monate. Wenn man ein Alter wissen will, dann ist der größte Teil etwa 10 Jahre alt. Es ist frische  Europäische Eiche, für etwas länger als ein Jahr. Er gefällt mir sehr gut, denn man erhält viel Pfeffer, der von der europäischen Eiche herrührt, und auch viele Fruchtaromen, und unterschiedliche Geschmacksmerkmale, die von der frischen französischen Eiche stammen. 

mm: Und wann wird er auf dem Markt eingeführt?

John: Das wird demnächst sein. Wenn er nicht schon jetzt im Travel Retail erhältlich ist, dann wird er im nächsten Monat kommen. 

mm: Wird er schon auf der Berliner Whisky-Messe vorgestellt werden?

John: Ich bin nicht sicher, ob wir ihn dort haben, er ist nur für den Travel Retail, zusammen mit QA und PX.

mm: Er wird also auf den Whisky-Messen gar nicht zu finden sein? 

John: Nein. Wir konnten den 10jährigen und den Quarter Cask aus dem Travel Retail herausnehmen und auf den Binnenmärkten als Teil der Core Range anbieten. Das ist die Strategie.

mm: Man muss also reisen, wenn man eine Flasche haben will, vielleicht nach Islay?

John: Ja, aber wir haben ihn auch nicht in der Brennerei, auch den QA nicht. Irgendwann vielleicht einmal. Wir haben nur den Kernbereich. 

mm: Wird das die zukünftige Entwicklung der nächsten Jahre sein, Neuerscheinungen nur im Travel Retail Bereich, und der Kernbereich bleibt unverändert? 

John: Hmm, nein, denn auch für den Kernbereich wird es bald eine Neuerscheinung geben. Es wird einen Select Cask geben. 

mm: Jetzt bin ich aber neugierig...

John: Er wird Anfang nächsten Jahres in Asien vorgestellt. Wir beginnen in Asien und kehren dann hierhin zurück. Er wird nächstes Jahr auch in Europa erscheinen. 

mm: Können wir schon Details erfahren?

John: Er wird  kleine Mengen von allem enthalten, von allen Laphroaigs. Es sind etwas ältere Whiskys, 18jähriger und all das andere. Es wird ein NonAge-Statement (NAS) sein, aber er wird überwiegend ältere Whiskys enthalten. 

mm: Steht der Name schon fest? 

John: Select Cask oder Select Oak. Ich glaube, Select Cask. 

mm: Ich bin schon sehr gespannt darauf...

John: Ja, er hat ein schönes Aroma-Profil.

mm: Und er wird zum Kernbereich gehören? 

John: Ja. 

mm: Aber als limitierte Ausgabe?

John: Nein, Nein. Es wird eine große Sache sein, richtig groß, für die nächsten Jahre. 

mm: Wunderbar. John, in wenigen Minuten wird das Laphroaig Dinner beginnen, Laphroaig und Essen, was ich für eine ganz spannende Kombination halte - und sehr mutig. Was ist Ihre Lieblingskombination?

John: Es kommt darauf an. Hier sind zwei Beispiele: den Laphroaig 10 mag ich sehr mit Blue Cheese, er betont die Salzigkeit, die Aromen, die in Blauschimmelkäse durchkommen. Quarter Cask schmeckt mir sehr gut zusammen mit geräuchertem Lachs. Jede Art von Meeresfrüchten passt gut zu Laphroaig, wegen der salzigen, medizinischen Aromen. Heute Abend probieren wir auch Sherry-Varianten, sie passen gut zu Rindfleisch. Ich bin sehr gespannt, was uns heute Abend erwartet. Das ist auch interessant für mich, dass ich heute Abend aus der Sicht eines Küchenchefs erlebe, was zu Laphroaig passt. 

mm: Ich freu mich schon sehr darauf. 

John: Ja, es ist eine tolle Sache, und ich freue mich, hier in Deutschland zu sein. 

mm: Ich habe eine letzte Frage, und diese Frage ist für einen guten Freund, für Marcus, der ein großer Fan von Laphroaig ist, und er möchte wissen, welche Flasche Sie auf eine einsame Insel mitnehmen würden?

John: Laphroaig 10. Das ist einfach. Für mich ist es der Whisky mit dem meisten Geschmack. Er ist die Grundessenz der Brennerei. Wenn man am Pier von Laphroaig steht, mitten im Februar, wenn einem der Wind mit einer Geschwindigkeit von 18 Meilen die Stunde um die Nase weht, und die Kilnfeuer brennen, und am Strand sammelt sich das Seegras in langen Schnüren an, das ist Laphroaig im Glas. Wenn man dann noch ein paar Tropfen Wasser hinzu gibt, hat man die Kernessenz von Islay.


mm: Wir werden das in wenigen Minuten haben können, danke John, für dieses Interview. 











Kommentare

  1. Hallo Gabi, tolles und informatives Gespräch, danke dafür. Und danke auch, daß Du meine Frage mit eingbettet hast. Interessant, daß er den 10 yo wählt und nicht irgendeine Super-sonder-Abfüllung. Sehr sympatisch.

    Gruß Marcus

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