Unter die Lupe genommen: GlenAllachie 12 (mit Tasting Notes)

Werbung wegen Markennennung.

Seit Wochen wird die neue Core-Range der GlenAllachie Distillery mit Spannung erwartet,  denn der neue Besitzer der Brennerei, Billy Walker, ist in Fachkreisen kein Unbekannter. Vor ein paar Tagen sind die neuen neuen Abfüllungen auf den Markt gekommen - nehmen wir  also den GlenAllachie 12 näher unter die Lupe.


Lasst uns zur Abwechslung mal das Pferd von hinten aufzäumen: kann sich jemand von euch noch an die alte Abfüllung des Strathisla 12 erinnern? Die in der eckigen Flasche mit dem weißen Aufdruck? Für mich war jene Abfüllung der Inbegriff eines grandiosen 12jährigen Whiskys ohne Rauchgeschmack. Und wenn ich ehrlich bin, ist er das bis heute. Leider gibt es den alten Strathisla schon lange nicht mehr, oder nur noch zu Sammlerpreisen.

Und was noch viel schlimmer ist - es gibt solche Whiskys nicht mehr. Die Zeit hat auch vor den Blending Labs der Whisky-Produzenten nicht halt gemacht, und die vergangenen fünf Jahre haben eine kleine Revolution im Whisky-Glas hervorgebracht. Wer meinen Blog schon länger folgt, der weiß, wovon ich rede.

Die Whisky-Themen der letzten Jahre waren vor allem von Fass-Finish, Wood-Management, gesteigerter Nachfrage  und Neugründungen von Brennereien geprägt. Die neuen Themen fanden ihren Niederschlag in neuen Aroma-Profilen, und langsam, aber sicher, hat sich der schottische Whisky in den vergangenen fünf Jahren gewandelt. Was nicht bedeutet, dass er schlechter geworden ist. Aber er ist anders. Die Ausbau- und Vergrößerungswelle, die derzeit durch die etablierten Brennereien schwappt (z.B. Bunnahabhain, Ardbeg, Glenfiddich, Macallan) wird diesen Trend noch verstärken.

Dementsprechend hoch ist die Aufmerksamkeit, die derzeit der GlenAllachie Brennerei gewidmet wird. Doch bevor wir uns näher mit der Brennerei befassen, sollten wir zunächst noch einen Blick auf den Mann werfen, der GlenAllachie im vergangenen Jahr von Pernod Ricard erworben hat.

Billy Walker

Billy Walker gehört seit langem zu den schillerndsten Persönlichkeiten der Whisky-Branche, und die Stationen seiner Karriere sind beeindruckend. Nach einer vierjährigen Trainingszeit (1971-1975) bei Ballantines in Dumbarton arbeitete er sieben Jahre als Master Blender und Technical Manager bei Inver House, ehe er zu Burn Stewart wechselte. Damals gehörte die Firma noch der Familie Hillman, doch 1987 erwarb Walker die Firma zusammen mit zwei weiteren Geschäftspartnern. In der Folgezeit gelang es Walker, die Blending Company auszubauen und zu erweitern und auch die beiden Brennereien Deanston und Tobermory (Ledaig) zu erwerben. Walker war damals nicht nur für die Abfüllungen von diesen Brennereien verantwortlich, sondern auch für den Blended Whisky der Firma, "Scottish Leader". In dieser Zeit gewann dieser Blend beim  International Spirits Challenge die höchsten Auszeichnungen, und Billy Walker war ein Meister seines Fachs. Schon bald danach, 2002, wurde Burn Stewart an C.L. Finance Company veräußert, ehe sie 2013 von Distell übernommen wurde, in deren Besitz sie sich seither befindet.

Für Walker war seine Whisky-Karriere noch längst nicht zu Ende. Mit dem Verkauf von Burn Stewart verließ er zwar diese Firma, doch schon 2003 erwarb er zusammen mit seinen Partnern  aus Südafrika, Geoff Bell und Wayne Kieswetter, die Brennerei BenRiach von Pernod Ricard.

Als Master Blender und ehemaliger Produktionsmanager bei Burn Stewart hatte Billy Walker die nötigen Kenntnisse, um all die kleinen und großen Goldstückchen im Lagerhaus von BenRiach genauestens zu erkennen und die bestmöglichen Abfüllungen auf den Markt zu bringen. Und auch der ein oder andere deutsche unabhängige Abfüller konnte in den Jahren danach so manches  Gold-Fässchen aus der Brennerei erwerben. Durch geschicktes Mischen von alten Fässern aus der Zeit des Vorbesitzers mit jungem Whisky aus der eigenen Produktion sowie rauchigen Fässern gelangen ihm immer wieder fantastische Abfüllungen, wie etwa Authenticus, Curiositas, Horizons, Solstice oder Septendecim.

