Interview mit Juliette Buchan, Keeper of the Quaich und International Sales Manager Gordon & Macphail and Benromach

Einer der am meisten unterschätzten Whiskys ist derzeit Benromach. Aber das könnte sich schon bald ändern. In München hatte ich die Gelegenheit, mit Juliette Buchan, Keeper of the Quaich und International Sales Manager für Gordon & MacPhail und Benromach, zu sprechen. Wenn ihr noch nie von der Benromach Distillery gehört habt, solltet ihr jetzt die Ohren spitzen. Denn Juliette hat sich vorgenommen, diese winzige, familieneigene Speyside Destillerie bekannter zu machen.



Whiskymessen sind normalerweise nicht der beste Ort, um ein längeres Interview zu führen, weil sie immer hektisch und laut sind. Ich brauche deshalb auch immer ein bisschen Glück, um den richtigen Zeitpunkt für ein Interview zu erwischen. In Frankfurt an der Interwhisky gab es samstags zu viel zu tun, und Juliette hatte am Sonntag eine Grippe bekommen und musste unser Interview absagen. 

Aber ein paar Wochen später, in München, hatte ich mehr Glück, und Juliette und ich konnten uns heimlich in eine der sehr alten Straßenbahnen schleichen, die sich an verschiedenen Stellen in der Halle befinden, und uns dort ungestört und in aller Ruhe unterhalten. Das ganze Interview wäre zu lang, um es hier in meinem Blog zu posten, aber es war ein so wundervolles Gespräch, dass ich zumindest einen Ausschnitt davon mit euch teilen möchte:

MM: In den letzten Monaten scheint plötzlich jeder von Benromach zu reden, während in den Jahren davor kaum jemand von Benromach sprach. 
 
Juliette: Das stimmt, wir haben bei Benromach weltweit ein enormes Wachstum gesehen. Das nehmen wir natürlich zur Kenntnis, und deshalb haben wir die Produktion verdoppelt. Als wir mit Benromach anfingen, haben wir 120.000 Liter Alkohol pro Jahr hergestellt. Wir waren zu dieser Zeit die kleinste Brennerei. Wir sind nicht mehr die kleinsten, aber wir sind immer noch nicht groß. Derzeit produzieren wir knapp 400.000 Liter Alkohol pro Jahr.

MM: Was hat sich geändert?

Juliette: Wir beschäftigen mehr Leute. Vor 10 Jahren war es nur ein Brenner und jetzt sind es drei Brenner. Wir arbeiten 5 Tage die Woche und wir haben drei Schichten pro Tag. Wir sind noch nicht voll ausgelastet, an den Wochenenden arbeiten wir nicht.

Wir haben auch die Anzahl der Washbacks erhöht, wir haben 9 Washbacks hinzugefügt und neue Lagerhallen im traditionellen Stil gebaut. Unsere volle Kapazität beträgt 700.000 Liter, so dass wir unsere Produktion bei Bedarf erhöhen können.

Aber man muss immer bedenken, dass das, was wir heute machen, erst in 8, 9 oder 10 Jahren auf dem Markt sein wird. Wenn wir Fehler machen, gibt es keine schnelle Lösung. Wir müssen aufpassen, nicht zu viel zu produzieren.

 
  
MM: Aufgrund deiner beruflichen Tätigkeit stehst du in engem Kontakt mit den Verbrauchern und weißt, was ihnen gefällt. Kannst du auch darauf Einfluss nehmen, was in der Destillerie abgefüllt wird?

Juliette: Natürlich versuche ich das, aber man darf nicht vergessen, dass wir nur mit dem arbeiten können, was wir haben und was wir vor 10 Jahren in die Lagerhallen gelegt haben. Es ist sehr interessant, Einfluss darauf zu nehmen, was in den Markt kommen wird. Zum Beispiel haben wir eine neue Abfüllung, die dreifach destilliert wurde, also unser Triple Distilled. Wir haben diskutiert, welche Stärke am besten funktionieren würde. Es gab auch diesmal eine Gruppe von Leuten, die Samples mit 40%, 43%, 46% und 50% probiert haben. Und wir haben uns dafür entschieden, dass 50% genau das Richtige ist. 

MM: Wo siehst du Benromach in 5 Jahren? 

