Whistlepig Straight Rye10 Years

Wenn das Schwein pfeift, ist es wahrscheinlich gar kein Schwein. Sondern ein Waldmurmeltier. Oder auch ein Whistlepig, wie diese Nager in Nordamerika genannt werden. Pfeifen kann der 100prozentige Rye Whiskey von Whistlepig nicht. Aber vielleicht hat er ja was anderes zu bieten.

Foto: MargareteMarie

Whistlepig Straight Rye wird nur aus Roggen hergestellt. Solche reinen Roggenwhiskys gibt es zu Zeit noch nicht allzu viele. Ein weiteres Beispiel ist der Masterson's Straight Rye, über den ich in meinem letzten Post berichtet hatte.


Und ebenso wie Masterson's wird auch Whistlepig Rye nicht in der Whistlepig Brennerei hergestellt. Jedenfalls noch nicht. 2007 kaufte der ehemalige Finanzfachmann Raj P. Bhakta die Whistlepig-Farm in Vermont, USA und beschloss zusammen mit Dave Pickerell, dem ehemaligen Master Distiller von Makers Mark (bis 2008), eine Brennerei zu gründen. Soweit die Webseite von Whistlepig. Worüber man nicht so gerne spricht, ist die Tatsache, dass man (noch) keinen eigenen Whisky hat, den man verkaufen könnte. Der Whistlepig Rye wird aus Kanada bezogen, wahrscheinlich von den Alberta Distillers.

Die Produktion von 100%igem Roggen-Whisky ist nicht ganz einfach, da die üblicherweise bei der Bourbonproduktion eingesetzten Enzyme bzw. Hefearten nicht optimal mit Roggen harmonieren. Doch es gibt zwei Brennereien in Kanada, die sich auf Roggen spezialisiert haben:

Hiram Walker in Windsor, Ontario, arbeitet mit gemälztem Roggen, der von Natur aus die nötigen Enzyme enthält. Alberta Distillers benutzen 100% ungemälzten Roggen und haben deshalb einen speziellen Hefepilz entwickelt, der problemlos Roggenstärke in Zucker umwandelt.

Wer mehr zu dem Thema wissen möchte, dem sei an dieser Stelle der Blog von Davin de Kergommeaux empfohlen: canadianwhisky.org



Pressefoto


Aber zurück zu Whistlepig. Um zu vermeiden, dass auf den Flaschen "made in Canada" steht, füllten die Firmeninhaber in jüngerer Vergangenheit den Whisky auch auf der eigenen Farm in andere Fässer um, ehe er in die Flasche kam. Allzu offen ist man jedoch nicht mit diesen Informationen.

Und hätten nicht Davin und andere amerikanische Whisky-Blogger gelegentlich was im Internet über das kanadische Murmeltier gepfiffen, dann würden wir alle immer noch glauben, dass Whistlepig in mühsamer Handarbeit in Vermont distilliert wird.

Dem Erfolg von Whistlepig Rye haben diese Enthüllungen nicht geschadet, der Whisky aus Kanada hat viele Fans gefunden, und die Firma kann nun die nächste Entwicklungsstufe in Angriff nehmen. In der alten Scheune der Farm wurde inzwischen eine Brennblase eingebaut, die von Dave Pickerell selbst entworfen wurde, und 250 acre Farmland werden mit Roggen bepflanzt, der für die eigene Whisky-Produktion weiterverarbeitet werden soll.

Bis wir den ersten echten Whistlepig aus Vermont trinken können, wird es aber noch eine Weile dauern.

Brennblase bei Whistlepig. Photo: Website.
Bis dahin müssen wir mit dem Murmeltier aus Kanada vorlieb nehmen. 

MargareteMarie meint: 

Whistlepig Straight Rye 10 Years ist ein robuster Bursche, der mit kräftigen Aromen aufwartet. Im Vergleich zu Masterson's ist er weniger rund und geschmeidig, er ist der kanadische Hillbilly und kommt in derben Schuhen daher. Dennoch ist er ein gutmütiger, charaktervoller Geselle, mit dem man so manche Grill-Party feiern kann. Doch die Fassexperimente, die auf der eigenen Farm veranstaltet werden, lassen ihn auch etwas ungelenk wirken.

Mehr zum Thema:

Masterson's Straight Rye

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