Entscheidungen: Glenmorangie Cask Masters (Glenmorangie Taghta)


Sommerzeit. Reisezeit. Wichtige Entscheidungen müssen getroffen werden. Welcher Ort, welches Hotel und – was soll hinein in den Koffer? Vor allem die Auswahl der Schuhe stellt mich immer wieder vor schwierige Entscheidungen. Denn jedes Paar Schuhe mehr bedeutet gleichzeitig eine Flasche Whisky weniger bei der Heimreise: der Platz im Koffer wird von den Fluggesellschaften  streng limitiert, und das Verzichten auf schöne Schuhe fällt mir genauso schwer wie das Verzichten auf einen besonderen Whisky. ...






Doch trotz sorgfältigem Abwägen war letzte Woche mein Koffer für meine Reise in die Highlands nicht optimal gepackt. Schuhe hatte ich zwar ausreichend dabei, aber die Regenjacke, die sonst bei keiner Schottlandreise fehlen darf, habe ich diesmal nicht gebraucht, dafür hätten es zwei Sommerkleider mehr sein dürfen. Sonne pur, blauer Himmel und eine Sonnenbräune wie vom Mittelmeer – ich habe Schottlands Norden diesmal von einer sehr ungewöhnlichen Seite erleben dürfen. Da war es gut, dass einige Whisky-Brennereien direkt am Meer liegen, und die Besuche bei Glenmorangie, Clynlish, Brora und  The Dalmore ließen sich wunderbar mit ausgedehnten Strandspaziergängen an dieser windzerzausten Küste verbinden.  


Eine Woche war ich in den nördlichen Highlands und der Speyside unterwegs, meine Sonnenbräune wurde immer dunkler und mein Koffer ist nach jedem Brennerei-Besuch ein paar Gramm schwerer geworden. Absoluter Höhepunkt dieser Reise war mein Besuch bei der Brennerei Glenmorangie, denn hier war ich eingeladen, und Annette MacKenzie, die Managerin des Besucherzentrums, hat sich besonders viel Zeit für mich genommen und mich durch die Brennerei geführt. Fotografieren ist aus Sicherheitsgründen in vielen Brennereien verboten, so auch bei Glenmorangie, aber Annette hatte den Gasometer dabei, und ich durfte Bilder machen, so viele ich wollte  - was ich auch reichlich getan habe. Dank Annette habe ich einen tieferen Einblick in die Besonderheiten von Glenmorangie erhalten, und die Tour mit ihr war fantastisch – danke Annette, ich freu mich schon aufs Wiedersehen!  


Zum Abschluss hat Annette mich dann noch mit einigen besonderen Samples versorgt, z.B. Signet oder Artein. Ein ausführlicher Bericht über Glenmorangie und die anderen Brennereien, die ich besuchte, wird in den nächsten Tagen noch folgen, wenn der Koffer wieder ausgepackt und die Schuhe geputzt sind. Doch Annette hat mir noch 3 ganz besondere Samples mit eingepackt, über die ich mich riesig gefreut habe, weil man sie nur von der Brennerei direkt erhalten kann: die Samples zum Glenmorangie Cask Masters Program.
Dieses Programm ist genauso ungewöhnlich wie der Dauersonnenschein in Schottland in den vergangenen Wochen. Zum ersten Mal dürfen wir Konsumenten entscheiden, welchen Whisky wir haben wollen. Drei Alternativen stehen zur Auswahl, die sich durch ein unterschiedliches Wood-Finish unterscheiden. Noch tragen diese Abfüllungen keine Namen, sie heißen einfach nur A, B oder C. 
Fass A steht für Französische Eiche und enthielt zuvor einen Grand Cru Burgunderwein, ehe es mit Glenmorangie Whisky gefüllt wurde.   
Fass B bezeichnet ebenfalls Fässer aus Französischer Eiche, die jedoch  zuvor mit einem Grand Cru Bordeaux gefüllt waren. 
Fass C steht für ehemalige Manzanilla-Fässer  aus Spanien.  