Juliette: Ich denke, Benromach wird viel besser bekannt sein. Es fängt jetzt so allmählich an, dass uns die Leute kennen, aber es gibt immer noch viele Leute, die Benromach nicht kennen, und unser Whisky ist nicht überall erhältlich. Wir machen so gut wie keine Werbung, unser Bekanntheitsgrad basiert eigentlich nur auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Ich denke, unser Endziel ist es, in den nächsten Jahren eine richtige Marke aufzubauen, die die Leute kennen. 

MM: Du arbeitest nicht nur für Benromach, sondern auch für Gordon & Macphail. Gibt es Unterschiede in der Tätigkeit, die du machst? 

Juliette: Ja, Gordon & Macphail ist der Besitzer der Destillerie. Gordon & Macphail ist aber eigentlich ein unabhängiger Abfüller. Das heißt, wir kaufen das Destillat, wenn es frisch gebrannt wurde - und das schon seit über 120 Jahren, weil es eine sehr alte Firma ist. Wir kaufen frisches Destillat, das wir dann in unsere eigenen Fässer füllen. Wir reifen den Whisky selbst und füllen den Whisky auch selbst ab. Bei Gordon & Macphail hat man es mit einer sehr großen Anzahl von verschiedenen Brennereien zu tun. Es ist nicht unser eigenes Destillat, wir kaufen es von anderen Herstellern, wie Glenlivet oder Highland Park oder einigen anderen sehr bekannten Namen, aber wir reifen es in unseren eigenen Fässern. Jede Flasche ist also einzigartig. 

Mit Benromach ist das anders, das ist unsere eigene Destillerie, es ist unsere eigene Marke, wir können machen was wir wollen und experimentieren und entwickeln. Deshalb liegt mir Benromach ganz besonders am Herzen. 

Gordon & Macphail ist dagegen komplexer. Man hat es mit etwa 120 verschiedenen Destillerien zu tun, und man muss wissen, was die Destillerien machen. Es ist sehr faszinierend, wenn man sehr alten Whisky probieren kann, weil Gordon & Macphail einige sehr alte Fässer hat. Die Whiskys von Gordon & Macphail öffnen dir wirklich die Sinne. Man lernt, was jede Destillerie zu bieten hat und welchen Charakter jede Brennerei hat.

MM: Jetzt kommt mir dieses romantische Bild in den Sinn, wo du ins Lagerhaus gehst und von Fass zu Fass flanierst und hier ein Schlückchen trinkst, und dann dort drüben mal nippst... wie nah ist das an der Realität? 

Juliette: Ich wünschte, ich könnte das so machen! Wir machen das ja auch bis zu einem gewissen Grad, aber nicht ich selbst, nein. Wir haben ein Team, das entscheidet, was in Flaschen abgefüllt werden soll und sie können viele spannende Fässer probieren. Aber ich beschwere mich nicht, ich reise viel, und ich kann die Whiskys probieren, nachdem sie in Flaschen abgefüllt wurden. 

MM: Wie viele Lagerhäuser hat Gordon und Macphail? 

Juliette: Wir haben unser eigenes Lager in Elgin,  mit etwas über 7.000 Fässern, und wir haben noch einmal die gleiche Zahl an Fässern in verschiedenen Lagerhäusern in ganz Schottland. 

MM: Ist der Einkauf von Whisky in den letzten Jahren schwieriger geworden? 

Juliette: Nun, Einkauf ist nicht mein Job, aber für Gordon und Macphail ist der große Unterschied, dass wir nicht auf dem Brokermarkt kaufen! Also, ein Fass von 1940 Glenlivet haben wir 1940 gekauft! Damals brachten wir unser eigenes Fass zur Brennerei und kauften das frische Destillat. Niemand sonst hat das getan. 

Wir haben also etwa 14.000 bis 15.000 Fässer insgesamt, die in Schottland reifen. Wir brauchen uns derzeit keine Sorgen zu machen. Einige Verträge haben sich geändert, einige Hähne wurden zugedreht, dafür haben sich andere geöffnet. Wir haben einige Verträge verloren, aber wir haben auch neue Verträge gewonnen, und wir legen weiterhin neue Fässer für die Zukunft zurück. Wir haben immer noch eine ordentliche Menge an Fässern am Lager, und wir füllen viele neuen Fässer für die kommenden Jahre .... 

Ihr könnt meinen Artikel über Juliette und Benromach in der nächsten Ausgabe des Whisky-Magazins "Der Whiskybotschafter" lesen.






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