Gute und weniger gute Bourbon

Diesen Sommer hatte ich mir anders vorgestellt. Nach Schottland wollte ich, in die Highlands, und nach Berlin und Hannover. Stattdessen sitze ich mit gebrochenem Bein zuhause herum. Doch es gibt auch eine positive Seite: Ich habe jetzt mehr Zeit zum Bloggen übrig. 

Und da es in dieser Woche wieder warm werden soll, möchte ich euch heute einige Bourbon vorstellen. Denn die schmecken mir im Sommer am besten - auch ohne Eis. Vor etwa einem Jahr hatte ich deshalb zusammen mit Achim vom Cocktail and Dreams Forum einige Bourbon im Blind Tasting probiert. Und dabei ein paar Highlights, aber auch die ein oder andere Enttäuschung erlebt.



Hier die Ergebnisse unseres Blind Tastings:


Reece's Bourbon, 50%:


Familiengeführte Brennerei in Nixa, Missouri.

Aroma: frisch und buttrig, mit einer deutlichen Holz-Note, saure Gurke, gepaart mit Butterscotch, Honig- und Karamell-Bonbon und zarter Vanille. Mit Wasser kommen die Frucht-Noten von Grapefruit, Papaya und Limetten dazu.
Geschmack: kräftig, würzig, mit starker Tannin-Note. Und kein bißchen süß.
Nachklang: leider etwas kurz

Fazit: ein frisches und junges Produkt, nicht übermäßig komplex, aber sauber gemacht und gut zu trinken. Durchaus empfehlenswert. 

Punkte: 8.0 (von 10)

Yellow Rose Double Barrel Bourbon, 43%


Micro-Distillery in Pinehurst, Texas (bei Houston). Erste Reifung in kleinen Fässern aus amerikanischer Eiche, dann Nachreifung im Weinfass. Einige Videos bei YouTube geben einen kleinen Einblick in die Brennerei.



Aroma: für einen Bourbon sehr ungewöhnlich, billiges Nuß-Nougat,  Haselnuss-Krokant, geröstete Erdnüsse, künstliches Rosen- und Veilchen-Parfum. Zu allem Überfluß auch leicht phenolisch.
Geschmack: scharf, pfeffrig, teerig
Nachklang: kurz

Fazit: Der war nicht unser Ding. Insgesamt sehr unruhig und unharmonisch. Mit Wasser wird er auch nicht besser. Die müssen noch üben.

Punkte: 6.3 (von 10)




Bib & Tucker Small Batch Bourbon, 6 Jahre, 43%


Wird vom  kalifornischen Unternehmen 3 Badge Mixology in Small Batches abgefüllt und vertrieben. Angeblich zweifach destilliert, zunächst in einer Column Still und anschließend in einer traditionellen Kupferbrennblase.

Mash Bill: 70% Mais, 26% Roggen, 4% Gerste

Aroma: Sehr interessant. Der hat was. Dezente Karamell-Note, kaum Vanille, viel Holz, aber auch Mandeln, Mandarinen, Limetten- und Honignoten, mild würzig, nur wenig süß
Geschmack: sehr holzlastig
Nachklang: mittellang

Fazit: Ein Bourbon für Fortgeschrittene. Nicht sehr komplex und etwas holzlastig, ansonsten aber rund und ausgewogen, mit einem angenehmen Unterstatement. Durchaus interessant. Und in einer umwerfend schönen Flasche.

Punkte: 7.8 (von 10)


Michter's US 1 Small Batch Bourbon, 45.7%


Wie so oft, wenn es um Bourbon geht, handelt es sich bei Michter's nicht um eine Brennerei, sondern um eine Marke. Die Firma Chatham Imports aus New York erwarb 1997 die Namensrechte und kauft für ihre Abfüllungen Whiskys der Kentucky Bourbon Distillers (KBD), die ihrerseits den Whisky aus nicht näher genannten Brennereien bezieht. 2014 begann Chatham Imports mit dem Bau einer eigenen große Destillerie in  Shively, Kentucky sowie eine kleine Destillerie mit Besucherzentrum in der Innenstadt von Louisville. Der erste eigene Whisky von Michter's wird wahrscheinlich 2017 auf den Markt kommen.

Aroma: wenig Vanille, dunkler Ahornsirup, unterschwellige Kräutrigkeit, Eiche. Der macht Laune!
Geschmack: holzlastig, scharf, würzig, kann die hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen.
Nachklang:  mittellang

Fazit: ein vielschichtiger und komplexer Bourbon. Einer der besseren.

Punkte: 8.2 (von 10)


F.E.W. Bourbon, 46.5%


Few Spirits ist eine kleine Brennerei (Craft Distillery) in Evanstown, Illinois, am Stadtrand von Chicago. Besitzer und Master Blender ist Paul Hletko.