2008 erwarb er auch GlenDronach, 2013 folgte Glenglassaugh. Und auch hier begeisterte er mit legendären Abfüllungen wie Revival, Allardice, oder Parliament, der einer meiner persönlichen Favoriten war. 2016 kam für viele dann der Schock: Billy Walker verkaufte sein dreizehn Jahre zuvor gegründetes kleines Whisky-Reich an den amerikanischen Getränke-Giganten Brown-Forman.

Der Mann kann es offensichtlich nicht lassen: 2017 kam  die Überraschungsmeldung des Jahres, als er zusammen mit ex-Inver House Distillers MD Graham Stevenson und Trisha Savage die Brennerei Glenallachie erwarb und als erste Maßnahme die Schreibweise zu "GlenAllachie" änderte. Schon allein am Namen soll man erkennen, wer hier in Zukunft wirkeln wird.


Glenallachie Distillery


Auf eine allzu lange Tradition kann die Brennerei nicht zurückblicken. Erbaut wurde sie 1967, und die Produktionskapazität betrug damals etwa drei Millionen Liter Alkohol pro Jahr. Ursprünglich waren nur 2 Brennblasen vorhanden, doch schon nach 6 Monaten kamen zwei weitere Brennblasen hinzu. 1985 war es mit der Herrlichkeit zunächst vorbei: die Brennerei wurde stillgelegt. Vier Jahre später wurde die Brennerei  von Campbell Distillers erworben, die später von dem französischen Getränkekonzern Pernod Ricard übernommen wurden. Damals war der Whisky von Glenallachie das Herzstück des Blended Scotch "Clan Campbell", der vor allem in Frankreich beliebt ist.

Der größte Teil der Produktion wurde für Blended Scotch verwandt, doch 2005 gönnte Pernod Ricard der Brennerei eine 15jährige eigene Abfüllung.

2017 wurde die Brennerei von Billy Walker, Graham Stevenson und Trisha Savage erworben. Mit zu der Verkaufsmasse gehörten 16 Lagerhallen, in denen derzeit etwa 50.000 Fässer lagern. Zwei neue Dunnage Lagerhallen sind in Planung. Da die beiden Brennblasen-Paare über jeweils einen eigenen Spirit-Safe verfügen, können die Brennblasen-Paare unabhängig voneinander betrieben werden.

Die Produktionskapazität von 4 Millionen Litern wurde zurückgefahren auf eine tatsächliche Produktion von derzeit 800.000 Liter Alkohol pro Jahr. Die Fermentationsdauer wurde konsequenterweise auf 120 Stunden erhöht. Das Wasser für die Brennerei stammt aus kleinen Quellen am Fuße des Ben Rinnes.

Im Juli 2018 erscheint die erste Core-Range der Brennerei unter den neuen Besitzern. Das Portfolio umfasst einen 10, 12, 18 und 25 Jahre alten Whisky, wobei der 10jährige in Fass-Stärke abgefüllt wird (57.1%). Alle Abfüllungen sind nicht gefärbt und nicht kühl-gefiltert.

Bill Walker hat seit Jahren beste Verbindungen zu Pernod Ricard, und hat laut scotchwhisky.com auch die Rechte an den Blended Scotch Marken MacNair's und White Heather erworben. Für Walker würde die Produktion von Blended Scotch eine Rückkehr zu seinen Wurzeln bedeuten, denn in den Blending Labs von Ballantines hat er einstmals seine Karriere begonnen. Doch aus reiner Vergangenheits-Romantik heraus hat er wohl kaum die Marken erworben. Es scheint mir vielmehr, als würde der geschäftstüchtige Whisky-Veteran für die nächsten Jahre ein Erstarken der Sparte erwarten. Lassen wir uns also überraschen.