Fass A klingt vielversprechend, ungewöhnliche Aromen von Kirsche, Himbeere und  Milchschokolade werden im Tasting-Video genannt. Doch kaum halte ich meine Nase über Glas A, da springt mir auch schon das Schwefel-Teufelchen ins Gesicht. Schwefelnoten werden bei Verkostungsangaben gerne unterschlagen, auch Dr. Lumsden hat in seinen Videos den Schwefel mit keinem Wort erwähnt. Angeblich soll es Leute geben, die den Schwefel gar nicht wahrnehmen. Manche Leute mögen ihn sogar, ich gehöre nicht dazu, Geruch und  Geschmack irritieren mich und der Whisky rutscht nicht so gut  die Kehle runter. Da hilft auch kein Grand Cru, für mich ist A  auf Anhieb außen vor. 

Fass B hat ein wunderbares Holzaroma, ob es tatsächlich Zedernholz ist, wie Dr. Lumsden im Tasting-Video behauptet, vermag ich nicht zu unterscheiden, es könnte auch einfach nur Eiche sein. Recht deutlich wahrnehmbar hingegen ist für mich Vanille und eine süße, saftige Fruchtigkeit, mehr Orange als Zitrus, und wenn ich mich konzentriere, auch Nutella. Nach ein bis zwei Minuten wird die Zitrone stärker, der Gesamteindruck ist ein harmonischer, ausgewogener Aromen-Mix, der mir gut gefällt. Im Vergleich zum 10jährigen Glenmorangie Original ist die Malznote durch das Wood Finish im Bordeaux-Fass in den Hintergrund gewandert, Süße und Fruchtnoten dominieren, er ist deutlich komplexer. Im Mund ist er ausgesprochen mild, mit einer leichten, angenehmen Öligkeit, im Finish ist er warm und weich, ich finde ihn rundum gelungen.

Bei C ist Holznote fast noch stärker als bei B, doch er ist weniger süß, fast salzig und deutlich herber, in der Farbe zwar heller, im Aroma aber dunkler, die Sherrynote tritt klar hervor. Im Mund ist er kräftiger als B, ebenfalls leicht ölig, aber mit mehr Biss. Der kräftige Antritt passt gut zu den herben Aromen im Glas, er ist insgesamt sehr vollmundig und rund. Beim derzeitigen heißen  Wetter passt er ausgezeichnet zu grünen Oliven, was wohl an der leichten Salznote liegt, die den Manzanilla-Fässern geschuldet ist. 

Auch C gefällt mir gut, die Entscheidung wird mir schwer fallen, am liebsten hätte ich beide, und am liebsten sofort. Doch ich werde mich gedulden und bescheiden müssen, es wird nur einen Sieger geben und der wird erst im Frühjahr 2014 auf den Markt kommen.  Bis zum 31. Juli kann man seine Stimme für die Faß-Wahl abgeben, danach beginnt die Suche nach dem besten Namen. 

Update September 2014: 

Gewonnen hat mit großer Mehrheit Fass C. Es wird unter dem Namen Glenmorangie Taghta auf den Markt kommen.


Kommentare

  1. Hallo Gabi, schön daß Du wieder angekommen bist (und auch wieder schreibst ;-) ).
    Hört sich ja interessant an und scheint eine nette Idee zu sein, daß man mitbestimmen kann. Aber diese Art von Fässern gabs doch schon mal (Bordeaux und Burgund), oder? Und ein Yquem Finish war damals auch dabei. Sind heute kaum zu bezahlen.
    Weißt Du, ob der zu erwartende Malt was limitiertes oder für alle zuganägliches sein wird?

    Gruß Marcus

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  2. Chateau D'Yquem-Fässer wurden soweit ich weiß für "Pride" benutzt. Sündhaft teuer. Es wird im Frühjahr einen "Pride II" geben und eine neue Private Edition (limitierte Auflage). Ob letztere identisch ist mit den Cask Mastern und was mit den Verlierer-Fässern des Cask Masters Programms passieren wird, blieb (noch) unklar. Bordeaux-Fässer wurden auch beim Artein benutzt, und der ist in der Tat sehr ähnlich wie Fass B. Ganz neu ist nur das Manzanilla-Finish, weshalb Dr. Lumsden auch Fass C favorisiert. LG Gabi

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  3. Ich glaube der würde mich unprobiert auch erst mal am meisten interessieren. Weinflankierte Malts gibts ja schon so viele...

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