Mashbill: 70% Mais, 20% Gerste, 10% Roggen. Angeblich in Fässern aus Minnesota-Eiche gereift.

Aroma: deutliche Holz- und Röstaromen, Kardamon, Zimt, getrocknete Feigen und Rosinen, Kräuterlikör.
Geschmack: ölig, Kräuter, Eiche, Schokolade, aber leider etwas eindimensional. Extrem adstringierend. Da bleibt schnell die Spucke weg. 
Nachklang: mittellang

Fazit: Sehr ungewöhnlich für einen Bourbon, mit einem aparten und vielversprechenden Duft. Leider enttäuscht er dann im Geschmack, am Ende bleibt zu viel Holz und kräutrige Bitterkeit auf der Zunge. Wie schade. Dennoch eine interessante Alternative für jemand, der einen Bourbon abseits des Mainstream der großen Konzerne sucht.

Punkte: 7.6 (von 10)


Garrison Brothers Texas Straight Bourbon, 47%


Älteste legale (Mikro-)Brennerei in Texas. Mikro-Brennerei in Hye, Hill Country.
.
Mash Bill: 3/4 texanischer Mais (Sorte: Panhandle White), lokaler Winterweizen (eigener Anbau) und Gerste aus dem pazifischen Nord-Westen des Kontinents.

Aroma: Endlich der typische Geruch von Klebstoff. Wir haben das schon fast vermisst. Dazu süßes Früchtebrot mit Haselnuss, Gewürze, und alles schö verwoben. Wasser läßt ihn munter werden, er verliert nicht, sondern gewinnt viele frische Fruchtaromen, z.B. Zitrus und Mandarine.
Geschmack: Schokolade, Röstaromen, Tannine, insgesamt elegant, würzig und trocken, mit einer leichten Schärfte.
Fazit: Der Gentleman unter den Bourbon des heutigen Tastings. Mit dem kann man ruhig einen Abend verbringen.

Punkte: 8.4 (von10)



Rowan's Creek Kentucky Straight Bourbon,  50.05%


Die Brennerei Rowan's Creek gibt es nicht. Abgefüllt  wird dieser Bourbon von Kentucky Bourbon Distillers (KBD). Ebenfalls zum Portfolio von KBD gehören Willett,  Noah’s Mill,  Johnny Drum, Old Bardstown, Pure Kentucky, und Kentucky Vintage. KBD ist auch Contract Blender & Bottler für Michter's Small Batch Bourbon.

Aroma: ganz viel Toffee, Granny Smith Äpfel, Bananen, Sultaninen, Aprikosen, Minze, Tannine. Wunderbar vielfältig.
Geschmack: dunkle Schokolade. Wie eine Tsunami-Welle im Mund. Wow.
Nachklang: wunderbar lang.

Fazit: Für uns der Beste des Abends. Achim sagt: "Bourbon live und unplugged". MargareteMarie sagt: "Samtig-weiches Kraftpaket. Ein Tiger im Glas".

Punkte: 8.8 (von 10)

Willet Straight Kentucky Bourbon, 6 Jahre, 60.6%


Gehört ebenfalls zum Portfolio von KBD (siehe oben).

Aroma: Vanille, Nuss, frische Waldluft und süße Karamell-Bonbons. 
Geschmack: viel Kraft, viele Tannine, sehr rund, vollmundig, samtig  und komplex. Trotz der hohen Prozentzahl sollte man mit Wasser vorsichtig sein, zuviel davon läßt ihn flach und holzig werden.
Nachklang: mittellang

Fazit: Zum Mixen zu schade.

Punkte: 8.2 (von 10)

Kommentare

  1. Wow! Bisher war Bourbon nicht mein Feld, ich sehe, da muss ich mal ran. Allerdings könnte ich niemals eine solche Megatastingorgie feiern, da fiele ich als Ungeübte vom Stuhl! Danke, dass du dir so viel Arbeit gemacht hast.

    Sigrun

    AntwortenLöschen
  2. Sind schon was anderes als Single Malt. Ich mag Bourbon. Blanton's Gold oder Booker's sind auch tolle Aroma-Monster.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Ardbeg Kelpie - was Bill Lumsden dazu sagt.

THEMA: Tips für ein gelungenes Whisky-Tasting - die 10 besten Formate und was ihr dabei beachten solltet

Searching for the true story: The Real Glenlivet

EVENT: Abschied und Neuanfang - Keep Walking on Norderney (Whisky & Food Pairing)

From Agnes to Edrington. The true story of Robertson & Baxter (told from a female perspective). Part One.

Whisky-Fair Limburg: Exclusive Interview with Whisky-Collector Diego Sandrin, Italy