Wenden wir uns nun endlich dem Whisky von Glenallachie zu. Was können wir von der neuen Standard-Abfüllung  erwarten? Die Fakten sind durchaus interessant: mit zur Verkaufsmasse gehörten umfangreiche Lagerbestände, die laut Website der Brennerei  bis in die 1970er Jahre zurückreichen. Bis auf einen kurzen, 4jährigen Produktionsstop wurde durchgängig produziert, so dass die Lagerhäuser vermutlich Whiskys in den unterschiedlichsten Alterstufen umfassen. Da die Brennerei vor allem für die Blended-Scotch-Industrie produzierte, dürfte ein aufwändiges Fass-Management kaum statt gefunden haben, und bei den meisten Fässern handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um mehrfach belegte Ex-Bourbon-Fässer. Wir können deshalb vermuten, dass eine der ersten Maßnahmen, die Walker durchgeführt hat, der Erwerb von erstklassigen weiteren Fässern war, z.B. Sherry-Fässer oder Virgin-Oak-Fässer.



Meine Tasting Notes:

GlenAllachie, 12 years, 46%



Farbe: goldgelb

Duft: wunderbar seidig, mit viel saftig-reifen Äpfeln, Birnen und vor allem Pfirsiche. Die typische Vanille bleibt dezent im Hintergrund, und mischt sich mit sanften, kaum wahrnehmbaren warmen Eichentönen. Dazu der Duft von gebackenen Bananen mit einer üppigen karamellierten Soße.

Geschmack: leichte Wachsigkeit, mit kräutriger Würze, sehr ölig  und voluminös.

Nachklang: leicht trocken

Fazit: Das Aromaprofil deutet darauf hin,  dass ein Großteil der ausgewählten Fässer in neue Fässer aus amerikanischer Eiche (virgin oak) umgefüllt wurde, um dem Whisky eine frischere, intensivere Aromatik zu verleihen. Um dem Whisky die nötige Tiefe zu geben, wurden nach offizieller Verlautbarung Sherry-Fässer beigefügt. Was nicht kommuniziert wird, ist das Alter der Fässer. 12 Jahre muss die Reifezeit mindestens betragen, doch ich bin sicher, dass Walker hier auch Fässer verwendet hat, in denen der Whisky deutlich länger als 12 Jahre reifte. Die Anzahl der Sherry-Fässer war wohl eher vergleichsweise gering, oder sie wurden ebenfalls zum Finish benutzt. Die Sherry-Fass-Aromen treten keinesfalls in den Vordergrund, sondern sind eher zur Abrundung des Geschmacks eingesetzt. Deutlich bemerkbar machen sich die älteren Fässer in dieser Abfüllung, die eine wunderbare wachsige, cremige, ölige Konsistenz lieferten. Das Ergebnis ist ein "Zwölfer" vom Feinsten.


MargareteMarie meint:  


Von der fürchterlichen Geschmacksentgleisung des Flaschenetiketts sollte man sich auf keinen Fall abschrecken lassen. Der neue GlenAllachie 12 schmeckt "wie früher", wie Whisky vor dem Whisky-Hype. Ich werde gewiss nicht die einzige sein, die schier begeistert ist von dieser altmodischen Eleganz und Klasse, die sich hier noch einmal in einem Glas entfalten kann und die so ganz anders ist als die jungen, fass-betonten Geschmacksbomben und flachbrüstigen Null-Acht-Fünfzehn-Abfüllungen, die seit einigen Jahren immer öfter die Szene beherrschen.

Wer auf Rauch- und Sherry-Bomben steht, soll weitergehen. Wer eine Neu-Auflage von GlenDronach erwartet hat, wird enttäuscht werden. Doch wer Single Malts vom Schlage eines alten Strathisla 12 geliebt hat, wird sich an dem neuen GlenAllachie 12 ergötzen können. Wie lange in der Brennerei genügend passende Fässer zur Verfügung stehen, um diese besondere Mischung liefern zu können, wird man uns nicht verraten. Doch ich habe die Befürchtung, dass es nicht allzu lange sein wird. Tanzen wir also diesen Whisky-Tanz, solange die Musik noch diese alten Lieder spielt.





Anmerkung: Vielen Dank an Kirsch Whisky für die Geschmacks-Probe. Ich habe mich diesmal tatsächlich riesig gefreut.













Kommentare

  1. Sehr schöner und ausführlicher Artikel zu GlenAllachie und dem 12-jährigen! Wir haben ihn auch gerade bei uns verkostet. Spannend fand ich, dass die Fruchtnoten nur im Nosing erkennbar waren und im Tasting dann eher die kräuterigen Noten den Ton angaben. Beim Flaschendesign haben wir denselben Eindruck: Das ist leider ausgesprochen geschmacklos und wirkt mit dem vielen Gold auch nicht sonderlich wertig. Lies doch mal bei uns rein, wenn du magst: https://www.maltwhisky.de/glenallachie-12-test/
    Viele Grüße,
    Lukas von Malt Whisky

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